Marokko Marrakeschs magische Märkte des Südens

Marrakesch, die marokkanische Großstadt am Fuß des Hohen Atlas, bietet kontrastreiche Einblicke: Im Stadtkern liegen ruhevolle Glaubensstätten und belebte Händlerviertel nah beieinander.

Der Weg führt vorbei an hohen Palmen und buschigen Orangenbäumen. Schon nach wenigen Metern durch den symmetrischen Garten liegt sie vor einem: die Koutoubia Moschee, die größte Marrakeschs. Blickpunkt ist das Minarett – der 77 Meter hohe Turm aus grob behauenen Sandsteinblöcken entfaltet seine Wirkung vor allem am Abend, wenn er beleuchtet noch bis in 30 Kilometer Entfernung sichtbar ist.

Am Tag liegt das Wahrzeichen der marokkanischen Stadt zumeist still da. Neben der Koutoubia Moschee spielt lediglich eine Gruppe von Jungen Fußball, ein Einheimischer bietet süße Teigwaren an, die auf er auf einem glänzenden Blech vor sich herträgt, und im umliegenden Garten sitzen vereinzelt Menschen an schattigen Plätzen. Fünfmal am Tag erwacht die Moschee aus dem 12. Jahrhundert zum Leben, wenn der Gebetsruf des Imam aus Lautsprechern dröhnt. Doch nicht nur aus der Ferne wird gebetet: Bis zu 25 000 Menschen passen in die Moschee.

Einige Gehminuten vom Gotteshaus entfernt ändert sich die Umgebung. Statt weitläufigem Gartengelände beginnen dicht bebaute Straßen. Zwischen schlichten, steinernen Wohnhäusern liegen vereinzelt beachtliche Hotels mit Springbrunnen davor. Wer hier entlangschlendert, muss sich vor Rollerfahrern in Acht nehmen, die sich hupend ihren Weg bahnen. Ehe man sich versieht, sind die Straßen enger geworden und scheinen immer wieder in Sackgassen zu enden.

Ohne Fremdenführer wären Touristen verloren, doch wer sich einen gönnt, kann sich gewiss sein, souverän durch das Labyrinth geführt zu werden. Wo die Gassen sich wieder breiter auftun, bieten vereinzelt Händler ihre Waren an: polierte Lampen, bunt gemusterte Teppiche und glitzernden Schmuck. Vor der heißen Sonne schützen an einigen Stellen grün bewachsene Holzgitter. Ähnliche Eindrücke haben vermutlich auch James Stewart und Doris Day gewonnen, als sie vor 56 Jahren den Hitchcock-Film "Der Mann, der zu viel wusste" in dieser orientalischen Umgebung drehten.

Zahlreiche Düfte liegen über dem Gewürzmarkt in der Luft, in den einige der Wege münden. Vor allem die kunstvoll in die Höhe gestapelten Oliven – von hellgrün bis schwarz ist alles dabei – verströmen ihr typisches Aroma. Die Farbenpracht ist aber nur der Vorgeschmack auf das, was die Souks zu bieten haben. In diesem berühmt gewordenen Geschäftsviertel Marrakeschs reihen sich die einheimischen Händler dicht aneinander und verkaufen orientalische Kleidung, Lebensmittel und Andenken in kaum vorstellbarer Fülle. Wer hier kein Souvenir findet, ist selbst schuld.

Nahezu alle mit Holz oder Metallplatten überdachten Gassen führen auf den so genannten Gauklermarkt – den lebhaften Mittelpunkt von Marrakeschs Altstadt. Hier reihen sich weitere Händler aneinander, neben den Affenbändigern, die eigentlich nur freche Affen an den Leuten vorbeijagen, locken die Schlangenbeschwörer ganze Menschentrauben an. Neben Motorrollern kreuzen hier auch Pferdekutschen den Weg.

Den besten Blick auf das geschäftige Treiben auf dem Gauklermarkt haben Touristen von der Dachterrasse des Café de Glacier aus. Die Getränke –von der gekühlten Cola bis zum frisch gebrühten Pfefferminztee – kaufen Gäste am Eingang, danach können sie sich den besten Platz für den spannenden Ausblick aussuchen. Besonders schöne Fotos lassen sich von dem geschäftigen Treiben am frühen Abend machen, wenn die Schatten länger werden.

Die Kontraste, die sich Besuchern im Stadtkern von Marrakesch in Form von ruhevollen Glaubensstätten und lebhaftem Händlerviertel bieten, setzen sich fort, wenn man die Altstadt verlässt. Schon wenige Kilometer hinter der Stadtmauer, von der immerhin noch neun Kilometer übrig geblieben sind, nimmt die Bebauung ab, bis nur noch rötliche Landschaft bleibt, die von Sand und Steinen geprägt ist. Hier und da verweisen kleine Schilder auf luxuriöse Hotelanlagen, die als grüne Oasen in die Ödnis gebaut wurden. Zwei Fahrstunden entfernt liegt bereits die nächste Stadt, die es dank Hollywood zu noch größerer Bekanntheit gebracht hat als Marrakesch: Casablanca.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort