Reise durch Indiens Rajasthan Unterwegs zwischen Prunkbauten und Rattentempel

Jaipur · Rajasthan gilt als Land der Superlative. Legenden und Mythen ranken sich um die prunkvollen Paläste und Kulturdenkmäler, die von unvorstellbarem Reichtum längst vergangener Maharadscha-Dynastien zeugen.

Rajasthan – Zeugnisse goldener Vergangenheit
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Jaipur ist die Hauptstadt Rajasthans und der optimale Ausgangspunkt für eine Rundreise durch ein leuchtend buntes Land. Sie beginnt mit der Farbe Rosa im Nordosten der Stadt. So strahlt der Sandstein, aus dem die Gebäude im alten Stadtteil wie auch die Stadtmauer gebaut sind. Farblich wie aus einem Guss präsentiert sich das Wahrzeichen der Stadt, Hawa Mahal oder auch Palast der Winde genannt. Er ist einer der 566 Prunkbauten, die den Oberhäuptern in Indien und Pakistan gehören.

Architektonisch lässt der 1799 erbaute Fantasiebau jedes Vorbild vermissen. Ungewöhnlich stapeln sich kleine und zierlich vermauerte Fensterchen, die in Erkern angeordnet sind, übereinander. Sie dienten einst dazu den Haremsdamen den Blick auf Umzüge und Feste auf der Straße zu ermöglichen, ohne dabei selbst gesehen zu werden. Heute können Besucher den Blick aus einem der Kämmerchen auf das Treiben in den Gassen und Straßen werfen.

Nicht nur von dort oben lässt sich feststellen, dass die Straßen der 3 Millionen-Einwohner-Stadt breiter angelegt sind, als es in anderen Städten der Ganges-Ebene der Fall ist. Großzügig wollen sie aber dennoch nicht wirken, denn es bietet sich vielerorts ein für uns Europäer unglaubliches Schauspiel: In spektakulärer Art schlängeln sich lokale Fahrer hupend durch ein lärmendes Verkehrschaos. Kamele, Mopeds, Rikshas, Elefanten, Autos und Busse pulsieren in chaotischem Wust voran. Das zweite Fotomotiv dürfte damit gefunden sein.

Palastdominanz in der Altstadt von Jodhpur

Gleich an den Palast der Winde grenzt der Stadtpalast an, der ein Siebtel der gesamten Altstadtfläche einnimmt und auf diese Weise deutlich dokumentiert, über welch ungeahnte Mittel die Herrscher verfügten. Bis zur Unabhängigkeit Indiens im Jahr 1947 lebte in diesem Labyrinth aus Zimmern der Maharadschah von Jaipur. Noch heute bewohnen seine Nachfahren einen Teil des Palastes. Ein weiterer Teil ist als Museum der Öffentlichkeit zugänglich. Zulange staunend stehen bleiben sollte man jedoch besser nicht, sonst sind sie schon da, die fliegenden Händler, die für unser Empfinden aufdringlich ihre Ware anpreisen und unsichere Touristen bedrängen.

Blau leuchten die Dächer der 3,7-Millionen-Einwohnerstadt Jodhpur. Sie ist die zweitgrößte Stadt in Rajasthan. In der Altstadt ist von der unüberschaubaren Größe kaum etwas zu spüren. Überwältigend erschließt sich das blaue Szenario jedoch vom Fort Mehrangarh aus. Es lagert majestätisch auf einem 123 Meter hohen Hügel und gehört zu den beeindruckendsten seiner Art im indischen Staat Rajasthan.

Maßgeschneiderte Saris in leuchtenden Farben

Bunte Märkte erwarten die Gäste in Karauli. Shoppingbegeisterte Frauen, die sich von den explodierenden Farben der Saris begeistern lassen, können einen maßgeschneiderten mit nach Hause nehmen. An vielen Orten kann man den Stoff dafür selber aussuchen und bekommt am nächsten Tag das fertige Stück geliefert.

Doch auch ohne das besondere Shoppingerlebnis ist die geschichtsträchtige Hauptstadt des gleichnamigen Distrikts es wert, besucht zu werden. Trotz der rund 600.000 Einwohner wirkt es beinahe ländlich. Besonders sehenswert ist der Palast von Karauli, der vielleicht nicht ganz so imposant ist wie der Stadt-Palast von Jaipur, dafür aber sehr viel ruhiger anzuschauen. Benannt ist die Stadt nach der gleichnamigen Familie, die in Indien als direkte Nachkommen der Gottheit Lord Krishna gilt.

Muntere Streifenhörnchen bewohnen den Palast

Vor dem großen Tor zum Palast angekommen, kann man sich lebhaft vorstellen, wie der Herrscher früher auf seinem Elefanten durch das Tor in den Palast geritten ist. Hinter vielen kleinen Fenstern hatten auch hier die Palastdamen die Möglichkeit, dieses Schauspiel zu verfolgen, ohne selbst ihr Antlitz preisgeben zu müssen. Auch ein Blick in das Innere und seine wunderbar und strahlend bunten Wandbilder lohnt sich. Wer Glück hat, sieht zwischen den Mangobäumen lustig die Streifenhörnchen spielen.

Stark vom Hinduismus geprägt ist das kleine Dorf Deshnoke, das ungefähr 32 Kilometer südlich von Bikaner liegt. Es zieht Hindus und Touristen gleichermaßen an wie ein Magnet, denn die größte Attraktion in der Region ist der Tempel von Shri Karni Mata, auch Rattentempel genannt. Für manchen kaum vorstellbar leben dort über 20.000 Ratten. Beschützt vor Raubvögeln kriechen sie aus jeder Ritze des Tempels, ahlen sich in der Sonne, toben und fressen den Menschen beinahe aus der Hand. Denn für die Hindus ist es eine große Ehre, wenn sie eine der selteneren weißen Ratten zu Gesicht bekommen, die für sie die Gottheit Karin Mata verkörpern. Sie lebte 14. Jahrhundert und wurde schon in dieser Zeit als Schutzgöttin der Rajputen und Heilige verehrt.

Ein Tempel von tausenden Ratten bevölkert

Der Legende nach bat Karin Mata in Trance den Totengott Yama um die Seele eines verstorbenen Kindes. Yama aber wollte ihr diese Seele nicht übereignen, da das Kind schon wiedergeboren wurde. Die Heilige Mata schwor daraufhin, dass niemand aus ihrem Volk mehr das Totenreich betreten werde, sondern als Ratte wiedergeboren werde. Heute pilgern Menschen von Nah und Fern in das kleine Dorf, immer ein bisschen Proviant für die Ratten im Gepäck. Man sagt, dass nicht einmal die Pest den Tieren etwas anhaben konnte.

Kaum ein Tourist verlässt das Land ohne das berühmte Grabmal Taj Mahal, etwas außerhalb der Stadt Agra gelegen, besucht zu haben. Wer ohnehin in Agra Station macht, kann sich mit dem Pferdewagen dorthin bringen lassen, wo der Mogulkaiser Shah Jahan im Jahr 1560 für seine Gemahlin Mumtaz Mahal das berühmte Mausoleum errichten ließ. Weiß überstrahlt es auf einer 100 Quadratmeter großen Marmorplatte stehend seine Umgebung. Nicht umsonst gilt es als eines der schönsten Bauwerke der Erde. 20.000 Handwerker und Architekten wirkten an dessen Realisierung zwischen 1631 und 1648 mit. Der Taj Mahal ist eines der sieben Weltwunder.

100 Jahre und kein Ende in Sicht

Aus weißem Marmor ist auch der Tempel "Dayal Bagh". Der Sitz der Radhaswami-Sekte will wohl niemals fertig werden: Bereits seit 100 Jahren wird er restauriert. Dennoch muss man keine Baustelle fürchten und sollte unbedingt einen Blick ins Innere werfen. Agra sprengen fast seine bedeutenden Bauwerke, Tempel und Paläste: Verschiedene Mausoleen warten auf staunende Blicke und ebenso das Agra Fort. Bei ihm schließt sich der Kreis, das aus rotem Sandstein gebaut ist und aufgrund seiner Färbung an die ersten Eindrücke aus der Hauptstadt Jaipur erinnert. Bunt getupfte Erinnerungen an Paläste, kontrastreiche Landschaften, bunte Saris und blühende Gärten nimmt der Indien-Reisende garantiert mit zurück.

(wat)
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