36-Stunden-Streik der Piloten 360 Flüge bei Lufthansa gestrichen

Frankfurt/Main (RPO). Seit dem frühen Morgen geht bei der Lufthansa-Tochter Cityline nichts mehr. Der von der Pilotenvereinigung Cockpit ausgerufene 36-Stunden-Streik hat begonnen, fast 400 Flüge wurden bereits gestrichen. Betroffen sind die Flughäfen München, Hamburg, Stuttgart, Paderborn, Düsseldorf, Berlin-Tegel, Frankfurt, Bremen, Köln, Nürnberg, Hannover, Paderborn, Münster/Osnabrück, Friedrichshafen, Dresden und Leipzig.

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Hintergrund sind die gescheiterten Tarifverhandlungen über einen neuen Vergütungstarifvertrag für das Cockpitpersonal der Fluggesellschaft. Cityline bietet ausschließlich innerdeutsche und innereuropäische Flüge an, am Donnerstag waren eigentlich 400 geplant. Besonders betroffen sind nach Worten von Lufthansa-Sprecher Thomas Jachnow die Airports in München, Frankfurt am Main, Hamburg, Stuttgart und Düsseldorf.

Er betonte, dass sich die Zahl der Ausfälle noch nach unten korrigieren könne, wenn noch flugbereite Crews gefunden würden. Die Ausfälle bei der Cityline am Donnerstag machen nach seinen Worten etwa 20 Prozent der innerdeutschen und innereuropäischen Lufthansa-Flüge aus.

Bis zum Ende des 36-stündigen Streiks am Freitag um 12.00 Uhr sollten laut Lufthansa insgesamt rund 500 Flüge ausfallen. Die Airline betonte erneut, sie sei bereit, wieder zu verhandeln oder einen Schlichter anzurufen. Für einen Streik gebe es keinen Grund.

Nach Cockpit-Angaben gehören 750 Cityline-Beschäftigte der Vereinigung an, darunter sei ein hoher Teil von Piloten. Genaue Zahlen zur Beteiligung am aktuellen Streik wollte eine Sprecherin aber nicht nennen.

Die Lufthansa versucht nach eigenen Angaben, die Auswirkungen für die Fluggäste so gering wie möglich zu halten. Passagiere sollten sich vor Antritt des Fluges im Internet unter Lufthansa.com oder der kostenfreien Hotline 08008506070 informieren.

Bahngutscheine

Betroffene Passagiere würden auf andere Lufthansa-Maschinen umgebucht oder könnten bei innerdeutschen Zielen am Ticketschalter ihr Flugticket in einen Reisegutschein der Deutschen Bahn tauschen. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hatte im Tarifstreit mit Cityline zu einem Warnstreik aufgerufen, der am Donnerstag um 00.00 Uhr begann und Freitag um 12.00 Uhr enden sollte.

Jachnow sagte, nach seinem Kenntnisstand habe Cockpit die Streikmitteilung gestern abend nach 21.00 Uhr veröffentlicht. Es lasse sich schon sagen, dass dies "sehr kurzfristig, sehr überraschend" gewesen sei. Betroffen von den Warnstreiks sind Jachnow zufolge sämtliche Flughäfen, die von Cityline bedient werden, der Schwerpunkt liege jedoch in München, Hamburg, Frankfurt am Main und Düsseldorf. Der Sprecher betonte, Cityline bediene keine Langstreckenflüge, sondern fliege ausschließlich deutsche und europäische Ziele an. Insgesamt bietet Lufthansa Jachnow zufolge täglich rund 1800 innerdeutsche und innereuropäische Flüge an, von denen durch den Streik der Cityline-Piloten nun 20 Prozent ausfallen.

Cockpit begründete den Warnstreik damit, dass die Cityline-Geschäftsführung in mehrmonatigen Tarifgesprächen keine verhandlungsfähigen Angebote vorgelegt habe. Bei einer Urabstimmung hätten sich 99 Prozent der stimmberechtigten VC-Mitglieder für "unbefristete Streikmaßnahmen" ausgesprochen. Bereits im Juli hatte es Warnstreiks von Cockpit gegeben.

Scharfe Kritik

Lufthansa-Personalvorstand Stefan Lauer hat den 36-stündigen Pilotenstreik der Vereinigung Cockpit scharf kritisiert. Weitere Streiks seien eine Zumutung für die Kunden und schadeten dem Unternehmen, sagte Lauer am Mittwochabend vor Journalisten in Frankfurt am Main. "Dialog ist hier der richtige Ansatz."

Lauer betonte, dass es ein verbessertes Angebot für die Piloten bei der Regionaltochter Cityline gebe. Das Unternehmen sei bereit, direkt mit Arbeitnehmer-Vertretern zu verhandeln oder einen Schlichter anzurufen. Es gebe keinen Grund, in einen Arbeitskampf zu gehen.

Die Vereinigung Cockpit will zunächst bis (zum morgigen) Freitag um 12.00 Uhr mittags streiken und damit mehr Gehalt für das Cockpit-Personal durchsetzen. Cityline ist ein Tochterunternehmen, das für die Lufthansa Verbindungen in Deutschland und Europa anbietet. Der Mutterkonzern mit seinen vielen starkfrequentierten Routen zwischen Drehkreuzen und Interkontinentalverbindungen ist nicht betroffen.

Lufthansa-Manager Lauer sprach sich für eine Diskussion in Deutschland über den Umgang mit konkurrierenden Gewerkschaften aus. Es müsse auch bei Streiks der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gelten. Lauer argumentierte, dass bei Dienstleistungsunternehmen wie der Lufthansa jeder einzelne Streiktag unwiederbringlich verloren sei und nicht wie in anderen Branchen später nachgearbeitet werden könne.

Spartengewerkschaften in der Kritik

Der Personalvorstand bezog sich mit seinem Vorschlag auf kleine Spartengewerkschaften wie die Vereinigung Cockpit, die in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen haben und in Konkurrenz zu den traditionellen Großgewerkschaften stehen.

So setzte die Lokführergewerkschaft GDL in diesem Jahr nach einem einjährigen Arbeitskampf durch, dass sie von der Deutschen Bahn als eigener Tarifpartner anerkannt wird und erreichte deutliche Lohnsteigerungen. Neben der Vereinigung Cockpit und der GDL kann etwa die Gewerkschaft der Flugsicherung mit relativ geringem Aufwand für massive Behinderungen im Verkehr sorgen.

Unabhängig vom jetzigen Pilotenstreik gingen in der vergangenen Woche viele Lufthansa-Beschäftigte am Boden mehrere Tage lang in den Ausstand. Am Freitag schließlich einigten sich der Konzern und die Großgewerkschaft ver.di auf einen Tarifabschluss für etwa 50.000 Mitarbeiter.

(ap)
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