Pauschalreise Wie sicher ist die Pauschalreise noch?

Die Thomas-Cook-Pleite war ein Schlag ins Gesicht vieler Urlauber: Die Reise abgesagt, das Geld erstmal weg. Dabei galten Pauschalreisen stets als sicher.

  Ist das Hotel am Urlaubsort nicht so versprochen, haben Urlauber bei einer Pauschalreise weitreichende Rechte.

Ist das Hotel am Urlaubsort nicht so versprochen, haben Urlauber bei einer Pauschalreise weitreichende Rechte.

Foto: dpa-tmn/Benjamin Nolte

Jahrelang wurde die Pauschalreise als Rundum-Sorglos-Paket beworben. Dann kam der Schock: Thomas Cook, der älteste Reiseveranstalter der Welt, meldete im September 2019 Insolvenz an. Ein Ereignis mit gravierenden Folgen.

Auch die deutsche Thomas Cook mit der bekannten Marke Neckermann musste alle Reisen absagen. Rund 500.000 Kunden, die ihren Urlaub schon ganz oder zum Teil bezahlt hatten, mussten davon ausgehen, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Zwar hat der Bund im Dezember 2019 angekündigt, finanziell einzuspringen. Trotzdem steht die Frage im Raum: Wie sicher ist die angeblich so sichere Pauschalreise?

Die Reisebranche bemühte sich schnell, den Imageschaden gering zu halten. Der Ruf der Pauschalreise habe gar nicht gelitten, erklärte Tui-Deutschland-Chef Marek Andryszak. Und der Zentral­europa-Chef von DER Touristik, Ingo Burmester, sagte: „Die Pauschalreise als Bündel von Leistungen ist sicherer als jede andere Reiseform.“

 Auch wenn es mal zu Flugausfällen und Wartezeiten am Flughafen kommt: Geht zum Beispiel die Fluggesellschaft pleite, muss der Veranstalter einer Pauschalreise eine alternative Reisemöglichkeit organisieren.

Auch wenn es mal zu Flugausfällen und Wartezeiten am Flughafen kommt: Geht zum Beispiel die Fluggesellschaft pleite, muss der Veranstalter einer Pauschalreise eine alternative Reisemöglichkeit organisieren.

Foto: dpa-tmn/Frank Rumpenhorst

Nur wie konnte es dann überhaupt sein, dass so vielen Urlaubern ein finanzieller Verlust drohte? Bekommt nicht jeder Pauschalreisende bei der Buchung einen Sicherungsschein ausgehändigt, als Beleg für die Absicherung des angezahlten Geldes? Ja, das schon. Doch bei der Thomas-Cook-Pleite rächte sich ein Versäumnis der Bundesregierung.

Die Insolvenzabsicherung für Reiseveranstalter ist in Deutschland auf 110 Millionen Euro begrenzt. Bei Thomas Cook reicht diese Summe bei weitem nicht aus. Nun wird der Staat die Differenz übernehmen – und damit der Steuerzahler. Geschädigte Urlauber bekommen also wohl doch ihr Geld zurück. Allerdings hat das System damit erstmal versagt.

In der Branche gilt die Pleite von Thomas Cook als bedauerlicher Sonderfall. Es gibt in der Tat nur sechs andere Großveranstalter mit so hohen Umsätzen, bei denen die bisherige Deckelung im Ernstfall nicht ausreichen würde. Und für die wird die Insolvenzabsicherung derzeit vom Gesetzgeber überarbeitet.

  Die Thomas-Cook-Pleite war ein Schlag ins Gesicht vieler Urlauber: Die als sicher geglaubten Reisen wurden abgesagt.

Die Thomas-Cook-Pleite war ein Schlag ins Gesicht vieler Urlauber: Die als sicher geglaubten Reisen wurden abgesagt.

Foto: dpa-tmn/Silas Stein

„Ich glaube nicht, dass das Image der Pauschalreise maßgeblich beschädigt ist“, sagt der Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), Norbert Fiebig. Die Kundengeldabsicherung sei nur eines der Leistungsmerkmale - und für viele Urlauber zwar wichtig, aber nicht unbedingt ausschlaggebend bei der Wahl der Reiseform, sagt Fiebig: „Die Pauschalreise wird gebucht, weil jemand alles organisiert.“ Und weil es einen Helfer gibt, wenn unterwegs etwas schief geht.

Die Pauschalreise sei noch nie ein Rundum-Sorglos-Paket gewesen, sagt der Reiserechtsexperte Paul Degott aus Hannover. Er kennt die Streitfälle vor Gericht, bei denen es zum Beispiel um Baulärm im Hotel, schmutzige Zimmer und Änderungen des Reiseprogramms geht. Doch der Anwalt sagt auch: „Die Pauschalreise ist nach wie vor sicher.“

Im Vergleich zur individuellen Buchung zum Beispiel von Flug und Hotel genießt der Reisende beim Pauschalurlaub weitreichende Rechte. Geht zum Beispiel die Fluggesellschaft pleite, muss der Veranstalter eine alternative Reisemöglichkeit organisieren – ohne Mehrkosten.

Wenn eine versprochene Leistung nicht erbracht wird, also das Hotel etwa unerwartet keine Pools hat, kann der Urlauber sich beschweren – und den Reisepreis mindern. Individualreisende müssen sich in solchen Fällen hingegen selbst mit ihrer Fluggesellschaft oder Unterkunft auseinandersetzen – und das ist rechtlich meist schwierig. Degott nennt ein Beispiel: „Auf Sardinien kann ich bei Ärger wohl kaum den Hotelier verklagen.“ Ein deutscher Veranstalter dagegen hafte vor deutschen Gerichten, „das ist ein ganz großer Vorteil.“

(dpa)
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