Taï-Nationalpark Tourismus soll Schimpansen in der Elfenbeinküste retten

Taï-Nationalpark · Die Schimpansen-Population im Taï-Nationalpark in der Elfenbeinküste schwindet. Daran ist vor allem die Abholzung des Regenwalds schuld. Mithilfe von Ökotourismus-Projekten wollen Tierschützer und Regierung das Überleben der Affen sichern.

Diese süßen Affen gibt es
18 Bilder

Diese süßen Affen gibt es

18 Bilder

Bereits vor der Morgendämmerung kreischen und johlen im dichten Regenwald der westlichen Elfenbeinküste männliche Schimpansen. Ein Affen-Junges namens Dali streckt langsam seine braunen, haarigen Ärmchen aus und klettert von einem Ast in 20 Metern Höhe, um sein Frühstück aus Nüssen und Insekten einzunehmen. Dieses haben ihm Wildhüter bereitgestellt. In den nächsten Minuten stoßen 15 weitere Artgenossen zu dem kleinen Affen. Schon bald sind sie wieder in den Tiefen des Taï-Nationalparks verschwunden.

In der Regel halten Schimpansen nicht viel von Menschen. Doch Wissenschaftler in dem Nationalpark haben Jahrzehnte damit verbracht, die Menschenaffen an sie zu gewöhnen, damit sie studiert werden können. Vor zwei Jahren wurden die Affen für den Disney-Film "Schimpansen" aus der Nähe betrachtet. Die Tatsache, dass sich die Affen in der Gegenwart von Menschen relativ wohlfühlen, wollen Tierschützer und die Regierung der Elfenbeinküste nutzen: Mithilfe von Ökotourismus-Projekten wollen sie gegen den starken Rückgang der Affen-Population ankämpfen.

Population um 90 Prozent gesunken

"Durch Ökotourismus gewinnen Einheimische etwas", sagt der Präsident der Wild Chimpanzee Foundation, Christophe Boesch. "Sie erkennen den Wert des Waldes...und sie werden ihn schützen. Je mehr Touristen wir haben, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir den Kampf gewinnen können", sagt Boesch, der sich seit 35 Jahren mit den Schimpansen der Elfenbeinküste befasst.

Nach Angaben der Organisation World Wide Fund for Nature (WWF) ist die Schimpansenpopulation in der Elfenbeinküste in den vergangenen zwei Jahrzehnten um 90 Prozent gesunken. Sie schätzt, dass es weltweit noch 150.000 bis 200.000 Schimpansen gibt.

Die letzte detaillierte Untersuchung der Schimpansenpopulation in der Elfenbeinküste aus dem Jahr 2008 war zu dem Schluss gekommen, dass es dort zwischen 8000 und 12.000 dieser Menschenaffen gibt. Boesch, der die letzte Studie dazu leitete, sagte, er sei davon überzeugt, dass der Rückgang weitergegangen sei.

Vor allem die Umweltzerstörung gefährdet die Affen in dem westafrikanischen Staat. Das Problem wurde verschlimmert, als die Elfenbeinküste nach der Präsidentschaftswahl 2010 in Gewalt versank, der mehr als 3000 Menschen zum Opfer fielen. Der Taï-Nationalpark liegt im Westen des Landes, der einige der schlimmsten Kämpfe des Konflikts erlebte.

Agrarwirtschaft greift in Lebensraum ein

Doch schon lange vor den Unruhen griffen Menschen in den Lebensraum der Affen ein. Als Boesch sich 1979 auf einer Fahrt zum ersten Mal dem Park näherte, traf er nach eigenen Angaben auf eine 100 Kilometer lange, ununterbrochene Grünlandschaft. Man habe gesehen, wie Elefanten und Schimpansen die Wege kreuzten.

Malender Schimpanse im Zoo Wuppertal
10 Bilder

Malender Schimpanse im Zoo Wuppertal

10 Bilder

Heute hätten Kakao-Felder die dichte Vegetation am Rande des Nationalparks ersetzt. Migranten aus der Elfenbeinküste und anderen Ländern im Westen von Afrika hätten die Umwelt reduziert, in der sich Tiere in freier Wildbahn bewegen könnten, sagt Boesch.

Die kleine Ortschaft Gouleako ist eine von vielen am Rande des Parks, in denen Familien aus verschiedenen Teilen des Landes und aus dem Nachbarland Burkina Faso leben. Bewohner bestreiten ihren Lebensunterhalt größtenteils mit dem Kakao-Anbau. Weil Land knapper wird, machen sie durch Abholzung Platz für weitere Felder. Der Dorfvorsteher Victor Tere sagt, dies habe deutliche Auswirkungen auf die Umwelt gehabt. "Früher, als ich jung war, kamen Schimpansen ganz nah an das Dorf heran. Manchmal kamen sie sogar herein. Jetzt sehen wir sie nicht", erklärt er.

Illegales Wildern der Tiere

Schimpansen werden illegalerweise auch von Einheimischen gewildert, die das Fleisch der Affen als Delikatesse ansehen, wie aus einer Studie zweier amerikanischer Forscher hervorgeht, die in der März-Ausgabe der Fachzeitschrift "Tropical Conservation Science" veröffentlicht wurde.

Ungeachtet dieser Trends sehen Tierschützer neue Hoffnung bei zwei von der Regierung betriebenen Ökotourismus-Projekten, die langsam aber sicher Besucher anziehen. Eine typische Tour dauert drei Tage und beinhaltet lange Wanderungen durch den Wald, einen Aufstieg auf den Mont Nienokoue und Übernachtungen im Zelt. Der Tourismus schafft Arbeitsplätze, zudem verteilen die Touristen Geld unter den örtlichen Gemeinden.

Nach Angaben der nationalen Waldbehörde haben seit Januar rund 100 Touristen den Taï-Nationalpark besucht. Das ist kein schlechtes Ergebnis, zieht man in Betracht, dass die meisten Botschaften wegen der Instabilität im Westen der Elfenbeinküste noch immer von Besuchen dort abraten.

Ökotourismus soll helfen

Während auf einen Anstieg der Touristenzahlen gewartet wird, organisiert die Wild Chimpanzee Foundation sogenannte Natur-Clubs, in denen Freiwillige Schulkinder über den Regenwald unterrichten. Die Organisation hat auch eine kleine Schnecken-Farm eröffnet, um eine Alternative zu Wildfleisch zu bieten. Zudem wurden freiwillige Beobachtertrupps organisiert, damit örtliche Bewohner eine direkte Rolle bei der Überwachung der Abholzung spielen können.

Boesch sagt, er sei mit Blick auf den potenziellen Effekt der Projekte realistisch. Ihm sei bewusst, dass es bei der Rettung der Schimpansen der Elfenbeinküste keine Wunderwaffe geben könne. "Wir versuchen mit allen Mitteln, eine Zukunft für den Wald und seine Tiere zu schaffen. Der Kampf ist nicht gewonnen", erklärt er. Er werde niemals enden. "Was erreicht worden ist, kann in sehr kurzer Zeit verloren sein", meint Boesch.

(ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort