Kreuzfahrt Magische Marquesas

Hoch und schroff ragen die Marquesas-Inseln aus dem Pazifischen Ozean. Ihre Landschaften sind mystisch, ihre Krieger stolz und gefürchtet, weshalb das Archipel in der Südsee in der Vergangenheit vor allem Künstler magisch angezogen hat.

 Das Kreuzfahrtschiff „Aranui 5“ vor der Insel Hiva Oa, die zur Südgruppe der Marquesas-Inseln gehört

Das Kreuzfahrtschiff „Aranui 5“ vor der Insel Hiva Oa, die zur Südgruppe der Marquesas-Inseln gehört

Foto: Christiane Neubauer

Die Korbsessel auf dem Achterdeck sind alle besetzt. In den Cocktails der Reisenden klimpern die Eiswürfel, die vom Wellengang sanft gegen das Glas geworfen werden. Wie ein Ball aus glühender Lava hängt die Sonne über dem Horizont. Der Himmel verfärbt sich in jede nur erdenkliche Schattierung von Orange, Lachs, Apricot und Pastellgelb – berührend schön, vielleicht sogar ein bisschen kitschig. Ein Sonnenuntergang aber allemal, der seinen Namen verdient.

Weitere, ebenso unvergesslich schöne Sonnenuntergänge werden folgen. Denn jeden Tag ab 18 Uhr ist Happy Hour in der Bar auf dem Achterdeck der „Aranui 5“ – einem kuriosen Mix aus Fracht- und Passagierschiff, das alle drei Wochen von Tahiti aus abgelegene Inseln im Südpazifik mit Gütern versorgt. Vom Bleistift bis zum Geländewagen, von Aspirin bis zum Kühlschrank. Es gibt ein Containerdeck und im Heck des Schiffes luxuriöse Kabinen. Auch der Service an Bord ist mit dem eines Kreuzfahrtschiffes vergleichbar.

Eine Reise mit der „Aranui 5“ zählt wohl zu den exotischsten Kreuzfahrten überhaupt – und damit ist nicht nur die „Exotik“ des Schiffes gemeint, vielmehr die Route. Denn die führt von Papeete, der Hauptstadt Tahitis, über das Tuamoto-Atoll bis zu den Marquesas, einem Archipel, das in der schier endlosen Weite des Pazifiks liegt. Nur sechs der Inseln sind bewohnt. Angeblich ist kein besiedelter Ort der Erde weiter vom Festland entfernt.

Auch wenn die „Aranui 5“ in erster Linie ein Frachter ist: Auf Annehmlichkeiten muss während der zwölftägigen Fahrt niemand verzichten. Alle Kabinen sind im Kolonialstil eingerichtet, die der höheren Kategorie sind sogar richtig geräumig, einen Balkon gibt es auch. Das Schiff verfügt über Pool und Sonnendeck, Boutique und Fitnessraum sowie über ein Spa. Doch im Gegensatz zu einem „normalen“ Kreuzfahrtschiff, das im Schnitt rund 3000 Menschen beherbergt, haben auf der „Aranui 5“ maximal 250 Gäste Platz. Und noch eine Besonderheit: Die Crew besteht – den deutschen Guide ausgenommen – ausschließlich aus Einheimischen, so wie Kailua Pureni, die morgens mit den Frühaufstehern auf dem Sonnendeck Yoga macht. Neben der Amtssprache Französisch spricht Kailua fließend englisch – so wie der Rest der Crew, mit der man deshalb leicht ins Gespräch kommt. Am Morgen des vierten Cruisetages erreicht die „Aranui 5“ Nuku Hiva, die größte und bevölkerungsreichste Insel der Marquesas. Rund 2700 Einwohner leben hier, die meisten in der „Hauptstadt“ Taiohae. Hier wird das Schiff bereits sehnsüchtig erwartet. Die Mole ist voller Menschen.

Während das Schiff entladen wird, geht es für die Passagiere ins Inselinnere, wo – versteckt im dichten Nebelwald – bedeutende ehemalige Kultstätten der alten Polynesier liegen. Dort „begegnen“ den Reisenden die ersten Tikis. Das sind in Stein gehauene Götterfiguren, die mit ihren überdimensionalen Köpfen, ihren Glubschaugen und platten Nasen wie Außerirdische aussehen. Im Schatten eines riesigen Banyan-Baums wartet eine Folkloregruppe, die mit so viel Inbrunst trommelt, singt und tanzt, dass die gigantischen Luftwurzeln des Banyans scheinbar vibrieren.

 Diese weiße Kirche steht auf der Insel Fatu Hiva im Dorf Hanave vor malerischer Bergkulisse.

Diese weiße Kirche steht auf der Insel Fatu Hiva im Dorf Hanave vor malerischer Bergkulisse.

Foto: Christiane Neubauer

Von allen Inseln bleibt Nuku Hiva als die geheimnisvollste, ja gar schaurigste in Erinnerung. Jede Insel ist auf ihre ganz eigene Art einzigartig, sodass die Marquesas von jeher Entdecker und Künstler magisch angezogen hat. „Man fühlt es fast wie einen Schmerz, so vollkommen ist die Schönheit.“ Diesen Satz notierte der amerikanische Schriftsteller Jack London („Der Seewolf“) nach einem Aufenthalt im Jahr 1907.

Mehr als 50 Jahre später besuchte der schottische Autor Robert Louis Stevenson („Die Schatzinsel“) die Marquesas. In seinem Buch „In der Südsee“ beschreibt er auch den gewaltigen Banyanbaum, der für die Aranui-Passagiere heute noch als Kulisse für traditionelle Tanzvorführungen dient.

Die Insel Hiva Ova wurde bis weit über die die Grenzen Französisch-Polynesiens hinaus bekannt, weil sich dort zwei VIPs der jüngeren Geschichte häuslich niederließen: der französische Maler Paul Gauguin – seine farbenfrohen Gemälde von Südsee-Schönheiten machten ihn weltberühmt - und der belgische Chansonier Jacques Brel. Beide haben ihre letzte Ruhestätte auf dem Friedhof des Dorfs Atuona gefunden. Brels ehemaliges Haus in Atuona ist heute ein Museum und zugleich eine Pilgerstätte für seine Fans. Gleich nebenan liegt das Paul-Gauguin-Museum, das an den Maler erinnert, und in dem Repliken seiner berühmtesten Gemälde ausgestellt sind.  

Und dann gibt es noch Fatu Hiva.  In den Augen vieler ist das die spektakulärste Insel der Marquesas. Steile mit tropischem Regenwald bewachsene Basaltkegel prägen die Landschaft. Die Küste ist nur an wenigen Stellen zugänglich, die „Aranui 5“ ist die einzige Verbindung zur Außenwelt. Die rund 500 Einwohner leben vom Verkauf von Kopra, so nennt man das getrocknete Fleisch der Kokosnuss, aus dem Palmöl gewonnen wird. Hier können sich die Passagiere auch noch mal mit Souvenirs eindecken, etwa mit handbemalten Pareo-Wickelröcken oder mit Monoi, einem Kokosnussöl, das mit dem Duft von Tiara-Blüten, Vanille oder Sandelholz parfümiert wird.

Von Fatu Hiva aus macht sich die „Aranui 5“ auf den Rückweg. Fregattvögel begleiten das Schiff hinaus auf den Pazifik. Wie jeden Abend treffen sich die Passagiere ab 18 Uhr zur Happy Hour auf dem Achterdeck. Eiswürfel klirren in den Cocktail-Gläsern. Jeder Korbsessel ist besetzt. Denn nirgendwo an Bord kann man einen Tag in den Tropen genüsslicher ausklingen lassen.

Die Recherche wurde von Aranui Cruises und Air Tahiti Nui unterstützt.

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