Klima-Experte kritisiert Touristen "Vernünftiger, das Fliegen ganz zu unterlassen"

Hamburg · Urlaub machen kann man an der Nordsee oder der Mecklenburger Seenplatte genauso gut wie am Mittelmeer – Flüge ließen sich also vermeiden, argumentiert Karsten Smid, Klimaexperte bei Greenpeace in Hamburg.

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Foto: ddp

Urlaub machen kann man an der Nordsee oder der Mecklenburger Seenplatte genauso gut wie am Mittelmeer — Flüge ließen sich also vermeiden, argumentiert Karsten Smid, Klimaexperte bei Greenpeace in Hamburg.

Trotzdem steigen jedes Jahr Millionen Deutsche in den Flieger, um ans Urlaubsziel in Spanien, Tunesien, Portugal, Thailand oder Florida zu kommen. Und dabei entsteht jedesmal Kohlendioxid (CO2), das langfristig dem Klima schadet. Es ginge auch anders, sagt Smid.

Warum steigen so viele Urlauber ins Flugzeug?

Smid: "Unsere Vorstellung von Urlaub ist, weg von zu Hause sein zu wollen. Ruhe und Erholung kann man aber auch in der Nähe suchen. Statt Kitesurfen auf den Malediven kann man Kanu fahren in Mecklenburg-Vorpommern. Und klimabewusst reisen bedeutet, auf schnelle Verkehrsmittel zu verzichten, aber zum Beispiel auch, klimaneutrale Hotels zu wählen."

Ist Fliegen tabu?

Smid: "Natürlich wäre es vernünftiger, das Fliegen ganz zu unterlassen. Und man sollte sich auch fragen: Muss ich tatsächlich fliegen? Oder kann ich das umgehen? Den Flug zu kompensieren, ist nicht der erste, sondern der letzte Schritt. Wir bei Greenpeace nehmen innerhalb Europas den Zug, aber wir müssen auch manchmal fliegen und kompensieren das dann."

Warum kompensieren so wenige Touristen?

Smid: "Die Kompensationsprojekte sind stark in Misskredit geraten, weil da viel geschummelt wurde. Bei einigen wird auch einfach falsch gerechnet. Beim Verbrennen in 10 000 Metern Höhe ist das CO2 ungefähr dreimal so schädlich wie auf der Erde. Der Faktor liegt zwischen zwei und fünf. Atmosfair berücksichtigt das, manche berücksichtigen es zum Teil, andere überhaupt nicht. Das macht es für die Kunden nicht einfacher."

Ist die Umwelt den Touristen überhaupt wichtig?

Smid: "Da gibt es schon eine gewisse Schizophrenie. Urlauber erwarten am Urlaubsziel eine intakte Umwelt. Und etliche wollen zum Beispiel Urlaub im Regenwald machen. Andererseits hat kaum jemand Probleme damit, dafür dorthin zu fliegen. Und ökologische Angebote fristen noch ein Nischendasein."

Wird sich das ändern?

Smid: "Ich sehe für Organisationen wie Atmosfair noch enormes Potenzial. Es ist aber ein Thema, das von der Tourismusbranche nicht mit Herzblut verfolgt wird und wo auch noch viel zu tun ist."

(dpa)
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