Interview mit Journalist Ben Donald So sehen Briten die Deutschen

London (RP). Als die Freunde des BBC-Journalisten Ben Donald hörten, dass er seinen Urlaub in Deutschland verbringen wolle, dachten sie, er sei verrückt. Und seine Frau sagte, dass sie "etwas Besseres als den Tod" überall finden könnte. Doch Ben fuhr trotzdem in das Land der "Krauts" – und danach weitere 15 mal. Jetzt schrieb er ein Reisebuch über Deutschland und die Deutschen, das die englischen Vorurteile auf humorvolle Art hinterfragt.

Fremdschämen im Urlaub
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Foto: AP

London (RP). Als die Freunde des BBC-Journalisten Ben Donald hörten, dass er seinen Urlaub in Deutschland verbringen wolle, dachten sie, er sei verrückt. Und seine Frau sagte, dass sie "etwas Besseres als den Tod" überall finden könnte. Doch Ben fuhr trotzdem in das Land der "Krauts" — und danach weitere 15 mal. Jetzt schrieb er ein Reisebuch über Deutschland und die Deutschen, das die englischen Vorurteile auf humorvolle Art hinterfragt.

Deutschland sei die "Nagelprobe" für den Urlauber, heißt es in Ihrem Buch. Sie haben die Bundesrepublik von Rügen bis München bereist. Was waren Ihre stärksten Eindrücke?

DONALD Die Vielschichtigkeit Deutschlands, von dem wir ein sehr "bayerisches" Bild haben. Es gibt dort aber noch mehr zu sehen: die Fränkische Schweiz, die Weinberge, die Inseln...

Sie kennen sich jetzt gut in Deutschland aus. Welches populäre englische Vorurteil über die Deutschen stimmt?

DONALD Dass die Deutschen die Nacktheit am Strand und in der Sauna lieben. Sie ist nie sexuell, sondern immer sehr theoretisch. In Deutschland muss überhaupt alles theoretisch begründet sein. Zum Beispiel das hüllenlose Baden: Man könnte Nacktheit sagen, aber die Deutschen nennen es "Kultur" - die Freikörperkultur.

...und welches stimmt nicht?

DONALD Der Mangel an Humor. Die Deutschen sind witzig, aber anders, als die Engländer.

DONALD Um Himmels Willen! Dann würde alles unordentlicher werden,und nichts würde funktionieren. Nein, ich glaube, die Welt sollte sich von den perfekt organisierten Deutschen etwas abgucken.

Deutsche Volksfeste sind nach ihrer Beobachtung ein Vorwand, um viel zu saufen, und das unter Extrembedingungen: Es sei laut, verraucht, heiß und die Leute sitzen ganz nah beieinander. Eigentlich doch ein Albtraum für einen Engländer?

DONALD Ja, wir hassen es, wenn die Leute einander zu sehr auf die Pelle rücken. Aber beim Saufen fühlen wir uns auch wohl. Allerdings können die Deutschen das wesentlich zivilisierter als wir Engländer. Würden die Londoner drei Wochen lang Oktoberfest feiern, gäbe es Krawall.

"Wie ich lernte, die Lederhose zu lieben" ist der Untertitel der englischen Ausgabe ihres Buchs. Sind Lederhosen cool?

DONALD Nicht für einen Engländer, der sich einen Deutschen gerne in jeder Art von Leder vorstellt — von Militärstiefeln bis Porno-Lederbodys aus dem Sexshop. Aber ich finde Lederhosen bequem. Ich habe mir eine in München gekauft.

Und wie oft in London angezogen?

DONALD Zwei Mal: Als ich die englische Ausgabe dieses Buchs vorgestellt habe und bei einer Party.

Sie schreiben über die "Kunst, Deutscher zu sein". Was gehört dazu?

Donald Der Deutsche ist ein Wanderer und Wunderer. Er will nah an der Natur sein, er denkt über alles nach, er will die Welt verbessern.

Was ist die "Kunst, Brite zu sein"?

DONALD Wir sind höfliche und konservative Exzentriker, die alles gelassen nehmen.

Welche drei deutschen Traditionen und Eigenarten würden Sie in England einführen, wenn Sie könnten?

DONALD Das Wandern, deutsches Brot und das Badehosenverbot in der Sauna.

Alexei Makartsev führte das Gespräch.

(RP)
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