Spreewald Auf Fontanes Spuren im Spreewald

Der Spreewald hat weit mehr zu bieten als die berühmten Gurken. Zurzeit ist in der Region sogar besonders viel los – dank des 200. Geburtstages des deutschen Schriftstellers Theodor Fontane.

 „Aufrecht stehend, mit einer stoischen Ruhe durch den Fließ“ – so beschrieb Fontane die Kahnfahrer im Spreewald.

„Aufrecht stehend, mit einer stoischen Ruhe durch den Fließ“ – so beschrieb Fontane die Kahnfahrer im Spreewald.

Foto: frei für TMB, Touristik-Partner, Presse/Medien/Paul Hahn

Bei seinem Heimspiel macht Theodor Fontane trotz ordentlicher Hitze mächtig Tempo. In Frack und Zylinder – samt opulentem und in Ehren ergrautem Schnäuzer – eilt der am 30. Dezember 2019 seinen 200. Geburtstag feiernde Dichter auf dem rund elf Kilometer langen Fontaneweg rund um den Ort Burg seiner Gruppe voraus. Das Dorf liegt tief im etwa 100 Kilometer südöstlich von Berlin gelegenen Spreewald – und den hat dieser große Dichter des Realismus in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ ja auch verewigt. Wobei das mit dem Wandern bei Fontane – zumindest im Spreewald – nicht so ganz richtig ist. Doch dazu später mehr.

Der, der da so vorausgeprescht ist, sieht zwar in der Tat wie der späte Fontane aus, ist es aber natürlich nicht. In diese Rolle ist der Schauspieler und Künstler Michael Apel aus Cottbus geschlüpft – eine Rolle, in der der 56-Jährige ganz und gar aufgeht. Den Weg zieren Tafeln mit Wissenswertem zu Fontanes Leben und Wirken sowie seiner Liebe zum Spreewald. „Eigentlich bin ich damals ja nur zwei Tage hier gewesen. Vielleicht ist eine Gedenktafel daher etwas übertrieben – aber man ist ja auch eitel”, bekennt das Fontane-Double – und räumt auch gleich mit einem Irrtum auf: „Ich bin hier damals keinen Schritt gegangen, sondern habe mich im Kahn fahren lassen.“

Was im Spreewald freilich ein übliches Fortbewegungsmittel ist – bis heute. So wird den Bewohnern des Orts Lübbenau-Lehde von April bis Oktober die Post weiterhin per Kahn zugestellt – auch die Müllabfuhr kommt dann über Wasser. Überhaupt ist Lehde eigentlich nur über Wasser erreichbar. „Eine Lagunenstadt im Taschenformat”, hat sie Fontane daher einst auch getauft – und meinte das keineswegs abwertend. „Noch bis 1920 waren 80 Prozent der Grundstücke nur per Kahn erreichbar“, ergänzt das Fontane-Double.

Die Region besuchte Fontane vom 6. bis 8. August 1859, ließ sich durch das weitverzweigte Labyrinth idyllischer Wasserwege fahren, die hier auch gerne Fließe genannt werden und eine Gesamtlänge von knapp 1600 Kilometern haben. So erreichte Fontane die Orte Lübben, Lübbenau, Lehde und Burg. „Mit Tagesanbruch haben wir Lübben, die letzte Station, erreicht und fahren nunmehr am Rande des hier beginnenden Spreewalds hin, der sich anscheinend endlos, und nach Art einer mit Heuschobern und Erlen bestandenen Wiese, zur Linken unseres Weges dehnt. Ein vom Frühlicht umglühter Kirchturm wird sichtbar und spielt eine Weile Versteckens mit uns; aber nun haben wir ihn wirklich und fahren durch einen hochgewölbten Torweg in Lübbenau, die Spreewald-Hauptstadt, ein“, schreibt Fontane in den Wanderungen. Übrigens: Seit April 1991 ist der Spreewald von der Unesco als Biosphärenreservat anerkannt.

 Eine Rolle wie auf den Leib geschneidert: Schauspieler Michael Apel verkörpert Theoder Fontane äußerst stilecht.

Eine Rolle wie auf den Leib geschneidert: Schauspieler Michael Apel verkörpert Theoder Fontane äußerst stilecht.

Foto: Mario Emonds

Nicht überall sieht’s in der Lausitz aber so idyllisch aus wie hier. Das weiß auch Fontane alias Apel: „Einer alten Legende nach hat Gott die Lausitz geschaffen. Dann kam der Teufel und hat die Braunkohle drunter gelegt.“ Das Lausitzer Revier rund um Cottbus gehört schließlich wie das Rheinische Revier zu Deutschlands großen Braunkohlearealen – auch im Rheinland muss der Teufel damals also ausgiebig vorbeigeschaut haben.

An das denkt man aber nicht bei einer wahrhaft idyllischen Kahnfahrt durch den Spreewald. Auch der Kahnfahrer anno 2019 stakt nämlich gelassen durchs Wasser – exakt so, wie ihn Fontane 1859 beschrieb: „Aufrecht stehend, mit einer stoischen Ruhe durch den Fließ“ – vorbei an Streuobstwiesen, Häusern mit Reetdächern und über einige Schleusen hinweg.

In Lübbenau besuchte Fontane auch das gleichnamige Schloss. Das wurde 1820 weitgehend fertiggestellt und war damals also noch recht neu. Die Herrschaft Lübbenau war seit 1621 im Besitz der Familie der Grafen zu Lynar. Aktueller Besitzer ist Rochus Graf zu Lynar, der mit der Familie den gewaltigen Gebäudekomplex 1991 übernahm und zu einem Hotel umbaute. Die Vorgeschichte dazu ist äußerst spannend. „Mein Großvater Wilhelm war am Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 beteiligt, wurde zwei Monate später in Plötzensee hingerichtet”, erzählt der Graf. Folge: Die Nationalsozialisten enteigneten die Familie, der heute 46-jährige Rochus Graf zu Lynar wuchs in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon auf, kehrte mit seiner Familie 1991 als Jung-Erwachsener eher widerwillig nach Lübbenau zurück – „Portugal ist nach wie vor in meinem Herzen“. Dass die Familie nach der Wende das Schloss überhaupt zurückerhielt, verdankt sie einzig der Enteignung bereits im Dritten Reich – und nicht erst durch die sowjetische Besatzungsmacht. „Wir galten daher eben auch als Opfer des Naziregimes“, erläutert der Graf, der sehr hemdsärmelig-pragmatisch daherkommt. Dass die Familie das Wagnis der Übernahme überhaupt übernommen habe, sei dem Wesen seiner Mutter zu verdanken, erzählt er trocken: „Meine Mutter hatte viel Fantasie – und keinen Bezug zu Zahlen.“

 Fontane wie Uncle Sam: Sebastian Franzka hat dieses Bild in Anlehnung an ein berühmtes Plakat der US-Army gemalt.

Fontane wie Uncle Sam: Sebastian Franzka hat dieses Bild in Anlehnung an ein berühmtes Plakat der US-Army gemalt.

Foto: Mario Emonds

Die Familie sei damals von der Bevölkerung auch keineswegs mit offenen Armen empfangen worden – im Gegenteil: „Es gab sogar Morddrohungen. Die ersten zehn Jahre waren sehr hart.“ Sukzessive baute die Familie das Schloss, das zu DDR-Zeiten erst als Entbindungsstation, dann als Kinderheim und schließlich bis 1990 als Schulungszentrum für Binnenhandel genutzt wurde, zu einem Hotel um. „28 Jahre werkeln wir hier nun schon rum, haben die ersten 15 Jahre auch viele Fehler gemacht”, räumt der Graf ein – und betont: „Wir residieren hier nicht. Stattdessen geht es weiterhin um die Frage, wie wir die nächste Rechnung bezahlen können. Wir stottern zudem immer noch Kredite ab.“

Gehörige Investitionen sind aber auch nur wenige Kilometer weiter getätigt worden. Denn ebenfalls in Lübbenau wurde im März dieses Jahres das Hotel Spreewelten eröffnet – und das kann mit einer wohl einmaligen Attraktion locken: Schwimmen mit Pinguinen. Mittels des sogenannten Bademantelwegs, der stark an eine Fluggastbrücke erinnert, erreicht man vom Hotel aus das Spreeweltenbad – und dort kann man quasi gemeinsam mit 22 Humboldt-Pinguinen im Wasser seine Runden drehen. Denn deren Areal ist nur durch eine hohe Glaswand von den menschlichen Schwimmern getrennt. „Mit einer Unterwasserbrille nimmt man die Scheibe noch nicht mal wahr, dann meint man wirklich, mit den Pinguinen zu schwimmen“, versichert Marketingleiter Steven Schwerdtner.

Zwei hauptamtliche Pfleger kümmern sich um die Tiere. „Laut behördlichen Vorschriften dürften wir angesichts der Größe des Areals sogar 150 Pinguine halten“, erzählt er. Auf die Pinguine sei man durch eine Besucherumfrage im Dresdener Zoo nach den beliebtesten Tieren gekommen. „Da sind Pinguine hinter Elefanten auf Platz zwei gelandet. An Land sehen Pinguine ja immer ein wenig tollpatschig aus, doch im Wasser bewegen sie sich völlig grazil. Daran erfreuen sich nicht nur Kinder.“

Die Redaktion wurde von Tourismus-Marketing Brandenburg und Kulturland Brandenburg zu dieser Reise eingeladen.

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