Stadt der Architektur Betonstadt als Weltkulturerbe

Le Havre · Im Zweiten Weltkrieg wurde die Innenstadt von Le Havre fast komplett zerstört. Beim Wiederaufbau ist meist kühle Betonarchitektur entstanden. Die Unesco findet sie so außergewöhnlich, dass sie den Stadtkern auf die Weltkulturerbeliste gesetzt hat.

 Im Zweiten Weltkrieg wurde die Innenstadt von Le Havre fast komplett zerstört. Beim Wiederaufbau ist meist kühle Betonarchitektur entstanden.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Innenstadt von Le Havre fast komplett zerstört. Beim Wiederaufbau ist meist kühle Betonarchitektur entstanden.

Foto: dpa, Pierre-Jeanson

Hafenstädte locken oft mit romantischem Flair in einer schönen Altstadt. Nicht so Le Havre an der französischen Küste des Ärmelkanals. Kühle Betonarchitektur bestimmt das Stadtbild. Fast 110 Meter ragt zum Beispiel der achteckige sogenannte Laternenturm der Kirche St. Joseph auf. Es ist das Symbol des Wiederaufbaus nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs.

"Schön ist anders", sagt ein Tourist aus Deutschland beim Spaziergang über die Rue de Paris. Doch so geht es längst nicht allen. "Der Stadtkern gehört aufgrund seiner modernen Bauweise seit 2005 als einziges städtebauliches Ensemble Europas zum Unesco-Weltkulturerbe", erklärt Führerin Emilie. Der französische Architekt Auguste Perret entwarf nach dem Krieg mit 60 Kollegen die Pläne. Der Wiederaufbau des Zentrums dauerte bis 1954.

Moderne Architektur

Freunde moderner Architektur kommen in Le Havre voll auf ihre Kosten. Das Kulturzentrum mit der für seine Form zutreffenden Bezeichnung Le Volcan (der Vulkan) errichtete der brasilianische Architekt Oscar Niemeyer. Ein Schmuckstück an der Hafenausfahrt ist das Musée André Malraux mit seiner zum Meer gewandten eleganten Glasfassade. "Es zeigt die größte Sammlung von Meistern des Impressionismus nach dem Musée d'Orsay in Paris", erklärt Kunststudent Edouard Larue.

"In Le Havre sind Sie an der Wiege des Impressionismus", sagt er. "Claude Monet schuf 1872 hier sein berühmtes Werk 'Impression soleil levant'." Es gab der ganzen Kunstrichtung den Namen und hängt heute im Pariser Musée Marmottan. Ein Spaziergang durch Le Havre führt an den Originalmotiven vorbei: Die Stadt hat dort Schautafeln mit dem entsprechenden Werk aufgestellt.

Künstler schätzen auch heute noch das besondere Licht an der französischen Kanalküste. Im kleinen Fischerhafen Honfleur mit seinen Fachwerkhäusern am gegenüberliegenden Ufer der Seinemündung stehen Hobbymaler mit ihren Staffeleien.

Nicht alles wurde zerstört

Im modernen Stadtzentrum wirkt die gedrungene Kathedrale Notre-Dame aus dem 16. Jahrhundert fast wie ein Fremdkörper. "Außer dem Justizpalast ist sie das einzige Gebäude im Zentrum, das nicht im Krieg zerstört wurde", erklärt Emilie. Der Bahnhof im Art-déco-Stil wurde zwar im Krieg von Bomben getroffen, aber wieder restauriert.

Etwas außerhalb des Zentrums, beispielsweise im Viertel Saint-Vincent, blieb mehr alte Bausubstanz erhalten. Den nahen Strand säumen Villen im Stil der alten Bäderarchitektur. Ein prächtiges Kaufmannshaus aus dem 17. Jahrhundert am Hafen erinnert an die lange Vergangenheit als Handelsplatz.

(dpa)
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