Antarktis-Kreuzfahrt Begegnungen im Eis

Unsere Autorin hat eine ganz besondere Kreuzfahrt gemacht – auf den Spuren historischer Expeditionen über Südgeorgien in die Antarktis.

 Das Hurtigruten-Expeditionsschiff unterwegs zwischen Eisbergen

Das Hurtigruten-Expeditionsschiff unterwegs zwischen Eisbergen

Foto: Rainer Hamberger

Auf Deck ist es still geworden. Wir nähern uns Elephant Island. Gut erkennbar auf Point Wild das Denkmal für Kapitän Luis Prado. Mit seinem Schiff Yelcho rettete er von Südgeorgien kommend die Männer von Shackletons Unternehmen, welche auf dem zu den Süd­shetland-Inseln gehörenden Eiland Zuflucht fanden. Dramatisch verlief Shackletons transantarktische Expedition. Als er 1914 England mit der „Endurance“ und 27 Mann Besatzung verlässt, ist der Südpol bereits von dem Norweger Roald Amundsen erobert. Ziel des Engländers ist es, als Erster den antarktischen Kontinent zu durchqueren.

Gerade mal zehn Tage sind vergangen, seit die MS Fram im chilenischen Punta Arenas in Richtung Antarktis ablegte. Die mehr als 1000 Kilometer lange Drake-Passage erweist sich als erträglich. Dort, wo Pazifik und Atlantik aufeinandertreffen, kann der Reisende einen „Drake-Shake“ oder „Drake-Lake“ erleben. Eine Urwelt erwartet den Antarktik-Reisenden. Abwechselnd sind Inselgruppen zum Greifen nah. Dann wieder zieht sich die Landmasse weit zurück, Eisberge begleiten das Schiff. Wale blasen und Sturmvögel ziehen ihre Kreise. Ohne diese Urtöne und das gleichmäßige Brummen des Schiffsmotors: die Stille wäre beinahe unerträglich.

Aufregung herrscht am Informations-Punkt. „Habt ihr schon die Neuigkeiten gelesen? Sie haben in 3000 Meter Tiefe die „Endurance“ gefunden.“ Ein besonderer Moment für die Reisenden, dass diese Nachricht von Shackletons gesunkenem Schiff sie gerade hier vor Südgeorgien erreicht.

 Wertvolles Gut: Eine Königspinguin-Mama hütet ihr Ei.

Wertvolles Gut: Eine Königspinguin-Mama hütet ihr Ei.

Foto: Rainer Hamberger

Die MS Fram ankert im Drygalski-Fjord an der Südspitze. Geologisch ist die Insel ein Bruchstück des südamerikanischen Kontinents. Politisch gehört sie zu Großbritannien. Die erste Anlandung mit dem Tenderboot in Jason Harbour ist nass. Gut ausgestattet, mit stabilen Gummistiefeln, Regenhose und wasserdichter Jacke, kein Problem. Im hohen Tussock-Gras verstecken sich junge Pelzrobben. Und dann stehen wir vor diesem wohl einmaligen Schauspiel: Das Geschnatter ist unüberhörbar, dazwischen fiept der Nachwuchs. Mehrere Hunderttausend Königspinguine sind in der Kolonie versammelt. Goldfarbene Federn am Hals der kunstvoll gezeichneten Tiere leuchten in der Sonne. Braune Flauschfräckchen befinden sich gut versteckt zwischen den Eltern. Oft sind es „Halbstarke“, welche sich unter die menschlichen Besucher mischen. Plötzlich hievt sich ein kolossaler Seeelefant aus der Brandung. Die Trennung fällt uns schwer. Doch es bleibt immer nur ein gewisses Zeitfenster. Schließlich sollen die Tiere wieder ihre Ruhe haben.

 Buckelwale begleiten das Zodiacboot.

Buckelwale begleiten das Zodiacboot.

Foto: Rainer Hamberger

„Bis 1966 wurde hier in Grytviken Walfang betrieben“, Sam, der Expeditions-Leiter, deutet auf die vor sich hin rostende Anlage. Überdimensionierte Brennöfen, Förderbänder und Tranbehälter geben Zeugnis der unrühmlichen Vergangenheit, die beinahe zur Ausrottung nicht nur von Walen führte. Heute haben sich die Tierbestände wieder gut erholt.

Von Südgeorgien startete Shackleton seine Rettungsaktion. 100 Jahre später stehen wir an der Stelle, wo er auf Wunsch seiner Ehefrau nach einem Herzinfarkt seine letzte Ruhe fand. Nur manchmal unterbrochen von Expeditions-Reisenden, die hier auf sein Wohl das Glas heben neben Pelzrobben, die zwischen den Gräbern spärliche Sonnenstrahlen genießen.

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