Schriller die Glocken nie klingen Weihnachtsmärkte mal ganz skurril

Düsseldorf · Bratwurst essen, Glühwein trinken, in der Kälte rumstehen: So sehen viele Weihnachtsmarktbesuche aus. Aber das muss nicht sein. In Deutschland gibt es nämlich jede Menge schräge Märkte - von vegan, über anzüglich bis kitschig-verspielt. Eine Auswahl.

Weihnachtsmärkte 2015 mal ganz skurril
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Weihnachtsmärkte mal schräg und skurril

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Foto: dpa, pla

Ja, das längliche Gerät mit Batterie in der Auslage seines Standes ist ein großartiges Weihnachtspräsent für die einsame Hausfrau - versichert Elmar Thüry. Oder ist es ein sehr schlechter Scherz?

Der Odenwalder ist jedenfalls stolz auf die Produkte seines Familienbetriebs, die er auf "Hamburgs geilstem Weihnachtsmarkt" feilbietet, und winkt fröhlich mit Sexspielzeug. Der nette ältere Herr verkauft Vibratoren aus Fichtenholz. Tüv-geprüft, 100 Prozent ökologisch, handgedrechselt.

Thüry ist beim Santa-Pauli-Markt in Hamburg alle Jahre wieder ebenso eine Attraktion wie die heißen Engel im Strip-Zelt. Die Macher des erotischen Weihnachtsmarktes auf dem Spielbudenplatz an der Reeperbahn versprechen "(be)sinnliche" Atmosphäre und schaffen tatsächlich die Balance zwischen frivol und adventlich.

Grünkohl neben Schokogenitalien, Christbaumkugeln neben Plüsch-Handschellen und über allem der Duft gebrannter Mandeln. 40 Stände mit einem sogar für nordische Gemüter anrüchigen Mix. Hamburg ist eben Hamburg.

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Informationen: Santa Pauli Weihnachtsmarkt, Spielbudenplatz, Hamburg, 19. November bis 23. Dezember, montags bis mittwochs 16.00 bis 23.00 Uhr, donnerstags 16.00 bis 0.00 Uhr, freitags und samstags 13.00 bis 1.00 Uhr, Sonntag 13.00 bis 23.00 Uhr. ()

Doch nicht nur im Norden ticken die Adventsuhren exzentrisch. Wer dem Stern folgt, stellt fest: In Bayern leuchtet dieser rosarot - beim "Pink Christmas". Hört sich glamourös an, ist es auch. Weiße Pagodenzelte, verschneite Kunsttannen, atmosphärisches Lichtdesign:
der schwul-lesbische Weihnachtsmarkt belebt zum elften Mal Münchens Stephansplatz im Glockenbachviertel.

"Pink Christmas ist der kleinste, aber bunteste Weihnachtsmarkt Münchens. Wir feiern für und mit Schwulen, Lesben, Nachbarn, Freunden und allen, die Spaß an einem friedlichen und bunten Miteinander haben", sagt Veranstalter Robert Maier-Kares. Einzigartig sind die Bühnenshows. Stars, Sternchen, Travestie, Schlager und DJ-Sounds - dieser Advent rockt. Und bleibt zumindest kulinarisch klassisch: Bratwurst, Crêpes, Glühwein, Punsch, Puffer, alles lecker.

Informationen: Pink Christmas, Stephansplatz, München, 26. November bis 23. Dezember, montags bis freitags 16.00 bis 22.00 Uhr, samstags und sonntags 12.00 bis 22.00 Uhr.

Kontrastprogramm liefert Deutschlands höchster Weihnachtsmarkt, ebenfalls in Bayern. Weniger Pink und mehr Tannengrün regiert den Christkindlmarkt auf der Zugspitze. Per Bayerischer Zugspitzbahn von Garmisch-Partenkirchen oder Eibseeseilbahn ab Grainau geht es auf knapp 3000 Meter.

Dort stehen vier Büdchen in atemberaubender Bergkulisse. Hier muss das Christkind wohnen, denkt mancher - und beim Adventsmarkt auf der Terrasse des Restaurants Sonnalpin heimlich handgemachte Lebkuchen, Zugspitz-Stollen, Wolliges, Wärmendes und vor allem die gute Luft genießen.

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Das sind die schönsten Weihnachtsmärkte in Deutschland

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Foto: Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Informationen: Zugspitz-Christkindlmarkt, Zugspitze, 28./29.
November, 5./6. Dezember, 8.00 bis 16.30 Uhr.

In Berlin organisiert der Verein Grüne Liga als Netzwerk ökologischer Bewegungen einen echt fairen Hüttenzauber. Der Advents-Ökomarkt am Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg bietet nur Waren, bei deren Herstellung soziale und ökologische Standards eingehalten werden. Der Glühwein: bio. Die Waffeln: Vollkorn.

Wer hier verkauft, verpflichtet sich, dies "musik- und abfallfrei" zu tun. Mehrweg statt Pappbecher, Gespräche statt Gedudel. Praktisch: Am Stand der Grünen Liga können Besucher gleich die Bio-Weihnachtsgans fürs Festmahl bestellen.

Informationen: Advents-Ökomarkt, Kollwitzplatz, Berlin, 29. November, 6./13./20. Dezember, 12.00 bis 19.00 Uhr.

Gänsebraten? Schwierig. "Bei uns gibt es absolut gar nichts vom Tier", erklärt dagegen Christina von Willisen. Der sechste vegane Weihnachtsmarkt in Hannover sei "weihnachtlich, festlich, tierrechtlich". Auf dem Steintorplatz bieten 30 Aussteller fair produzierte Kleidung, tierversuchsfreie Kosmetik und Zutaten für das eben vegane Weihnachtsessen. Zwar gibt es auch Döner und Bratwurst, aber selbstredend bio-vegan.

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Foto: Panoramapilot

Die Veranstalter, Veganes Hannover, verbreiten ihre vorweihnachtliche Botschaft der Tierrechte sogar mit einer Demonstration: am Sonntag, 6. Dezember, von 11.00 bis 14.00 Uhr vor dem Haupteingang des Messegeländes in Hannover. Der Grund: "Dort findet zeitgleich zum Weihnachtsmarkt Europas größte Messe zum Reiten, Jagen und Angeln statt", so von Willisen.

Informationen: Veganer Weihnachtsmarkt, Steintorplatz, Hannover, 5./6. Dezember, 12.00 bis 18.00 Uhr.

Kitschig geht es natürlich auch. Mit Lichtlein, Engelsklängen, Tannenbäumen und über allem Zuckerguss. Das romantische Landgut Krumme mit dazugehörigem Waldstück in Velen westlich von Münster ist dafür die ideale Kulisse. Beim Waldweihnachtsmarkt bieten 200 Aussteller Handwerk, Kunst und Köstliches an.

Seinen märchenhaften Zauber aber erhält der Markt durch über eine Million Lichter. "Wir legen sehr viel Wert aufs Licht", sagt Josef Krumme über seinen ganz persönlichen Wintertraum, den er bereits seit 1999 gemeinsam mit seiner Familie ausrichtet. Dazu gibt es rund 1000 Weihnachtsbäume, eine begehbare Krippe mit menschengroße Holzfiguren - und natürlich Zimt- und Zuckerfreuden.

Informationen: Velener Waldweihnachtsmarkt, Landgut Krumme, Velen, 28./29. November, 5./6./12./13./19./20. Dezember, samstags 11.00 bis 20.00 Uhr, sonntags 11.00 bis 19.00 Uhr.

Gänzlich ohne Strom und dafür mit Zeitreise feiert man dagegen in der kleinsten Hansestadt der Welt den Christmarkt. Der steht in Werben nämlich ganz im Zeichen der Biedermeier-Zeit, zu der in dem Städtchen an der Elbe in Sachsen-Anhalt zahlreiche Häuser gebaut oder wieder errichtet wurden. "Und zur Biedermeier-Zeit gab's noch keinen Strom.

Authentische Bedingungen sind uns wichtig", erzählt Werner Eifrig vom Arbeitskreis Werbener Altstadt. So erstrahlen mehr als 40 märchenhafte Stände auf dem Platz gleich neben der Kirche dicht gedrängt im malerischen Schein von Kerzen und Petroleumlampen.

In Werben gibt es handgemachte Musik, Marktverkäufer und auch einige Besucher in prächtiger Biedermeier-Kleidung, dampfende Kessel über kleinen und großen Feuern sowie gusseisernen Öfen. Plötzlich das Trappeln von Pferdehufen - die Postkutsche naht. Das Motto: Wenn schon historisch, dann richtig. Gegen die Winterkälte gibt es Linsensuppe und Ingwer-Apfelpunsch. Glockenklare Kinderstimmen erfüllen den Kirchplatz. Der Weihnachtsmann hätte seine Freude.

Informationen: Biedermeier-Christmarkt, Kirchplatz, Hansestadt Werben, 12./13. Dezember, Samstag 12.00 bis 19.00 Uhr, Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr.

(dpa)
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