Strände am Mittelmeer betroffen Vorsicht, Urlauber: Die Quallen kommen

Paris/Kiel (RPO). Wer in diesem Sommer Urlaub am Mittelmeer macht, sollte das Wasser meiden. Nach Prognosen von Meeresforschern werden unzählige Quallen an die Strände gespült, die den Urlaubern den Badespaß vermiesen. Auch die Ost- und Nordsee sind betroffen.

 An Mittelmeer-Stränden müssen Urlauber mit Quallenplagen rechnen.

An Mittelmeer-Stränden müssen Urlauber mit Quallenplagen rechnen.

Foto: Bella Galil, AFP

Vor allem die gefürchtete Feuerqualle (Chiropsalmus) mit ihren langen Tentakeln dürfte manchem Feriengast schmerzhafte Verbrennungen zufügen; bei Allergien kann sie sogar Lähmungen hervorrufen. Die Quallen-Plage ist aber auch eine schlechte Nachricht für dem Umweltschutz: Denn das immer häufiger werdende Auftreten der schirm- oder glockenförmigen, gallertigen Meerestiere weist auf den schlechten Zustand der Meere hin.

Mitschuld am "demografischen Boom" der Quallen trägt die Erderwärmung, davon ist der Forscher Ricardo Aguilar von der Nicht-Regierungsorganistion Oceana überzeugt. Doch auch die Überfischung der Meere habe zu den Quallen-Plagen der vergangenen Jahre beigetragen, weil die natürlichen Feinde der Nesseltiere - Thun- und Haifische sowie Schildkröten - zunehmend ausgerottet würden.

Ulrich Sommer vom Institut für Meereswissenschaften an der Universität Kiel schließt nicht aus, dass zumindest an Ost- und Nordsee die Überdüngung der Felder zu einem hohen Nitratgehalt des Wassers führt und damit Quallen-Plagen zusätzlich fördert.

Von einem wahren Teufelskreis spricht Andrew Brierley von der schottischen St. Andrews-Universität: Da die Medusen Fischeier und -larven auffressen, tragen sie selbst direkt zur Reduzierung der Fischbestände bei. Außerdem fressen sie den Fischen zunehmend das Plankton weg.

"Haben sich die Quallen aber erst einmal etabliert, ist es für Fische schwer, ihren Platz zurückzuerobern." Dies sei bereits in zahlreichen Regionen des Mittelmeers der Fall, erläutert Jacqueline Goy vom Ozeonographischen Institut in Paris. Die zunehmende Präsenz der Medusen zeige, dass das biologische Gleichgewicht der Meere zutiefst gestört sei. "Die Qualle ist ein exzellenter Umweltindikator", sagt sie.

Klimawandel trägt Schuld

Ein weiterer wichtiger Faktor für die Verbreitung der Quellen ist nach Überzeugung der Forscher der Klimawandel. Sie sind davon überzeugt, dass die zunehmende Erwärmung der Meere die Reproduktionszeit der Quallen verlängert. Allerdings sind die rätselhaften, wirbellosen Meerestiere bis heute kaum erforscht: Nur von etwa einem Fünftel der zahlreichen Arten sei der Lebenszyklus überhaupt bekannt, betont Französin Goy.

Studien zu den Wanderbewegungen der Quallen, die von Winden und Strömungen abhängen, sind schwierig. Denn die oft durchsichtigen Tiere sind auf Satellitenfotos kaum zu erkennen. Das Forschungsdefizit ist auch darauf zurückzuführen, dass Quallen aus kommerzieller Sicht wenig interessant sind: Nur in einigen asiatischen Regionen werden bestimmte Arten vermarktet und verzehrt. Die Wissenschaftler hoffen, in Zukunft mehr öffentliche Gelder für Forschungen zu bekommen - zumal sich die Plagen zunehmend auf den Tourismus auswirken dürften.

(afp)
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