USA Winter-Oase in der Wüste

Von Frank Sinatra bis Leonardo di Caprio: Hollywood-Stars lieben Palm Springs. Wolkenlose Winterwärme, einzigartige Landschaft und eine lebendige Kunstszene begeistern aber auch Urlauber.

 Palm Springs liegt im Coachella Valley im US-Bundesstaat Kalifornien.

Palm Springs liegt im Coachella Valley im US-Bundesstaat Kalifornien.

Foto: Stefanie Bisping

Bob Gross lässt den Jeep ausrollen. Er deutet auf einen grünen Streifen, der an den kargen, braungrauen Berghängen gut zu erkennen ist. „Das ist die San Andreas-Verwerfung“, sagt er. Auf einer Länge von 1300 Kilometern reibt sich die Pazifische an der Nordamerikanischen Erdplatte. Die Pazifische bewegt sich in Richtung Norden, die Nordamerikanische nach Süden, „so langsam, wie ein Fingernagel wächst“, sagt Bob, der Hobby-Geologe und Tourguide. Die Bewegung sorgt trotz des Schneckentempos für einige Unruhe. Die gesamte Berglandschaft ringsum ist durch die Aktivität der Erde entstanden.

150 Mal pro Woche, manchmal auch 200 Mal, wackelt hier die Erde. „Die meisten Beben spürt man gar nicht“, erklärt Bob vergnügt. Er steigt aus und zeigt seinem Grüppchen Fächerpalme und Igelkaktus, die mit dem trockenen Klima gut zurechtkommen. „Die Andreas-Verwerfung ist so schön grün, weil unter ihr in hohlen Gesteinskörpern Wasser lagert, das an die Oberfläche gedrückt wird“, erklärt er. So wächst und grünt es ausgerechnet dort, wo sich die beiden Erdplatten aneinanderreiben – mitten in der Wüstenlandschaft.

Tatsächlich steckt das karge Gebiet im Süden Kaliforniens voller Überraschungen – und von eindrucksvoller Schönheit. Zehntausend Palmen und neun Städtchen liegen im fruchtbaren, 72 Kilometer langen und 24 Kilometer breiten Coachella Valley in der südkalifornischen Colorado-Wüste. Zu ihnen gehören unter anderem Indian Wells, dessen Postleitzahl als teuerste Adresse in den USA gilt und wo Bill Gates sich ein Haus leistet, das ruhige La Quinta mit Golfplätzen, Galerien und Museen und natürlich das glamouröse Palm Springs.

 Kunst in Coachella

Kunst in Coachella

Foto: Stefanie Bisping

Dieses Städtchen machten Hollywood-Stars ab den 1930er-Jahren zu ihrem Spielplatz. Die Studios erlaubten Vertragsschauspielern nicht, sich weiter als zwei Autostunden von der Filmfabrik zu entfernen – falls Nachdrehs nötig wären oder sie von jetzt auf gleich für ein neues Projekt benötigt würden. Palm Springs schützte die Stars durch seine isolierte Lage vor Paparazzi, zugleich machten heiße Quellen und fabelhaftes Winterwetter es zum perfekten Fluchtort. Die schönsten Wüsten-Villen lassen sich deshalb hier bewundern – zumindest von außen. Ein einschlägiger Stadtplan führt zu den elegantesten Promi- und schönsten Art Deco-Villen. Frank Sinatra ließ sich 1947 den Luxus-Bungalow „Twin Palms“ aus Stahl, Glas und Beton bauen. In der Nähe wohnten Liz Taylor und Richard Burton, ihre Nachbarn waren Anne und Kirk Douglas. Sonny Bono, Ex-Partner von Cher, war sogar Bürgermeister. Später zog Leonardo di Caprio zu. Er ist nur gelegentlich in der Stadt, sein hübsches Ferienhaus am Wüstenrand gilt als eines der teuersten Objekte, die hier als Ferienhaus zu mieten sind.

Doch auch in bescheidenerer Unterkunft ist es leicht, dem Charme dieser Oase in der Wüste zu erliegen. Am Morgen steht die Sonne an hohem, blauen Himmel, der die Existenz von winterlichem Schmuddelwetter ins Reich der Fabel verweist. Hier gebe es nur zwei Jahreszeiten, Himmel und Hölle, hatte Guide Bob gescherzt – im Sommer sei die Hitze höllisch, im Winter dagegen die Luft wie Seide und die Sonne himmlisch warm. Aber intensiv ist sie immer.

Die inspirierende Kraft von Klima und Landschaft lockt außer Schauspielern und Golf-Fans auch viele Touristen und Künstler nach Palm Springs und in seine Nachbarorte. Einer von ihnen ist der Künstler John Cuevas. Der in Los Angeles aufgewachsene Sohn mexikanischer Einwanderer gestaltet Graffiti-Wandbilder und malt Ölbilder, die die Einflüsse Mexikos in seinem Leben und in der Gegend spiegeln. Das Tal wird schließlich nicht nur von Filmstars bewohnt. Fast die Hälfte der 350.000 Bewohner des Coachella Valley ist spanischsprachig; geografisch liegt die mexikanische Grenze näher als Los Angeles. Erst 1848 wurde das Tal, das zuvor zu Mexiko gehört hatte, ein Teil der USA. Und lange vor der Ankunft der spanischen Siedler lebten hier Menschen vom Stamm der Cahuilla. Im Städtchen Coachella, dessen Zentrum mit Wandbildern nicht nur von Cuevas, sondern auch von anderen Künstlern fast flächendeckend dekoriert ist, zeigt sich der mexikanische Einfluss besonders farbenprächtig.

„Dieses Tal ist in der Zeit eingefroren“, erklärt der Künstler. Die Menschen achteten sehr darauf, dass nicht nur die Natur, sondern auch das Gesicht der Städte im Großraum von Palm Springs erhalten wird. „Wilde Street Art gibt es hier nicht“, sagt Cuevas. „Aber ich habe kein Problem damit, über meine Kunst zu diskutieren. Ich bin offen für die Ideen anderer.“ Seine Entwürfe präsentiert er dem Kulturausschuss einer Stadt, dann zieren sie Gebäude wie die Bibliothek von La Quinta. Vor fünf Jahren zog der 42-Jährige mit seiner Familie aus der Großstadt ins Coachella Valley, das er als Achtzehnjähriger zum ersten Mal besuchte und das ihn bis heute fasziniert. „Es ist magisch“, schwärmt er. „Man hat hier alles, was man zum Leben und zum Malen braucht, und zugleich ist man der Wildnis und den Bergen ganz nahe.“

Das können auch Urlauber auskosten. Mit der Palm Springs Aerial Tramway, der größten rotierenden Luftseilbahn der Welt, lässt sich die auf 2595 Meter Höhe gelegene Bergstation am Mount San Jacinto kräfteschonend erreichen. Oben sind die Temperaturen rund 20 Grad niedriger als im Tal. Ein Wanderweg führt zu diversen Aussichtspunkten und durch duftenden Wald – die Wüste ist auf einmal ganz fern. Die klare, kühle  Luft und der Blick auf die Bergketten jenseits der Städte im Tal sind schlicht grandios.

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