Vulkantourismus Eyjafjallajökull lockt Touristen an

Reykjavik · Der Flugverkehr in Europa war nach dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull tagelang lahmgelegt. Die Aschewolke sorgte dafür, dass Reisende am Boden bleiben mussten. Doch für ein Land hat der Ausbruch zumindest zeitweise positive Folgen: Auf Island boomte der Vulkantourismus.

Eine Reise zu den Vulkanen
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"Ganz Island ist glücklich gewesen über diesen herrlichen Vulkanausbruch. Wir haben gehofft, dass er bis zum Sommer für die Touristen hält", sagt Andri Snär Magnason beim Schwatz im Reykjaviker "Café Hresso". Der Schriftsteller ist selbst aus der Hauptstadt zum 130 Kilometer entfernten Ausflugsgebiet Fimmvörduháls gefahren und hat das Schauspiel mit sprudelnder Lava und faszinierten Zuschauern gefilmt.

Aber das Schauspiel hat eben doch nicht gehalten. Einige Wochen nach dem, was die Isländer ironisch "Touristen-Eruption" nennen, kündigt sich schon kurz hinter Reykjavik ein weniger herrliches Bild vom Vulkanausbruch an: Kegelförmig breitet sich eine riesige schwarzgraue Wolke am Himmel aus und färbt ihn dunkel. Was mit dem ersten Vulkanausbruch am Fimmvörduháls zur großen Reiseattraktion werden sollte, verwandelte sich mit dem zweiten Ausbruch unter dem Gletscher Eyjafjallajökull in eine Bedrohung für den Tourismus.

"Wir können nur hoffen, dass dieser Ausbruch jetzt möglichst schnell wieder aufhört, damit der Flugtransport für unsere Besucher sicher ist", sagt Johan Frimannsson vor seinem kleinen "Hotel Anna", das sechs Kilometer vom Gletschervulkan entfernt liegt. Am Fuß des Eyjfjallajökull, dessen Namen in Island jeder leicht aussprechen kann ("Aija-fjattla" - kurz Luft holen - "jöckuul") geht es ruhig zu.

Neben dem Hotel betreibt Gudmundur Vedasson ein Gestüt mit 300 Island-Pferden. Er bietet Reittouren mit viel Platz für Tiere und Mensch, die bis zu neun Tage dauern. Geschlafen wird in Hütten, der Veranstalter transportiert Gepäck und Essen. Islands seit anderthalb Jahren schwache Landeswährung macht dies wie auch Übernachtungen und anderes auf der sonst hochpreisigen Insel derzeit erschwinglich.

"Eine himmlische Ruhe"

Unbezahlbar ist für den jungen Franzosen Julien Touzé aus der Bretagne, was er am Eyjafjallajökull gefunden hat: "Es ist eine himmlische Ruhe. Man kann hier eins mit der Natur werden." Die größte Einzelattraktion für ihn sind die überall zugänglichen warmen Freiluft-Pools mit Wassertemperaturen zwischen 30 und 36 Grad - noch so ein Segen aus Islands vulkanischem Untergrund, der die Insel vor 16 Millionen Jahren geschaffen hat.

Ob einer der gut 30 aktiven Vulkane den "Lava-Touristen" im Hochsommer 2010 eventuell etwas zu bieten hat, wissen die Spezialisten des Vulkanologischen Institutes in Reykjavik nicht. Nichts allerdings deute darauf hin, dass der Katla unter dem Gletscher Mýrdalsjökull in unmittelbarer Nachbarschaft des schon deutlich schwächer gewordenen Vulkans unter dem Eyjfjallajökull wieder aktiv wird, sagt Institutschefin Rikke Pedersen. Der Katla ist Islands zweitgrößter Vulkan nach Hekla und zigmal so kräftig wie der namenlose Vulkan, der Ende März nach knapp 200 Jahren Ruhe ausbrach.

Sollte auch Katla ausbrechen, wäre das allerdings erstmal keine Touristenattraktion, sondern ein riesiges Problem für Island mit Überschwemmungen durch geschmolzenes Gletschereis, viel Asche und Evakuierungen.

Arni Gunarsson, Chef von Island Tourismusverband, hofft stattdessen, dass sich der bisher gewaltig rauchende Ausbruch bis zu den Sommerferien noch in ein Lava speiendes Naturschauspiel verwandelt: "Unsere Besucher möchten heiße Erde riechen."

(tmn/seeg/chk)
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