Urlaubsregion Balearen Kann man eigentlich noch nach Mallorca reisen?

Düsseldorf/ Palma · Mallorca gehört zu den beliebtesten Reisezielen der Deutschen. Doch irgendwas ist los auf der Ferieninsel. Schießereien, Hai-Sichtungen, Probleme mit Neonazis und Beschwerden der Einheimischen über die Touristenmassen bringen Unruhe ins Paradies. Jetzt soll ein Touristenlimit die Sache richten.

 Die Strandidylle auf Mallorca wird durch viele Zwischenfälle gestört (Symbolbild).

Die Strandidylle auf Mallorca wird durch viele Zwischenfälle gestört (Symbolbild).

Foto: Pakmor /shutterstock.com

Sommerhitze, Palmen, Party und gutes Essen — das ist es, was die meisten Urlauber mit der spanischen Ferieninsel Mallorca verbinden. Doch die Zeichen im Paradies stehen auf Sturm. Seit Wochen berichten die lokalen Zeitungen von größeren und kleineren Querelen. Die gehören zwar in den Sommermonaten auf der Insel bis zu einem gewissen Grad dazu, dieses Jahr scheint die Situation jedoch zu eskalieren.

Zahlreiche gewalttätige Übergriffe

So wurde ein 45-jähriger Tourist ins Koma geprügelt, nachdem er einer jungen Frau in Bedrängnis helfen wollte. In dem beliebten Urlaubsort Arenal ging ein Mann mit zwei Hämmern auf einen deutschen Landsmann los. Angeblich ohne ersichtlichen Grund soll er ihm mit den Werkzeugen in Nacken und Magen geschlagen haben. Der Täter konnte zunächst flüchten, wurde aber anschließend gefasst. Erst wenige Tage zuvor war ein Tourist in ein Café gestürmt und hatte mit einer Schrotflinte um sich geschossen. Dabei wurden drei deutsche Touristen verletzt.

Die tätlichen Angriffe scheinen dieses Jahr so häufig vorzukommen, dass sich Palmas Bürgermeister Antoni Noguera nach einer großen Prügelei unter deutschen Touristen auf der Ballermannpromenade sogar dazu äußerte: Er wolle zukünftig mehr gegen die Krawalltouristen vorgehen, sagt er. Und: "Der Abschaum, der uns geschickt wird, ist nicht angenehm." Er glaube nicht, dass sich Palmas Bewohner in Berlins Straßen ähnlich verhalten würden, und fordert von den Herkunftsländern mehr Mitverantwortung.

Ganz unberechtigt sind die scharfen Worte des Bürgermeisters nicht. Denn viele der deutschen Touristen geben sich Mühe, ein möglichst schlechtes Bild zu hinterlassen. Deutsche Neonazis brüllten während eines Konzerts der Sängerin Mia Julia "Ausländer raus" und schwenkten die Reichskriegsflagge.

Restaurants auf Mallorca
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3,6 Millionen Fluggäste allein im Juni auf Mallorca gelandet

Auch die Angewohnheit, in Massen in den Sommermonaten einzufallen, kommt bei den rund 100.000 Mallorquinern nicht unbedingt gut an. Es ist ein Rätsel, wie die größte Baleareninsel nach dem Rekordjahr 2016 dieses Jahr dem noch größeren Touristenandrang standhalten will. Allein im Juni landeten auf dem Flughafen von Palma 3,6 Millionen Fluggäste. Das sind acht Prozent mehr als im Vorjahr. Die Maschinen treffen längst im Minutentakt ein. Hinzu kommen die rund 20.000 Tagesgäste, die täglich von Kreuzfahrtschiffen auf die Insel gebracht werden.

Das hat Konsequenzen, und zwar auch für das Stadtbild. Laut "Mallorca Zeitung" kommen die Stadtwerke von Palma im Sommer nicht mehr mit der Müllabfuhr nach. Das führt zu übervollen Containern, die Ratten anziehen. Auch die Qualität des Leitungswassers ist demnach nicht gerade die beste. Die Ursache dafür sind alte Abwasserrohre, die nur nach und nach ersetzt werden.

Kein Wunder also, dass Bürgermeister Noguera sauer ist. Auch die Einwohner von Mallorca — vor allem der Hauptstadt Palma — haben die Nase voll. Bürgervereinigungen wie etwa "Ciutat per qui l'habita" ("Die Stadt für diejenigen, die sie bewohnen") regen sich darüber auf, dass Mallorca zu einem Freizeitpark verkommt. Schon Anfang des Jahres machten sie auf Probleme wie Lärmbelästigung oder steigende Mieten aufmerksam.

So funktioniert das Touristenlimit

Mallorca reagiert gereizt auf die Ameisenkolonien von Touristen. Verbieten kann man die Anreise natürlich niemandem. Noguera hat sich deshalb ein paar Maßnahmen einfallen lassen: Ein Touristenlimit soll die Stimmung auf der Insel besänftigen. Geregelt werden soll es über eine "Bettenbremse": Die Menge der Gästebetten in Hotels und Privatunterkünften soll also nicht mehr erhöht werden. Derzeit wird die Zahl auf 400.000 geschätzt. Mittelfristig könnten aber durch regulierende Maßnahmen sogar bis zu 100.000 Betten auf Mallorca abgebaut werden.

Das neue Tourismusgesetz gilt übrigens auch für Mallorcas Nachbarinseln Ibiza, Menorca und Formentera. Mit dem Gesetz wird aber noch eine andere Bettenzahl reduziert, nämlich jene aus privater Vermietung — die auf Mallorca nicht selten illegal ist.

Privatvermieter, die ohne die notwendige Lizenz Wohnungen, Villen und Landfincas vermieten, müssen mit bis zu 40.000 Euro Strafe und der Zwangsschließung ihres Vermietungsgeschäftes rechnen. Noch höher ist die Strafe für Vermietungen im Internet wie Airbnb oder Homeaway, die sogar mit 400.000 Euro Geldbuße belegt werden können, wenn sie nicht helfen, illegale Vermietungen abzuschaffen.

Ab 2018 soll es außerdem eine Obergrenze für Mietwagen auf Mallorca und Ibiza geben. Konkret ist geplant, in den besucherstärksten Monaten von April bis Mai die Mietwagenzahl zu reduzieren. Wird der Plan umgesetzt, dürfte sich das auf die Besucherzahl auswirken. Erhebungen der Zeitung "Ultima Hora" zeigen nämlich, dass die wenigsten Gäste Ausflüge buchen. Die meisten erkunden die Insel auf eigene Faust. Noch könnte das Vorhaben allerdings scheitern. Denn von den 140 Autovermietungen sollen bislang nur 20 die Zahl ihrer Mietwagen an die Regierung gemeldet haben.

Mallorca - alle Regionen im Überblick
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Wie viel die Touristen von den Maßnahmen wirklich zu spüren bekommen, bleibt abzuwarten. Der erste Vorbote könnte Urlauber allerdings schon bei der Anreise treffen. Bürgermeister Noguera hat vorgeschlagen, ein Alkoholverbot auf Billigflügen einzuführen, damit die Touristen wenigstens zivilisiert auf der Insel einchecken.

Trotz alledem: Mallorca bleibt der Deutschen Liebling. Erst recht, seit Tunesien, Ägypten und die Türkei keine Alternativen mehr sind und die spanische Insel mit einer Flugzeit von 90 Minuten gefühlt vor der Haustür liegt. Sie bleibt eine Art verlängerte Terrasse mit Meerblick. Da stört es dann auch nicht, dass sich inzwischen auch am Strand Handtuch an Handtuch reiht und teils Kilometer zurückgelegt werden müssen, um sich hinzulegen.

Nur eine Sache könnte den Mallorcinern noch wie von selbst in die Hände spielen: Nachdem im Juni schon einmal ein Blauhai nah an die Küste Mallorcas geschwommen ist, verirrte sich im Juli direkt ein zweiter in Strandnähe. Er kam sogar so nah an einen Touristen heran, dass er den Schwimmer mit seiner rauen Haut verletzte. Das Tier wurde letztlich von Jetskis zurück ins offene Meer geleitet.

Ein Ereignis, das — obwohl es sehr selten ist — nicht so nervernstarke Badegäste durchaus auf längere Sicht verunsichern könnte. Schön trinken können sich die Touristen die Hai-Sichtungen jedenfalls nicht mehr, seitdem vermutlich härtesten Verbot für viele: Dem Alkoholverbot auf offener Straße, auf dessen Verstoß seit Anfang des Jahres bis zu 3000 Euro Bußgeld steht.

(ham)
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