Folge 5 Sommertour: Fußweg zwischen Leben und Tod

Nettetal (RP). Knapp vier Minuten dauert der Fußweg zwischen Leben und Tod. Wer mag, kann sich hier - auf der historischen Gerichtsstätte "Geer" bei Hinsbeck - ins Mittelalter zurückdenken. Hier wurde vom 14. bis zum 17. Jahrhundert unter freiem Himmel Recht gesprochen.

Bei einfachen Verbrechen wurde der Angeklagte, nach vereinbarter Buße, wieder in die dörfliche Gemeinschaft aufgenommen. Bei Verbrechen, die die Gemeinschaft gefährdeten, schickten die Schöffen den Täter in die Verbannung. Das Urteil für Schwerstverbrechen lautete: Hinrichtung am Galgen.

Der Weg zum Galgen

In diesem Fall wurde der Todgeweihte über einen schmalen Pfad durch den Wald zum Galgenberg geführt. An dieser exponierten Stelle war der Galgen in der damals ausgedehnten Heidelandschaft weithin zu sehen. So dienten die Toten, die an ihm hingen, als warnendes Beispiel. Ein steil abfallender Pfad führt vom Galgenberg hinab zur letzten Ruhestätte des Hingerichteten, der Geestekuhl (sinngemäß: Geistergrube). Hier wurde der Tote ins Moor gelegt und versank.

Wanderer können diese mittelalterlichen Schauplätze heute neu erleben. Vor zwei Jahren hat der Verkehrs- und Verschönerungsverein Hinsbeck die von Bäumen und Büschen überwucherte Vergangenheit wieder freigelegt. Die Landschaftsarchitektin Maya Kohte hat die mittelalterliche Rechtsprechung wieder erlebbar gemacht. Allerdings hat sie dazu keine Kulisse aufgebaut, die der Phantasie des Besuchers vorkaut, wie es denn gewesen sein könnte.

Alte Gerichtsstätte

Das muss er sich schon selbst vorstellen. Die alte Gerichtsstätte zeigt sich als großes Oval, eingerahmt von breiten Holzbänken. Ähnlich wird die Hinrichtungsstätte auf dem Galgenberg präsentiert. Auch in der Geestekuhl laden Bänke ein, zu verweilen und die Gedanken schweifen zu lassen.

Zur Schöffenschlucht

Der Rundkurs auf den Spuren mittelalterlicher Justiz führt schließlich vorbei an der Schöffenschlucht, die als eine Senke im Gelände deutlich sichtbar ist. Hier tagte das örtliche Schöffengericht. Wenn die Schöffen dort nach Beratung zu keinem Urteil kamen, wandten sie sich quasi in höherer Instanz an die Landschöffen auf der Geer. Die Gerichtsstätte verlor ihre Bedeutung erst, als der Graf von Schaesberg 1673 die Gerichtsbarkeit des Amtes Krickebeck erwarb und fortan als absolutistischer Herrscher selbst die Rechtsprechung bestimmte.

Ausgangspunkt für die einstündige historische Gerichtsstätten-Wanderung ist der Parkplatz an der Jugendherberge Hinsbeck. Die Route durchmisst die Hinsbecker Heide, Teil des Naturerlebnisgebiets Krickenbecker Seent. www.vvvhinsbeck.de

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