Unfälle im Schnee Warum Skifahren so gefährlich ist

Düsseldorf (RPO). Skiunfälle sind keine Seltenheit: Allein in Österreich, wo auch Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus seinen Zusammenprall hatte, verunglücken 60.000 Skifahrer pro Jahr. In jedem zehnten Fall ist der Kopf betroffen. Nicht selten spielt Alkohol eine Rolle.

Skifahren: Diese Körperregionen sind besonders gefährdet
Infos

Skifahren: Diese Körperregionen sind besonders gefährdet

Infos
Foto: ddp

Der tragische Unfall des Thüringer Ministerpräsidenten Dieter Althaus lässt einmal mehr die Frage aufkommen, wie riskant eigentlich der Skisport ist. Dessen Funktionäre betonen zwar in der Regel, dass er sicher sei, und auch Mediziner kommen hier relativ selten zum Einsatz.

Nichtsdestoweniger führt er, vor allem auf den rasanten Abfahrten, immer wieder zu besonders schweren Unfällen. Allein in Österreich, wo auch Althaus seinen Zusammenprall hatte, verunglücken 60.000 Skifahrer pro Jahr. Das entspricht bei zwei Millionen österreichischen und sechs Millionen ausländischen Wintersportlern einer Quote von knapp 0,8 Prozent. Zum Vergleich: Fußball und Basketball haben ein Verletzungsrisiko von über drei Prozent.

Allerdings sind die Verletzungen beim Skifahren in der Regel schwerer und teurer. Denn Muskelzerrungen kommen dort seltener vor, dafür aber mehr Knochenbrüche mit hohem Aufwand an Therapie und Rehabilitation. Die meisten Ski-Verletzungen ereignen sich am Knie und im Schulterbereich, doch immerhin zehn Prozent treffen auch den Kopf. Und weil es an dieser Stelle schnell um Leben oder Tod gehen kann, dürfte eigentlich kein Skifahrer mehr ohne Helm fahren.

Doch das Gegenteil ist der Fall. "Vor allem Erwachsene sind ausgesprochene Helmmuffel", beklagt Michael Berner vom Deutschen Skiverband. Gerade mal 23 Prozent der Männer und 27 Prozent der Frauen über 15 Jahren tragen einen Kopfschutz. Geradezu fahrlässig findet das Berner. Denn auch wenn der Helm keinen hundertprozentigen Schutz bieten könne, "er kann dazu beitragen, dass Verletzungen weniger gravierend sind".

Das Unfallrisiko kann der Skifahrer vor allem durch sein Verhalten senken. So zeigen Studien der Sporthochschule Köln, dass Personen jenseits der 50 Jahre oft Herzfrequenzen von über 180 Schlägen die Minute erreichen, wenn sie die Piste abwärts fahren; bei jedem sechsten kommt es sogar zu Herzrhythmusstörungen. Hierdurch gerät nicht nur der Herzmuskel unter Stress, es steigt auch das Unfallrisiko, insofern hohe Pulsfrequenzen die Konzentrationsfähigkeit des Sportlers einschränken.

Sportmediziner raten daher Menschen mit Herzproblemen vom Abfahrtslauf ab, und ältere Skiläufer sollten grundsätzlich auf die risikoärmeren Langlaufloipen umsteigen. Jüngere Abfahrtsläufer gefährden sich vor allem durch Unachtsamkeit, die, wie Sportwissenschaftler Gernot Jendrusch von der Ruhr-Universität Bochum herausgefunden hat, zu 80 Prozent die Hauptschuld für Stürze beim Ski- und Snowboardfahren trägt.

Hier spielen vor allem Seh- und Wahrnehmungsfehler eine Rolle. Oder anders ausgedrückt: Viele Wintersportler absolvieren regelrechte Blindflüge durch den Schnee. So üben 30 Prozent aller fehlsichtigen Abfahrtsläufer ihren Sport ohne ausreichende Sehhilfen aus. Brillenträger verzichten beim Skifahren oft auf ihr Gestell, beispielsweise aus Angst, es könnte kaputt oder verloren gehen. Dabei ist das Risiko, durch fehlende Sehkorrektur ins Krankenhaus zu kommen, weitaus größer, als beim Abfahrtslauf die Brille einzubüßen.

Außerdem sollten sich Wintersportler vor der Abfahrt gewissenhaft aufwärmen, um Wahrnehmungsdefiziten vorzubeugen. Denn das verbessert die Sauerstoffversorgung in den Netzhäuten und im Sehzentrum des Gehirns, "das räumliche Sehen, die Kontrastempfindlichkeit und das Bewegungssehen", erklärt Jendrusch, "werden deutlich verbessert." Wobei freilich Stretching oder andere Gymnastikformen dazu nicht ausreichen. Wer auf der Schneepiste wirklich den Durchblick behalten will, sollte durch Stapfen im Schnee oder langsames Einfahren seinen Kreislauf in Schwung bringen.

Ein hohes Risiko gehen Skifahrer ein, die alkoholisiert auf die Piste gehen. Sie verlieren nicht nur relativ schnell die Kontrolle über ihre Skier, sie können auch juristisch belangt werden. Versicherungen haben in der Vergangenheit bei schweren Unfällen nicht selten die Zahlungen verweigert, wenn Alkohol im Spiel war.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort