Portugal Wale beobachten auf Madeira

Vor der Insel Madeira können Touristen ganzjährig Wale beobachten. Zum Schutz der Tiere bleiben die Boote nicht länger als 30 Minuten bei den Säugern.

Portugal: Auf den Klippen von Madeira
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Portugal: Auf den Klippen von Madeira

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Foto: shutterstock/ Anilah_Norden

Mit einer mächtigen Bugwelle schiebt sich der graue Riese durch den Atlantik, immer in Sichtweite: die sogenannte Blumeninsel Madeira. Der zwölf Meter lange Pottwal hebt sich deutlich vor der mehrere hundert Meter steil aus dem Meer ragenden Klippe Cabo Girão ab. Einige Minuten ist das Tier an der Oberfläche, um Luft zu schnappen. Dann passiert das, worauf alle an Bord gewartet haben: Die Fluke, der Schwanz des Wals, ragt kerzengerade aus dem Wasser. Das ist das Signal zum Abtauchen - zwei bis drei Kilometer tief. Die Fotoapparate in dem traditionellen Fischerboot "Ribeira Brava" klicken, bis der Wal in den Tiefen des Ozeans verschwunden ist.

Seit 2003 geht die Ribeira Brava an der Südküste Madeiras auf Whale Watching-Tour. Rafael Gomes baute das einstige Fischerboot aus dem Jahr 1964 für seine Zwecke um und gründete mit seiner Frau Claudia, sie stammt aus Köln, die Firma "Lobosonda". Die Trefferquote, einen Wal zu sehen, liegt nach eigenen Angaben bei mehr als 90 Prozent. "In manchen Jahren sehen wir bei jeder Ausfahrt Wale und Delfine", sagt Gomes. Ein Team von erfahrenen Skippern, Meeresbiologen und Meeresführern begleitet die Touren.

1941 entstand in Caniçal, im Osten der Insel, die einzige Walfang-Station der Insel, wo aus der Speckschicht der Meeressäuger der wertvolle Tran gewonnen wurde. Das Düsseldorfer Unternehmen Henkel schickte damals ein eigenes Walfang-Mutterschiff, die "Jan Wellem", aus, weil sie große Mengen des Fischöls zur Herstellung des Waschmittels Persil benötigte. "Baleia" (Wal) riefen die Männer auf Madeira, sobald sie von ihren Krähennestern aus die mächtigen Pottwale sahen, wenn diese ihre Atemfontänen in die Höhe bliesen. Dann kam bei den Walfängern Hektik auf. Die Männer um den Kommandanten der Walfangstation in Caniçal, Eleuterio Reis, brachten die schlanken, schnellen Ruderboote zu Wasser. Und das Mutterschiff, ein betagter Kutter ohne Harpune, schleppte sie mit den Walfängern raus aufs Meer in die Nähe der Stelle, wo man die Wale zuletzt gesichtet hatte - dann konnte die Jagd beginnen. Die ersten Walfänger kamen 1940 von den Azoren nach Madeira und wurden schließlich dort sesshaft. Seit 1981 ist der Walfang jedoch verboten. Die einstige Walfangstation in Caniçal ist inzwischen ein Walmuseum, das die Fangjahre dokumentiert.

Rafael Gomes ist einer von mehreren Whale Watching-Anbietern der Insel. Seine Touren starten im Yachthafen Calheta. Auch freuen sich die Passagiere über den Besuch zahlreicher Tümmler, die die Schaulustigen mit waghalsigen Sprüngen unterhalten. Wagemutige Bootsgäste dürfen zu den Delfinen ins Wasser. "Wichtig ist unserer Branche aber, dass wir den notwendigen Respekt vor den Meeressäugern bewahren", sagt Claudia Gomes. Länger als 30 Minuten dürften die Boote nicht bei den Tieren bleiben. "Außerdem ist bei jeder Ausfahrt ein Biologe oder ein Meeresführer mit an Bord. Sie protokollieren die Sichtungen für die Wissenschaft." Das ganze Jahr über ziehen Pottwale und kleinere Walarten an Madeira vorbei, Finnwale vorwiegend im Frühjahr. "Es gibt auch einige Tümmlerarten und Pilotwale, die vor Madeira leben. Das haben Meeresbiologen herausgefunden", berichtet Claudia Gomes.

In dem kleinen Küstenort Lugar de Baixo planen private Investoren nun den Bau eines Definariums. Gegen das Vorhaben regt sich Widerstand. Bewohner der Insel, darunter Fischer, Meeresbiologen und Meeresführer, aber auch zahlreiche Touristen haben eine Petition an die Inselregierung unterschrieben, die sich gegen den Bau ausspricht. Das sei ein fragwürdiges Freizeitvergnügen, findet Claudia Gomes. "Diese Tiere haben vor der Küste ein Paradies. Kein noch so großzügig gestaltetes Wasserbecken kann ihnen die Freiheit eines offenen Meeres bieten", sagt die Tierschützerin.

(RP)
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