Namibia Wo die Wüste ihren Anfang nahm

Die älteste Wüste der Welt liegt in Namibia. Die Namib ist schätzungsweise 80 Millionen Jahre alt. Sie ist der Anfang. Eine Annäherung.

In den grenzenlosen Weiten Namibias
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Foto: Shutterstock/Erichon

Kurz nach fünf im Naukluft Park: Die Milchstraße leuchtet, als wollte sie vom Himmel tropfen. Die ersten Besucher in Jeeps rollen weiter ins Dünenmeer. In den vergangenen Tagen hat es in der Namib-Wüste geregnet. Nicht so viel, wie vor drei Jahren, als sich in Soussusvlei, einer Salz-Ton-Pfanne, ein regelrechter See gebildet hatte, aber immerhin. Oft schaffen es die Wolken erst gar nicht über die Hochebene, die das Rückgrat Namibias bildet. Westlich davon liegt die Namib, östlich die Kalahari.

Wüsten haben keine Nummern, klar, aber hätten sie welche, wäre die Namib die Nummer eins. Sie ist zwar nicht die größte (Trocken-)Wüste der Welt (denn das ist die Sahara) und auch nicht die bekannteste (denn auch das ist die Sahara), aber die Namib ist die älteste. Schätzungen zufolge ist sie vor 80 Millionen Jahren entstanden. Sie ist der Anfang.

Ihr Name bedeutet so viel wie leerer Platz und das trifft es ziemlich gut. Denn in ganz Namibia leben nur etwas mehr als zwei Millionen Menschen. Und das auf einer Fläche, die fast zweieinhalb mal so groß ist wie Deutschland. Herbert Sauber von der Internationalen Amateursternwarte (IAS) kommt fast jedes Jahr an den Rand der Wüste, nach Hakon, um genau zu sein, um Antworten auf die drei wichtigsten Fragen der Menschheit zu finden: Wer sind wir? Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Nacht für Nacht starrt er durch ein gigantisches Teleskop und beobachtet Galaxien, die Millionen Lichtjahre weit entfernt sind. Ein seltsamer Ort. Ein bisschen "Out of Africa" - und dennoch mittendrin. "Es gibt kaum künstliche Lichtquellen hier draußen", erzählt der Hobby-Astronom. "Außerdem ist die Luft nahezu staubfrei." Für Sternengucker seien das ideale Bedingungen.

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Ein Sprichwort sagt: "Namibia - the land god made in anger", das Land, das Gott in seinem Zorn erschaffen hat. Mark Hayes, ein Guide aus Walvis Bay, der Touristen in die Wüste schickt, meint: "Das Leben hier ist verdammt hart." Im Sommer kann es bis zu 50 Grad heiß werden. So entstand Deadvlei, eine Salzpfanne mit knorrigen alten Akazien, die bis zu 500 Jahre alt sind. Als der Tsauchab seinen Lauf änderte, gingen die Bäume ein, wurden jedoch durch die Hitze konserviert. Selbst Bakterien können dem Holz nicht viel anhaben.

Die Sanddünen der Namib haben Nummern. Jedenfalls manche von ihnen, erzählt Hayes. Düne 45 ist der Star: 170 Meter hoch und die Kurven einer Frau. Es gibt Postkarten, Puzzles und Schlüsselanhänger von ihr. Den Ruhm verdankt sie ihrer Lage: Düne 45 liegt an der einzigen Straße nach Soussusvlei und ist leicht zu besteigen. Wer die Herausforderung suche, müsse jedoch tiefer ins Dünenmeer eintauchen, sagt Hayes. Big Daddy ist der Mount Everest der Namib, 380 Meter hoch, ein Dünen-Riese.

Es ist kurz vor sieben, als die Sonne aufgeht. Um den Horizont legt sich ein purpurnes Band. Erst jetzt, auf einer Düne stehend, werden die Ausmaße der Namib erahnbar: 2000 Kilometer zieht sie sich entlang der Atlantikküste von Angola im Norden bis zum Oranje in Südafrika - eine Fläche von 95 034 Quadratkilometern. Das anfängliche Purpur wird zu Rosa wird zu Orange wird zu Ocker. Von jetzt an kennt der Himmel nur noch eine Farbe - und die reimt sich auf Grau.

Der rote Sand kam über Umwege ins Land, berichtet Hayes. Ursprünglich stammt er von den Drakensbergen in Südafrika. Mit Hilfe der Erosion gelangte er in den Oranje und weiter in den Atlantik, wo er vom Benguela-Strom erfasst und vor die Küste Namibias gespült wurde. Still ist es. Obwohl das Meer nur etwa 50 Kilometer entfernt ist, ist die Luft seltsam leer. Es riecht nach nichts.

70 Kilometer südlich liegt der Namib-Rand Naturpark, eines der größten privaten Naturschutzgebiete im südlichen Afrika. Auf 200 000 Hektar hat Stephan R. Brückner im Schatten der Namib-Berge eine Öko-Lodge aufgebaut: Wolwedans. Übersetzt: "wo die Wölfe tanzen". Es ist die Heimat für Leoparden, Oryx-Antilopen, Springböcke, Zebras, Gnus und die seltenen Löffelhunde. "Jedem Gast", sagt Brückner, "stehen 1000 Hektar zur Verfügung." Auch Brad Pitt und Angelina Jolie nächtigten schon in den luxuriösen Zelten.

Brückners Naturpark ist wie ein überdimensioniertes Aufklappbuch: Hinter jeder Kurve schiebt sich immer noch eine Düne, noch ein Hügel, noch ein Plateau, noch ein grün-silbrig schimmernder Streifen mit Buschgras ins Bild, bis das Panorama Mittelerde-Dimensionen erreicht hat. Und als sei das nicht genug, gibt es überall diesen feinen roten Sand, der sich in alle Ritzen legt, damit man ihn auch ja nicht vergisst.

(RP)
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