Stillgelegtes Staatsgefängnis in Philadelphia Hier liegt das Grauen hinter den Mauern
Philadelphia · Ein historisches Gefängnis in Philadelphia zieht an Halloween die Touristen an: Wo einst Al Capone einsaß, erschrecken nun Schauspieler in Gruselkostümen die Besucher. Wer sich als besonders mutig zu erkennen gibt, kann sich auf spezielle Überraschungen gefasst machen.
Ein stillgelegtes Staatsgefängnis in der US- Stadt Philadelphia bietet zu Halloween die perfekte schaurige Kulisse für Gruselveranstaltungen. Unter dem Motto "Terror Behind the Walls" (Grauen hinter den Mauern) lockt die historische Haftanstalt jeden Herbst Tausende Besucher an, die sich von markerschütternden Schreien und zwielichtigen Gestalten im alten Gemäuer nicht schrecken lassen. Das Eastern State Penitentiary wird als größtes Geisterhaus der USA außerhalb von Vergnügungsparks angepriesen.
Mit seinen dicken Mauern und verfallenden Zellen wirkt die verlassene Anlage ohnehin schon bedrohlich. Für Halloween- Inszenierungen drängt sie sich damit geradezu auf. "Das Gebäude ist aufgelassen, und es ist schön, und es ist unheimlich, und es wurde gebaut, um einzuschüchtern", sagt Sean Kelley, Direktor für öffentliche Veranstaltungen. "Leute aus dem ganzen Land reisen zu Halloween hierher."
Aufseher rufen um Hilfe
Während mutige Touristen durch die Gänge der verfallenden Anlage streifen, werden sie von geistesgestörten Gefangenen angepöbelt. Überwältigte Aufseher rufen um Hilfe, Patienten auf der Krankenstation werden von verstörten Ärzten behandelt und schreien, von Schmerzen gepeinigt, laut auf. Auch ein psychedelischer 3-D-Raum gehört zur Inszenierung. Er gaukelt Mauern vor, wo keine sind.
Wer zart besaitet ist, kann sich mit der Gewissheit trösten, dass "Gefangene", "Aufseher" und all die anderen Schauspieler die Besucher nicht anfassen dürfen. Doch in diesem Jahr haben sich die Veranstalter etwas Neues einfallen lassen: Besonders Mutige können eine im Dunkeln leuchtende Halskette tragen als Zeichen dafür, dass sie bereit sind, mit den Schauspielern zu interagieren. Der Besucher Raj Kumar, der den sogenannten Zombie-Köder trug, berichtet, dass er mit Wasser bespritzt wurde. Seine Frau wurde durch einen Geheimtunnel geschleppt. "Es ist viel nervenaufreibender, wenn man die Halskette trägt und weiß, dass sich Leute an einen heranschleichen", sagt Kumar.
Das Gefängnis galt bei seiner Eröffnung 1829 als architektonisches Wunderwerk. Früher als das Weiße Haus in Washington verfügte es über ein Installationssystem und eine Heizung. Zu seinen berühmtesten Insassen zählte Al Capone. Nach seiner Schließung 1971 verfiel das Gefängnis, bis dort 1994 mit Führungen begonnen wurde. "Terror Behind the Walls" startete vor 22 Jahren, und an vielen Abenden besuchen mehr als tausend Menschen die Veranstaltung. Die Einnahmen daraus machen etwa 60 Prozent des jährlichen Budgets der Anlage aus, die inzwischen offiziell als nationale historische Sehenswürdigkeit gilt.
Spaß an der Rolle als Axtmörderin
Kreativdirektorin Amy Hollaman sagt, die Halloween-Show werde das ganze Jahr über geplant, die Kulissen würden Monate im Voraus gebaut. Jeden Abend verwandeln sich dann rund 130 Schauspieler mit Make-up und Kostümen in Gruselfiguren. Die Schauspielerin Jude Feingold, die sonst regelmäßig in Shakespeare-Stücken auftritt, hat Spaß an ihrer Rolle als Axtmörderin. Für sie ist es bereits die vierte Spielzeit im früheren Gefängnis, und sie ist begeistert von der Atmosphäre im Ensemble - und nicht zuletzt davon, große, harte Kerle in Baseball- Kappen erschrecken zu können. "Hier herrscht ein wirklich guter Geist", sagt sie.
Apropos: Gibt es im Eastern State wirklich Geister? Mitarbeiter erklären, Menschen, die sich mit dem Übernatürlichen beschäftigen, glaubten, dass die Anlage einer der Orte in den USA sei, an denen es am meisten spukt. Kreativdirektorin Hollaman hörte eines späten Abends bei der Arbeit fürchterliche, unerklärliche Geräusche. Starr vor Angst verließ sie sofort das Gebäude. "Tausende Menschen haben hier gelebt und gearbeitet. In diesem Gebäude gab es viele intensive Erfahrungen", sagt Hollaman. "Es ist schwer vorstellbar, dass sie keine Spur hinterlassen haben."