Aus dem Braunkohletagebau Eisenhaltiges Wasser bedroht den Spreewald

Leipzig · Der Spreewald ist als Land der Gurken und der Kähne bekannt. Der Landstrich in Brandenburg, in dem sich die Spree in unzähligen Wasserläufen verliert, zieht jährlich hunderttausende Touristen an. Doch eine braune Brühe bedroht die Idylle.

 Mit einem Bagger wird der rosthaltige Schlamm abgeschöpft.

Mit einem Bagger wird der rosthaltige Schlamm abgeschöpft.

Foto: dpa, ppl vfd

Grund ist eisenhaltiges Wasser aus den ehemaligen Braunkohletagebauen, das mit der Spree und anderen Zuflüssen weggeschwemmt wird. Um Schlimmeres zu verhindern, soll nun eine Art Barriere um den südlichen Spreewald gelegt werden.

Seit Jahren schon beobachten die Behörden in Sachsen und Brandenburg eine zunehmende Eisenbelastung der Spree und der Kleinen Spree. 2010 und 2012 legten Experten dazu alarmierende Studien vor. Die sogenannte Verockerung der Flüsse habe sich seit 2009 "zu einem Dauerzustand entwickelt", heißt es in der jüngsten Analyse des Dresdner Instituts für Wasser und Boden (IWB). Allein an der Talsperre Spremberg kommen mit der Spree jeden Tag rund 6800 Kilogramm Eisenfracht an. Die Talsperre halte das Eisen weitgehend zurück, heißt es. Doch auch an anderer Stelle, im Oberspreewald, werde das braune Wasser zunehmend zum Problem, warnt das Aktionsbündnis "Klare Spree", ein Zusammenschluss von Kommunen, Bürgern, Tourismusunternehmen und Verbänden.

Dreck aus längst vergangener Zeit

Quelle der Braunfärbung sind die stillgelegten DDR-Braunkohletagebaue in der Lausitz, die Teile Sachsens und Brandenburgs umfasst. Um Bergbau zu betreiben, wurde der Grundwasserspiegel großräumig abgesenkt. Durch den Kontakt mit Sauerstoff verwitterte das natürlich vorkommende Eisensulfid zu Sulfat und Eisenhydroxid, im Volksmund auch Eisenocker genannt. Nach der Stilllegung der Tagebaue stieg das Grundwasser wieder, mit ihm gelangt das Eisen in Flüsse und Seen. Befördert wurde dies noch durch zwei regenreiche Jahre.

Als Hauptverursacher gelten die ehemaligen Tagebaue Burghammer und Lohsa II in der südlichen Lausitz und Seese/Schlabendorf im Norden. Vom gefluteten Schlabendorfer See aus fließt eisenhaltiges Wasser über die Wudritz Richtung Spreewald. "Bisher ist das touristische Kerngebiet im Spreewald nicht betroffen", versichert Uwe Steinhuber, Sprecher der Lausitzer- und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV), die für die Sanierung der DDR-Tagebaue verantwortlich ist. Bislang seien nur einige südliche Zuflüsse im Randbereich des Spreewalds braun.

Dennoch sind Naturschützer und Tourismusexperten alarmiert. Für die Spreewaldregion ist der Tourismus ein großer Wirtschaftsfaktor. Rund 1,6 Millionen Übernachtungen werden pro Jahr gezählt. Isabell Hiekel vom Aktionsbündnis "Klare Spree" warnt deshalb vor einem "gravierenden Imageschaden für den Tourismus".

Einzigartiges Biosphärenreservat

Als UNESCO Biosphärenreservat ist der Spreewald zudem Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Die Eisenockerfracht jedoch verschlammt den Gewässerboden, der dann für Krebstiere oder Libellen-Larven nicht mehr besiedelbar ist. Damit fehlt auch die Nahrungsgrundlage für viele Fischarten, warnt der Förderverein für Naturschutz im Spreewald (FÖNAS). Auch fischfressende Tiere wie Eisvogel und Fischotter bleiben dann den betroffenen Gewässern fern.

Mit einem Sofortprogramm will die LMBV nun gegensteuern. Der Bergbausanierer hat gemeinsam mit den Behörden in Sachsen und Brandenburg einen Aktionsplan für eine "saubere Spree" beschlossen. Neun Millionen Euro stehen dafür bereit. Seit Anfang April wird aus der Wudritz in großem Stil belasteter Schlamm abgebaggert, damit das Eisen nicht weiter Richtung Spreewald fließt. Zudem sollen frühere Wasserreinigungsanlagen wieder aktiviert und Seen bekalkt werden, um Eisen zu binden. Auch andernorts entlang der Spree sollen Gräben und Absetzbecken das Eisen stoppen.

Die LMBV und Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) haben die "braune Spree" zur Chefsache erklärt. Die Eisenbelastung als Spätfolge des Kohlebergbaus wird nach Einschätzung der Experten allerdings noch Jahrzehnte bestehen bleiben.

(AFP/das)
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