Kleinstädte auf hoher See Ozeanriesen sprengen alle Dimensionen

Hamburg (RPO). Groß, größer, gigantisch - längst gleichen die Ozeanriesen kleinen Städten. 2009 brechen die neuen Kreuzfahrtschiffe Rekorde: 5400 Urlauber finden auf einem einzigen Schiff Platz. Mit der Größe wächst auch die Vielfalt der Freizeitangebote.

Ozeanriesen werden zu schwimmenden Freizeitparks
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Ozeanriesen werden zu schwimmenden Freizeitparks

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Es ist schon der sechste Tag an Bord, und noch immer sind nicht alle Aktivitäten ausprobiert: Heute zum Golfspielen oder in den Formel-1-Simulator, an die Kletterwand oder auf die Eislaufbahn? Eine solche Qual der Wahl erleben Reisende auf hoher See immer öfter. Denn die Kreuzfahrtbranche stellt einen Megaliner nach dem anderen in Dienst, und mit den Abmessungen der Schiffe wächst auch deren Angebot. Der klassische Ablauf "Tagsüber Landausflug, nachts wird der Hafen gewechselt" steht bei ihnen auf dem Prüfstand.

Ende 2009 erreichen die Kleinstädte auf hoher See mit der "Oasis of the Seas" abermals eine neue Dimension. Das 360 Meter lange Schiff von Royal Caribbean International (RCI) für 5400 Urlauber übertrifft die bisherigen Rekordhalter deutlich: Auch die Schiffe von RCIs "Freedom-Klasse" sind mit 339 Metern länger als drei Fußballfelder - aber "nur" für 4375 Urlauber ausgelegt. Mit kaum kleineren Schiffen verstärken sich auch Reedereien aus Europa: So bekommt Costa Crociere mit der "Costa Pacifica" ein drittes Schiff für 3780 Passagiere; MSC nimmt mit der "MSC Splendida" ein weiteres für 3959 Gäste in Empfang.

Sport- und Aktivurlaub an Bord

Bei diesen Größenordnungen wird das Schiff selbst zur Destination. Gerade im Sommer gebe es zunehmend Gäste, die nicht so oft von Bord gehen, sagt Falk-Hartwig Rost, MSC-Deutschland-Chef in München. "Es sind noch keine 50 Prozent, aber die Zahl steigt." Schiffe der neuen Rekord-Größenordnung sprechen eine neue Zielgruppe an, sagt Tom Fecke, Deutschland-Direktor bei RCI: Menschen, die Alternativen zum Sport- und Aktivurlaub an Land suchen. Denen will RCI auf der "Oasis" sieben "Lifestyle-Areale" bieten, darunter einen "Central Park" und ein "Aqua Theater" mit großem Pool, der abends zur Showbühne wird.

Riesenschiffe laufen weniger Häfen an

Die Karibik-Ziele, die RCI mit der "Oasis of the Seas" ansteuert, sind im Winter 2009/10 zunächst Charlotte Amalie auf St. Thomas, Philipsburg auf St. Maarten und Nassau auf den Bahamas - nur drei Stopps bei sieben Übernachtungen. Es bleibt also Zeit genug, das Schiff und seine Einrichtungen zu erkunden. Die Zahl der Reiseziele, die von den Riesenschiffen angesteuert werden können, sinke ohnehin, sagt Helge H. Grammerstorf, Chef des Kreuzfahrt-Beratungsunternehmens SeaConsult in Hamburg. Die Reedereien betonten die große Vielfalt an Bord auch deshalb so gerne, "weil es logistisch ein Problem ist, so viele Gäste an Land und wieder aufs Schiff zu bringen."

Solche Probleme kennen auch die Reedereien. Beispiel Dubrovnik: "Natürlich kann man da im Industriehafen an die Kaimauer gehen. Aber wenn man mit dem Schiff vor der Altstadt liegen will, dann muss man Tenderboote einsetzen", sagt Ulrich Göz, Verkaufsleiter von Costa Deutschland in Neu-Isenburg bei Frankfurt/Main. Für größere Schiffe seien manche Städte deshalb nicht so gute Anlaufhäfen, darunter Mahon auf Menorca, Monte Carlo und Villefranche in Südfrankreich. "Rennstrecken" mit Stopps in Palermo, Marseille, Tunis, Malta, Palma de Mallorca, Barcelona und Piräus seien jedoch "alle kein Problem".

Dass die "Oasis of the Seas" das Ende der Rekordjagd markiert, glauben die Experten nicht. Die Vorbehalte zum Thema Größe "gehen immer weiter verloren", beobachtet Tom Fecke. Wo die Akzeptanzgrenze liegt, sei schwer zu definieren, sagt Grammerstorf, der sich in einem Punkt allerdings festlegt: "Die Größe der "Oasis" ist es nicht."

Kommt sie irgendwann tatsächlich, die Kreuzfahrt ohne Landgang? Einfach raus auf den Atlantik, weil das Schiff Destination genug ist? Berater Grammerstorf hält solche Fahrpläne zumindest für "vorstellbar". Jedoch müsste man sich dann eine andere Frage stellen: "Warum fährt das Schiff überhaupt noch aus dem Hafen heraus?"

(tmn)
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