Sommerplanung in Corona-Zeiten Es wird ein Urlaub mit Abstand - so viel ist sicher

Düsseldorf · Reisen in den Sommerferien sollen möglich sein – aber anders als früher. Für ausgefallene Urlaube soll es nun doch Bargeld geben. Außenminister Heiko Maas warnt trotz geplanter Lockerungen vor einem „Wettbieten um Touristen.“

 Auf den Boden gesprühte Pfeile und Pylonen regeln den Zugang zum Strand in Haffkrug (Schleswig-Holstein) an der Ostsee.

Auf den Boden gesprühte Pfeile und Pylonen regeln den Zugang zum Strand in Haffkrug (Schleswig-Holstein) an der Ostsee.

Foto: dpa/Daniel Bockwoldt

Mit einem scheinbaren Sieg für die Verbraucher endete das wochenlange Gezerre um die Erstattung stornierter Pauschalreisen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch, dass Kunden nicht gezwungen werden können, einen Gutschein für eine ausgefallene Reise anzunehmen. Allerdings will der Bund die Annahme solcher Gutscheine unterstützen, indem er für deren Werthaltigkeit haften will. Ziel sei, so die Beschlussvorlage, dass die Gutscheine „so attraktiv sind, dass die Kunden sie annehmen.“ Dies soll offensichtlich gelingen, indem die Tourismus-Konzerne die Papiere mit Prämien aufwerten.

Die Reaktion auf die Lösung ist gespalten. „Das ist ein vernünftiger Kompromiss“ sagt Marija Linnhoff, Vorsitzende des Verbandes unabhängiger Reisebüros. Sie rechnet damit, dass viele Kunden ihre Gelder bei den Tourismus-Konzernen lassen, weil sie ja dafür später eine Reise machen können.

Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands, lobt, dass die Kunden doch nicht zu Zwangsdarlehen an die Unternehmen gezwungen werden. „Was lange währt, ist endlich gut“, sagt er. Um die Branche zu stabilisieren, müsse der Bund aber einen Reisesicherungsfonds gründen, der die Kundengelder auszahle. „Dies würde die Liquidität der Unternehmen gewährleisten.“

Eine ähnliche Haltung hat der Reiseverband DRV. Der Beschluss des Bundes sei nur „eine Scheinlösung“, weil die Kunden weiterhin massenhaft ihr Geld von den Veranstaltern verlangen würden, erklärt der Verband. Dessen oberster Cheflobbyist, Präsident Norbert Fiebig, sagt: „Die Kassen der Reiseveranstalter sind leer.“ Wenn der Staat die Rückzahlungen nicht über einen Fonds finanziere, sei eine Pleitewelle in der Branche zwingend.

Wie ernst die Lage ist, zeigt sich beim Branchenführer Tui. Es werde noch einige Quartale brauchen, bis die Bürger wieder viel reisen wollten, urteilte die Ratingagentur Moody’s am Mittwoch. Weil Tui aber drohe, Anzahlungen in Höhe von 2,2 Milliarden Euro an Kunden zurückzahlen zu müssen, gäbe es eine beträchtliche Unsicherheit, ob der bislang gewährte Staatskredit in Höhe von 1,8 Milliarden Euro ausreiche, „damit Tui über die nächsten zwölf bis 18 Monate liquide bleibt.“ Die Ratingagentur senkte seine Einschätzung der Kreditwürdigkeit von Tui daher auf „Caa1“ – das fünftschlechteste Rating auf der 21-stufigen Skala.

Es gibt nur zwei Wege aus der Branchenkrise. Einerseits hat der Bund festgelegt, die Tourismus-Unternehmen zu unterstützen. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), sagte, Insolvenzen müssten so weit wie möglich vermieden werden. „Deshalb hat das Bundeskabinett heute beschlossen, dass sich die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen bis Juni darauf verständigen wollen, Hilfen für die Reiseveranstalter und die Reisebüros zu ermöglichen.“

Zweitens hofft die Branche auf die Öffnung von immer mehr Ländern in den kommenden Wochen für Reisen, weil dies einerseits die Zahl der Stornierungen senkt, andererseits neue Einnahmen bringt, wenn Kunden eine Reise buchen. Außerdem, so Tui-Chef Fritz Joussen, würden Kunden lieber Gutscheine annehmen, wenn sie den Eindruck haben, die Ersatzreise könne bald stattfinden.

Tatsächlich ist davon auszugehen, dass die Bundesbürger im Sommer auch in anderen EU-Ländern Urlaub machen können. Das sagte am Mittwochnachmittag Thomas Bareyß, Tourismusbeauftragter der Bundesregierung (CDU). Eine Beratung der EU-Tourismusminister habe bestätigt, dass es weitere Öffnung geben werde. Es sei aber klar, dass Urlauber „mit Einschränkungen leben müssen“ so Bareiß. „Die konsequente Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln bleibt unumgänglich.“ Es müsse immer wieder abgewogen werden zwischen Gesundheitsschutz, Reiselust und wirtschaftlichen Interessen.

Mehrere EU-Urlaubsländer haben Grenzöffnungen angekündigt. So will Italien ab dem 3. Juni wieder Touristen ins Land lassen. Österreich will bei den Grenzen nach Deutschland am 15. Juni folgen, ebenso Griechenland. In den Niederlanden sollen Urlauber ab dem 1. Juli wieder Campingplätze besuchen dürfen. Die Bundesregierung will am 15. Juni ihre weltweite Reisewarnung aufheben und durch Hinweise zu einzelnen Ländern ersetzen. Außenminister Heiko Maas (SPD) sagt: „Wir wollen auch in diesem Jahr der Corona-Krise einen Sommerurlaub möglich machen – aber unter verantwortbaren Umständen.“ Die Sicherheit müsse Vorrang haben.

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