Unfälle im Ausland Bloß nichts vorschnell unterschreiben

Stuttgart/Henstedt-Ulzburg (RPO). Stress, Sprachbarriere, fremde Gesetze - ein Autounfall in den Ferien ist für viele eine Horrorvorstellung. Nicht völlig zu Unrecht: Selbst für Urlauber, die den Crash nicht selbst verursacht haben, kann es schwierig werden, im Ausland Recht und damit Geld zu bekommen.

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Foto: dpa/Nord-West-Media TV

Doch auf den Fall des Fälle kann man sich vorbereiten. Und innerhalb der Europäischen Union ist das Szenario nicht mehr ganz so düster: "Da gab es einige Reformen, die zumindest für eine zügigere Abwicklung von Schadensfällen gesorgt haben", sagt Volker Lempp vom Auto Club Europa (ACE).

Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV) rät, bei Auslandsreisen mit dem Auto unbedingt die Grüne Versicherungskarte dabei zu haben. Bei Unfällen vereinfacht das Dokument die Schadensregulierung. Die Karte wird von den Kfz-Versicherern ausgestellt und dient als Nachweis für eine gültige Haftpflichtversicherung. Innerhalb der EU reicht zwar auch das amtliche Kennzeichen als Versicherungsnachweis. In einigen Ländern hat sich das allerdings noch nicht herumgesprochen.

"Überprüfen sie vor der Fahrt die Gültigkeit", rät Boss. Denn die Karte bezieht sich nicht auf einen Fahrer, sondern auf ein bestimmtes Auto - wer inzwischen das Fahrzeug gewechselt hat oder mit einem anderen Auto in Urlaub fährt, ist eventuell nicht geschützt.

Polizei rufen, Fotos machen

Ein zweites wichtiges Dokument ist der sogenannte Europäische Unfallbericht, ein Formular zur Aufnahme von Daten am Unfallort, das in allen EU-Mitgliedsländern ähnlich gestaltet ist. Wer ein deutsches Exemplar im Gepäck hat, kann meist auch ohne Fremdsprachenkenntnisse andere Fassungen ausfüllen. Ein weiterer Tipp: "Lassen sie den Unfall auf jeden Fall von der Polizei aufnehmen, machen sie Fotos", sagt Boss. Das sei vor allem bei Sprachbarrieren wichtig.

Vor allem aber sollte nach dem Unfall trotz Stress und Aufregung ein kühler Kopf bewahrt werden. So gilt es, voreilige Schuldeingeständnissen am Unfallort zu vermeiden: Diese hätten in Deutschland vor Gericht zwar keine Gültigkeit, erklärt BdV-Sprecherin Boss. "Im Ausland aber kann das unter Umständen anders sein." Deshalb sollten Urlauber direkt nach dem Crash auch keinerlei Dokumente unterschreiben - erst recht nicht solche, die sie nicht verstehen.

Ein weiteres Thema ist die Reparatur das Autos. Bei schwerwiegenden Schäden sollten Urlauber die Wahl der Werkstatt von Schaden und Fahrzeug abhängig machen: "Bei einem 15 Jahre alten Kleinwagen fahren Sie mit einem Bastler in einer Dorfwerkstatt vielleicht sogar besser", sagt Arnulf Thiemel vom ADAC-Technikzentrum. "Bei einem neuen Auto und komplexen Schäden, zum Beispiel an der Elektronik, würde ich aber auf jeden Fall eine Herstellerwerkstatt aufsuchen." Hier könne man auch im Ausland sicher sein, dass gewisse Standards eingehalten werden.

Unterschiedliche Rechtslage

Bei der späteren Schadensregulierung warnt Verkehrsrechtler Lempp davor, deutsches Rechtsverständnis einfach auf das Urlaubsland zu übertragen: "Das Versicherungsrecht in anderen Ländern fällt anders als bei uns oft deutlich zu Ungunsten des Unfallopfers aus." In Frankreich übernehme die Versicherung des Verursachers zum Beispiel keine Anwalts- oder Sachverständigenkosten - auch nicht die des Geschädigten.

"Grundsätzlich gilt immer die Rechtsprechung des Landes, in dem der Unfall passiert", erklärt Lempp. Einzige Ausnahme: Stoßen zum Beispiel in Italien oder Holland zwei Autofahrer aus Deutschland zusammen, können sie die Schadensregulierung nach deutschem Recht abhandeln. Für alle anderen gelten die Regeln vor Ort.

Lempp empfiehlt, sich in solchen Fällen einen lokalen, deutschsprachigen Anwalt zu besorgen. Den Kontakt stelle die eigene Rechtsschutzversicherung her. Der Regulierungsbeauftragte der Versicherung des Unfallgegners wird dagegen bei einer speziellen Hotline in Erfahrung gebracht, dem Zentralruf der Autoversicherer. Zwar sei es seit den erwähnten EU-Reformen auch möglich, ausländische Versicherungen von Deutschland aus zu verklagen. "Aber wer weiß schon, wie gut sich ein hiesiger Anwalt mit den Gesetzen in Italien auskennt?"

Doch auch wenn der Regulierungsbeauftragte gefunden ist, kann es im Einzelfall ziemlich lange dauern, bis Geld von der Haftpflicht des Unfallgegners fließt - mehr als drei Monate dürfen es nach einer Vorschrift der Europäischen Union aber nicht sein. Damit es schneller geht, "sollten Sie nur mit einem guten Kaskoschutz in Urlaub fahren", sagt Lempp. Die Versicherung zahlt dann erstmal für eventuell notwendige Reparaturen und gleicht das später selbst mit der Haftpflicht aus. So muss der Autofahrer keine steigenden Beiträge fürchten, obwohl er den Kaskoschutz in Anspruch genommen hat.

(dpa/tmn)
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