Italien Neuschnee im Wanderparadies

Rund um das Südtiroler Eggental lässt sich fabelhaft bergwandern. Vorausgesetzt, das Wetter spielt mit – von hochgesteckten Zielen und geplatzten Träumen.

Rund um das Südtiroler Eggental lässt sich fabelhaft bergwandern. Vorausgesetzt, das Wetter spielt mit — von hochgesteckten Zielen und geplatzten Träumen.

Die Pläne, mit denen es in den Bergwander-Urlaub ins Südtiroler Eggental ging, waren gefasst — und hochgesteckt. Im Wanderparadies zwischen Schlern, Rosengarten und Latemar, das rund 600 Kilometer Wanderwege und Klettersteige zur Auswahl bietet, sollte es hoch hinaus gehen. Geplant waren Routen im hochalpinen Gelände oberhalb der 2000-Meter-Marke. Auf dem Wanderplan standen beispielsweise eine Rosengarten-Umrundung mit dem 2560 Meter hohen Vajolonpass oder eine Rundwanderung im Latemargebiet mit Überquerung der Gamsscharte (2560 Meter)und Rast im Refugio Torre di Pisa auf 2675 Metern.

Doch feste Pläne für Urlaub in den Dolomiten zu machen, das ist eine Sache, bei der die Natur und ihre Gewalten das letzte Wort haben. Diesmal waren es bis zu 50 Zentimeter Neuschnee, die an zwei Tagen im Spätsommer in den Hochlagen fielen. Zudem lag noch Schnee aus dem in diesem Jahr auch in den Dolomiten lange währenden Winter. Und die Auskunft des Hüttenwirtes der Paolina-Hütte auf 2125 Metern war eindeutig formuliert: "Übers Tschagerjoch oder den Vajolon wollt Ihr? Ohne Steigeisen und Pickel ist da nichts zu machen."

Grenzen, die einem die Natur aufzeigt, sollte man als Bergwanderer beachten. Also galt es, unsere Pläne eine Etage tiefer Pläne zu realisieren. Zum Glück bietet das Südtiroler Eggental dazu viele Möglichkeiten, die ebenfalls herrliche Ausblicke auf die Dolomiten gewähren, die 2009 von der Unesco zum Weltnaturerbe erklärt worden sind und damit als eine der schönsten Berglandschaften der Erde zählen.

So führt eine Tageswanderung von St. Zyprian nahe Tiers auf abwechslungsreichen Pfaden durch Wald und über Almwiesen hinauf auf 1904 Meter zur Hanicher Schweige, einer bewirtschafteten Hütte unmittelbar unterhalb der Rosengartenwände.

Unterwegs lernt der Bergwanderer Menschen wie Rosa Herbst kennen, die Wirtin auf der 1570 Meter hoch gelegenen Plafötsch-Alm nahe Tiers ist. Auf ihrem Bergbauernhof beherbergt sie in fünf Doppelzimmern und einem Mehrbettraum von Mai bis Oktober Feriengäste. In dieser Saison hatte sie andere Sorgen als geplatzte Höhenwanderungen. Wegen der Wirtschaftskrise in Südeuropa blieben vor allem ihre italienischen Gäste Zuhause, die sonst etwa 30 Prozent der Urlauber im Eggental ausmachen. "Die italienischen Familien blieben früher drei bis vier Wochen lang bei uns. Nun kommen sie über ein Wochenende, höchstens für eine Woche", berichtet Rosa Herbst. Sie versteht, dass das Geld für den Urlaub knapp ist. Die Hüttenwirtin sagt: "Überall schließen Unternehmen, Steuern werden erhöht und neue Abgaben eingeführt. Darunter leiden wir auch."

Krisensignale sind auch in der Gemeinde Welschnofen zu erkennen, in der es knapp 2000 Betten für Urlauber gibt. Mitten im Dorf verfallen der ehemalige Gasthof "Krone" und die Pension "Iris". Der Grund liegt in erster Linie in Erbstreitereien. Investiert haben wenige Meter weiter Katja und Christof Fäckl in ihr "Charme-Hotel Friedrich", das ihre Eltern vor 40 Jahren eröffnet und das das junge Ehepaar vor sieben Jahren übernommen hat. 2012 haben die Hotelbesitzer das Haus mit 13 Zimmern, beheiztem Salzwasser-Freibad und Wellness-Angeboten renoviert (Drei-Sterne-Superior). Zusätzliche Zimmer aber haben sie nicht gebaut. "Wir mögen es lieber klein, so dass wir uns persönlich um die Gäste kümmern können", sagt Katja Fäckl.

Zwar ist das Hotel Friedrich meist ausgebucht, doch die Krise spüren auch die Fäckls — zumal Christof Fäckl im Tourismusverband des Eggentals aktiv ist. Er bestätigt: "Das Ausbleiben der Italiener können wir nicht durch Gäste aus anderen Staaten ausgleichen."

Die Probleme der Bergwanderer mit hochgesteckten Tourenplänen sind einige Sonnentage später fast weggeschmolzen. Der Hirzelweg entlang der Rotwand ist ebenso schneefrei wie die Pfade von der Rotwand-Hütte zum Vajolonkessel — da aber ist Schluss: Noch immer liegt der Schnee in den Passagen. Ein Grund, in einem der nächsten Sommer wiederzukommen und die geplanten Touren zu realisieren.

(RP)
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