Bergsteiger-Rekord Deutscher klettert auf alle Achttausender

Bühl (RPO). Ralf Dujmovits stammt aus einem bescheidenen Gebirge. Seine Heimat ist der Schwarzwald, doch seine Leidenschaft sind die höchsten Gipfel der Welt. Ende Mai hat der 47-Jährige einen Rekord aufgestellt. Als erster Deutscher hat er alle 14 Achttausender der Welt erklommen.

Der Rekord-Kletterer
5 Bilder

Der Rekord-Kletterer

5 Bilder

Wenn die Luft klar ist, dort oben in mehr als 8000 Metern Höhe, kann Ralf Dujmovits die Krümmung der Erde erkennen. Diese Momente der Einsamkeit in der "wilden Natur" machen den 47-Jährigen "fast süchtig". Seit Kindertagen sucht Dujmovits diesen "Rückzug auf sich selbst" auf den Gipfeln der Welt. Trotz seines Rekords: Die Träume gehen ihm aber nicht aus.

Freudestrahlend sitzt Dujmovits in seinen Büro im schwarzwäldischen Bühl vor einem Schrank mit Bergstiefeln für extreme Minustemperaturen. Sein Gesicht ist tiefgebräunt. Erst vor wenigen Tagen ist er aus Nepal zurückgekehrt. Zwei Monate lang war der zweifache Vater mit seinem Team unterwegs, um den 8516 Meter hohen Lhotse zu besteigen. Wegen schlechten Wetters saß die Gruppe zunächst 16 Tage lang im Basislager und wartete. Das Wetter ist immer ausschlaggebend.

Dujmovits musste deswegen schon mehrfach kurz vor einem Gipfel abbrechen. "Man muss verzichten können", sagt er, das sei das wichtigste Rezept für die Sicherheit. Dujmovits ist sich der Gefahren des Extrembergsteigens bewusst, nähert sich "mit großem Respekt und Demut" den Bergen. Er hört in erster Linie auf sein Bauchgefühl. "Wenn man das so lange macht, entwickelt man einen siebten Sinn. Ich habe nie das Gefühl gehabt, ich riskiere mein Leben", sagt er.

Schon als Siebenjähriger erklomm er mit seinem Vater seine ersten Gipfel und wagte früh große Herausforderungen. "Ich bin schon als 14-Jähriger mit dem Fahrrad nach Paris gefahren, einfach, weil es mich gefreut hat", erzählt Dujmovits. Nach der Schule war er ein Jahr lang in Südamerika und bestieg mehr als 40 Sechstausender. Während seines Medizinstudiums ließ er sich dann zum Bergführer ausbilden. Irgendwann musste er sich entscheiden: "entweder richtig Bergführer oder richtig Medizinmann". Er schmiss die Uni. 1989 gründete er sein Unternehmen.

Rund 500 Bergsteiger aus ganz Europa gehen pro Jahr mit Dujmovits und den von ihm engagierten Führern an die hohen Berge oder zum Trekking. Europaweit gebe es etwa eine Handvoll Firmen mit ähnlichem Angebot, schätzt er. Touren auf die hohen Achttausender bietet er aus Sicherheitsgründen nicht an.

Die Ehefrau klettert mit

Der Laden läuft inzwischen gut und Dujmovits kann sich auf sein Training konzentrieren. "Wenn ich 80 bin, gehe ich immer noch auf Skitouren", ist er überzeugt. Fast jeden Tag steht Ausdauertraining auf dem Programm, viel Mountainbiken und Klettern, am Wochenende ist er auf Skitour oder beim Klettern in der Schweiz. An Dujmovits' Seite ist dabei stets seine Frau Gerlinde Kaltenbrunner, ebenfalls Profi-Bergsteigerin. Dujmovits hat in der Österreicherin vor einigen Jahren die perfekte Gefährtin gefunden.

Mit ihr die kostbaren Augenblicke am Gipfel zu teilen, "das hat eine Qualität fern von alledem, was ich vorher gekannt hatte", sagt er. Für Kaltenbrunner war der Lhotse die Nummer zwölf in der Reihe der Achttausender. Sie ist auf dem besten Weg, als erste Frau der Welt alle 14 bestiegen zu haben. Am Mittwoch brach sie nach Pakistan auf, um sich an den K 2 zu wagen - wenn alles klappt, ihre Nummer 13. Dujmovits war 1994 auf dem Gipfel, vor zwei Jahren nochmals bis 8000 Meter.

"Meine Frau ist sehr stark", erzählt Dujmovits. Sie hatte jüngst auf dem Lhotse etwa eine Dreiviertelstunde Vorsprung, wartete aber auf ihn, um die letzten Schritte zum Gipfel gemeinsam zu tun. "Ich hab weinen müssen da oben", erzählt Dujmovits. "Den 14. Achttausender besteigt man nicht alle Tage." In diesem Moment "kumuliert" all die über Monate investierte Zeit, Kraft und Energie "an einem Punkt", schildert er nach Worten ringend.

Dieses Gefühl sucht Dujmovits bald wieder. Als nächstes will er mit seiner Frau - es könnte ihre Nummer 14 werden - auf den Mount Everest steigen. Er stand schon einmal auf dem Gipfel, mit Hilfe von künstlichem Sauerstoff. Dieses Mal will er ohne diese Unterstützung auf den höchsten Berg der Welt. "Vielleicht im Frühjahr", sagt Dujmovits. Aber er will sich da noch nicht festlegen. Er hört lieber auf sein Bauchgefühl.

(DDP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort