Kunstfreunde strömen nach Wien Gustav Klimt löst Kampf der Museen aus

Wien · Wien feiert einen seiner erfolgreichsten Söhne: 2012 wäre Gustav Klimt 150 Jahre alt geworden. Kunstfreunde aus aller Welt werden vor seinem berühmten Gemälde "Der Kuss" anstehen. Oder vor vielen anderen Toren. Um Klimt ist ein Wettstreit der Museen ausgebrochen.

Auf zum Kuss – Wien feiert Gustav Klimt
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Angesichts der hohen Künstlerdichte gibt es in Österreich fast jedes Jahr etwas zu feiern. Mal kleiner, mal größer. Und in diesem Jahr: sehr groß. Auch der Schriftsteller Arthur Schnitzler hätte 2012 seinen 150 Geburtstag gefeiert. Aber der Reigen wird um Gustav Klimt (1862-1918) eröffnet. Einer der Wegbereiter der Moderne hat, obwohl schon lange tot, eine große Aufgabe: Mit seinem Jubiläumsjahr sollen Tourismus-Rekorde gebrochen werden. Die Chancen dafür stehen gut - es gibt neun Sonderausstellungen.

Über allem thront der "Kuss", jenes Klimt-Gemälde, das Millionen Menschen in aller Welt in seinen Bann zieht, seitdem es 1908 zum ersten Mal gezeigt wurde. Es weckt, seit einiger Zeit rot gerahmt, die Wehmut, die Erinnerung, die Sehnsucht nach Liebe. Und es ist weitgereist, nach Ausstellungen in Australien und der Schweiz im vergangenen Jahr steht es nun wieder an seinem angestammten Platz im Belvedere. Wer nicht mit Fremden davor stehen möchte, für den gibt es ein Spezialangebot eines Hotels, das bei Buchung eines Zimmers auch zehn Minuten "Kuss"-Betrachtung, "völlig ungestört", beinhaltet.

Alle Wiener Museen, so scheint es, haben gründlich in ihren Archiven gestöbert, ein Wettstreit ist ausgebrochen - wer hat mehr Klimt-Werke? Fünf Gemälde, darunter die weltberühmte "Adele Bloch-Bauer I", besser bekannt als "Goldene Adele", mussten an die rechtmäßigen Erben in den USA zurückgegeben werden, aber es ist immer noch ausreichend Klimt da. "Obszön" und "pornographisch" fanden seine vielen Kritiker die Bilder des Skandal-Malers. Heute zieren seine Werke Seidenschals, Kaffeetassen, Kalender, Marmeladengläser und im Jubeljahr gibt es sogar einen Klimt-Sekt.

Wie viele Genies musste Klimt seine Heimat erst einmal verlassen, um den Lieben daheim sein Talent zu beweisen. In Rom und Paris feierte man ihn, während sich die Wiener noch über seinen neuartigen Malstil mokierten.

Wer sich auf Spurensuche durch Wien begibt, landet meist zuerst am Gebäude der Secession. 1897 gründeten Gustav Klimt, Koloman Moser, Josef Hoffmann, Joseph Maria Olbrich und andere die "Wiener Secession" als Abspaltung vom Wiener Künstlerhaus. Sie hatten genug vom vorherrschenden Konservatismus und am Historismus orientierten Kunstbegriff. In jungen Jahren hat Klimt ihm treu gedient - später wurde er nicht mehr so gern an seine wunderschönen Deckengemälde im Burgtheater erinnert. 2012 stehen sie wieder im Mittelpunkt.

Die Villa am Stadtrand, in der sich Klimts Atelier befindet, wird gerade restauriert, die Wiedereröffnung wurde mehrfach verschoben, nun ist sie für den Herbst geplant. Dann ist der offizielle Geburtstag - der 14. Juli - längst vorbei, aber Wien hat schließlich das gesamte Jahr zum Jubeljahr ausgerufen. Da muss auch für den Herbst und Winter noch etwas übrigbleiben.

Die weltweit größte Sammlung besitzt das Belvedere, hier wird Klimt 2012 mit dem kongenialen Architekten und Designer Josef Hoffmann präsentiert. Die intensive Zusammenarbeit sollte ein Leben lang andauern. Das Kunsthistorische Museum beschäftigt sich mit der mittleren Schaffensperiode Klimts in den Jahren 1886 bis 1897, präsentiert 13 Gemälde und Vorzeichnungen für das große Treppenhaus im Kunsthistorischen Museum.

Weitere Ausstellungen gibt es unter anderem in der Albertina. Das Museum für angewandte Kunst MAK widmet den Entwürfen Klimts für das Mosaik im Speisesaal des Palais Stoclet eine eigene Ausstellung. Das Künstlerhaus zeigt Dokumente, Briefe und Fotos aus seinem Archiv und dokumentiert damit das Leben des Malers, der bis 1897 hier Mitglied war. Auch das Österreichische Museum für Volkskunde macht mit beim Klimt-Reigen und zeigt leuchtende Stickereien, zarte Spitzen und Stoffe mit Jugendstilornamenten aus dem Nachlass Emilie Flöges.

Emilie Flöge war, wie es heute von Museumsführern ein wenig geziert erklärt wird, Klimts "Lebensmensch". Was wäre ein Künstler ohne die Liebe - bis heute wird in Wien gerätselt, wie viele Frauen und in der Folge Kinder Gustav Klimt hatte, offiziell gab es einen anerkannten Sohn, aber darüber hinaus viele Gerüchte. Denn ein Kind der Traurigkeit war er nicht, der Maler im berühmten Kittel soll viele Affären mit seinen Modellen gehabt haben. Flöge betrieb mit ihrer Schwester Helene den von Josef Hoffmann im Jugendstil entworfenen Haute Couture-Salon "Schwestern Flöge" in der Mariahilfer Straße. Leider ist der Salon nicht mehr erhalten.

Aber wenn man schon in Wien ist, ist Träumen erlaubt: Hier in diesem Salon gingen die Reichen und Wichtigen ein und aus, ein Marktplatz für Tratsch und Klatsch. In der Stadt der Gerüchte und des Klatsches, die damals wie heute liebevoll und innig gepflegt werden, bespricht man das am besten bei Kaffee und Kuchen. Natürlich gibt es im Jubel-Jahr eine "Klimt-Torte" und einen "Klimt-Guglhupf".

(dpa)
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