500 Sorten Belgien: Biertouren für Genießer

Val-Dieu/Brüssel (rpo). Belgien ist bekannt für Fritten und Pralinen. Es gibt aber noch einen Dritten im Bunde: Bier. Durch rund 500 Sorten kann man sich beim Nachbarn probieren. Kein Wunder, dass jemand nur Irritationen erntet, wenn er im Restaurant einfach nur ein Bier bestellt.

Touristen merken schnell: Für jeden Anlass bieten die 115 belgischen Brauereien den passenden Gerstensaft - mal ist das Bier so spritzig wie Champagner, mal edel wie Wein, mal so süß wie ein Fruchtsaft.

"Alles ist bei uns im Biergarten noch so geblieben wie vor 100 Jahren", erzählt Alain Pinckaers von der "Brasserie Abbaye du Val-Dieu". Die Gäste holen das Bier selbst von der Theke ab, dazu gibt es deftige Wurst- und Käsebrote. Aus den Kesseln der kleinen Klosterbrauerei im "Tal Gottes" nahe des Dörfchens Aubel fließen drei Sorten: "Helles Bier mit frischem Geschmack und blumigem Aroma, Dunkles mit einer Mokka-Note und helles Triple, süßlich und stark mit neun Prozent Alkoholgehalt", erläutert Braumeister Pinckaers.

Sechs-Liter-Flaschen für die USA

Rund 5000 Hektoliter füllen die Mitarbeiter in der Braustätte pro Jahr ab: in Fässern für die Gaststätten in Ostbelgien, meistens aber in handliche 0,33 Liter Flaschen - und seit einigen Monaten sogar in überdimensionale Sechs-Liter-Flaschen für den Export in die USA. Die "Brasserie Abbaye du Val-Dieu" ist eine der vielen Brauereien, die im "Jahr des belgischen Bieres 2005" zu Besichtigungen, Seminaren und Verköstigungen einladen. "Von Mai bis September sind uns Gruppen zu Bierproben willkommen", kündigt Braumeister Alain Pinckaers an.

So wie bei den Klosterbrauern von Val-Dieu gibt es in Brüssel und in der Wallonie in den kommenden Monaten vielerorts "Bier-Touren" für genussfreudige Besucher. "Zum Jahr des belgischen Bieres sind alle Angebote in der neuen Broschüre "Köstliche Augenblicke in der Wallonie und Brüssel" in deutscher Sprache aufgelistet", sagt Vanessa Gromer vom Tourismusbüro für Brüssel-Wallonie in Köln. Zu den Veranstaltungen zählt auch das "Festival der kleinen Brauereien", bei dem die Braumeister im Ort Rulles ihre Spezialitäten vorstellen. Dazu werden dann Köstlichkeiten der Ardenner Küche aufgetischt.

In Brüssel kann zwischen vier "Bier-Touren" gewählt werden. Zum Beispiel können Besucher sich mit dem Fahrrad auf die Spuren alter Brauereien begeben und bei einer Kostprobe die verschiedenen Geschmacksrichtungen kennen lernen: Angefangen vom goldgelben und erfrischenden Pils, über die bernsteinfarbenen Sorten und die Weißbiere bis hin zu den Trappisten- und Abteibieren. Führungen bietet auch die letzte Brüsseler Familienbrauerei "Cantillon" mit den Maischebottichen und Kupferkesseln aus dem Jahr 1900 an.

Bier aus dem Kloster

Die Trappistenbiere kommen auch heute ausschließlich aus den Zisterzienserklöstern in Chimay, Orval, Rochefort, Westmalle und Westvleteren. Die Abteibiere - mal süßlich und leicht, mal dunkel und bitter - werden dagegen von weltlichen Brauern in der Tradition klösterlicher Braukunst hergestellt. Ungewohnt für deutsche Gaumen sind diese Arten: Brüsseler Lambic, ein Bier ohne Schaumkrone, prickelnd-säuerliches Geuze, der "Champagner des Bieres" und süße fruchtige Arten wie das "Kriek", ein Lambic mit Kirschnote.

Die Frucht- und Abteibiere wurden bis in die achtziger Jahre nur in Gaststätten und Restaurants im Umkreis der jeweiligen Brauereien ausgeschenkt. "Und allenfalls nach Nordfrankreich und in den Süden der benachbarten Niederlande ausgeführt", ergänzt Jan De Brabanter vom Belgischen Brauerbund bei einem Rundgang durch das Biermuseum im Maison des Brasseurs am Grand Place in Brüssel. "Doch seitdem hat der Export, vor allem von Pilsenerbier, erheblich zugenommen: von 3,9 Millionen Hektoliter im Jahr 1995 auf 5 Millionen im Jahr 2003."

So ist unter den 115 Brauereien Belgiens mit InBev auch der weltweit größte Bierproduzent mit 77 000 Beschäftigten in 32 Ländern der Erde und einem Gesamt-Jahresausstoß von 190 Millionen Hektolitern zu finden. InBevs bekannteste Biere unter seinen 200 Marken sind in Belgien Hoegaarden, Jupiler, Leffe und Stella Artois. In Deutschland ist InBev präsent mit Beck's, Haake Beck, Diebels Alt, Gilde, Hasseröder Pils, Spaten, Franziskaner, Löwenbräu und Dinckelacker.

Biermuseum in Brüssel

Viele Spezialbiere werden in dazu gehörigen, originellen Biergläsern serviert. Da gibt es breite, ausladende Kelche ebenso wie schmale, hohe Pilstulpen oder bauchige Becher. Mehr als 500 dieser Gläser, 1000 Flaschen und 5000 Bierdeckel, Flaschenöffner, Aschenbecher sowie alte Brauerei-Einrichtungen und Exponate rund um die Geschichte belgischer Biere können Freunde des Gerstensaftes im privaten "Schaarbeekse Biermuseum" in Brüssel bewundern (Adresse: Louis Bertrandlaan 33, geöffnet mittwochs und samstags, jeweils von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr). Von Flohmärkten, Speichern, aus Scheunen und den Kellern ehemaliger Braustätten stammen viele der skurrilen Gegenstände, die von den Museumsfreunden zusammengetragen wurden.

An die 100 Jahre alt ist eines der interessantesten Bierlokale, das man bei einer Bier-Tour durch Brüssel nicht auslassen sollte. Im "A la Mort Subite" an der Rue Montagne aux Herbes Potagères laufen zwölf Biere aus den Hähnen, 45 weitere Sorten werden in Flaschen serviert. Der Name "Zum plötzlichen Tod" bezieht sich aber nicht auf die Folgen übermäßigen Alkoholgenusses, sondern auf ein beliebtes Würfelspiel, das einst in dem Gasthaus seine Runde machte. Für so manchen Zecher blieb der ungewöhnliche Name des Lokales allerdings in anderer Erinnerung: 13 Prozent Alkoholgehalt weist das hauseigene "Mort Subite"-Starkbier auf - da scheint Vorsicht geboten.

Informationen: Belgien-Tourismus Wallonie-Brüssel, Cäcilienstraße 46, 50667 Köln (Tel.: 0221/27 75 90); Internet: www.bier2005.be, www.belgien-tourismus.de.

(gms)
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