Neuseeland Von der Hölle in den Himmel

In Neuseeland stoßen die Indo-Australische und die Pazifische Kontinentalplatte aufeinander. Die Maori nutzen die dort freigesetzten ungebändigten vulkanischen Urkräfte seit Jahrhunderten. Ein spektakuläres Naturerlebnis für Touristen

 Es ist ein himmlisches Vergnügen, über den Tongariro Nationalpark mit seinen drei aktiven Vulkanen zu fliegen.

Es ist ein himmlisches Vergnügen, über den Tongariro Nationalpark mit seinen drei aktiven Vulkanen zu fliegen.

Foto: Michael Juhran

„Das muss die Pforte zur Hölle sein“, entfuhr es George Bernhard Shaw, als er 1934 Tikitere, das geothermisch aktivste Gebiet Rotoruas, besuchte. Die siedend heißen Quellen und Seen, unablässig blubbernde Schlammlöcher und der beißende Geruch von Schwefelwasserstoff speienden Fumarolen regten die Fantasie des bekennenden Atheisten an. Gern übernahmen die lokalen Maori seine einprägsamen Begriffe für die geothermischen Spots, wie „Hell’s Gate“ oder „Sodom und Gomorrha“, unter denen ihr 700 Jahre altes Heiligtum schnell Weltbekanntheit erlangte. Jährlich zieht die „Pforte zur Hölle“ seither Tausende Touristen aus aller Welt an, die durch den 20 Hektar großen Park wandern.

Seit Jahrhunderten nutzen die Maori das heiße Wasser zum Kochen und Heizen oder einfach für ein warmes Bad. Der mineralhaltige Schlamm heilt Arthritis und Hautkrankheiten. Maori-Krieger sollen in der Vergangenheit ihre Wunden unter dem Kakahi-Warmwasserfall gereinigt haben, nachdem sie anderen Stämmen Lebensmittel oder Frauen geraubt hatten. Heute sind es Touristen, die ihr Wohlbefinden im Mineralbad revitalisieren. Und dies völlig entspannt, denn die letzte bedeutende Eruption innerhalb der Rotorua-Caldera ist 240 Tausend Jahre her.

Nahe Rotorua erstreckt sich das Vulkantal von Waimangu über rund fünf Kilometer. Läuft man vom Besucherzentrum bis zum See Rotomahana hinunter, passiert man mit dem „Bratpfannensee“ die größte Heißwasserquelle unseres Erdballs, wird am „Inferno Crater Lake“ vom intensiven Blau seines Wassers entzückt und entdeckt in den Flussläufen Bakterienkulturen in einem bezaubernden Farbenreichtum.

Eine Autostunde weiter südlich weist am „Lake Taupo“ auf den ersten Blick nichts auf eine Naturkatastrophe der Superlative hin. „Vor etwa 26.500 Jahren kam es hier zur weltweit stärksten Eruption der letzten 70.000 Jahre Erdgeschichte, die ganz Neuseeland mit einem Ascheteppich bedeckte“, erklärt Kapitän Peter Battell während einer Segeltour auf dem größten See des Landes. Die Caldera füllte sich mit Wasser und bildet nun den nördlichen Teil des Sees. „Nur sechs bis zehn Kilometer unter uns befindet sich eine riesige Magmakammer“, fügt Peter hinzu, während er Pizza und Bier an seine Gäste verteilt.

Eine weitere Autostunde gen Süden offenbart sich die vulkanische Geschichte Neuseelands in ihrer ganzen Dramatik. Im Herzen der Nordinsel ragen die aktivsten Vulkane des Landes in den Himmel. Schon von weitem dominiert der perfekt kegelförmige Mount Ngauruhoe die Landschaft. Im Herbst tauchen Toetoe- und Pampasgräser sowie purpurfarbenes Heidekraut die Gegend in einen beeindruckenden Farbkontrast. Der Tongariro-Nationalpark ist der älteste Neuseelands und gehört aufgrund der dort liegenden heiligen Maori-Stätten sowohl zum Weltkultur-, wie auch zum Weltnaturerbe der Unesco.

Am Rande des Nationalparks bietet Pilot Bhrent Guy Besuchern Rundflüge an. Er hat die Feuerspucker bereits mehrfach in Aktion beobachtet. „1996“, erinnert er sich, „dauerte eine Eruptionsperiode des Mount Ruapehu ganze acht Wochen.“ Es ist ein himmlisches Abenteuer, aus der Vogelperspektive die drei aktiven Vulkane Tongariro (1968 Meter), Ngauruhoe (2291 Meter) und Ruapehu (2797 Meter) zu betrachten.

Eine fantastische Berglandschaft tut sich neben und unter der kleinen Cessna auf. Vulkankegel, pfannenfömige Caldera-Regionen und von Gletschern geschliffene Täler wechseln sich mit gelbgrünen und blauen Bergseen ab. Auf schmalen Pfaden sind Wanderer inmitten der gewaltigen Bergwelt auf der „Tongariro Crossing“ unterwegs – mit 20 Kilometern Länge und 2000 Höhenmetern auf und ab ist sie die „Königsroute“ im Nationalpark.

Nach dem anspruchsvollen Höhenweg bietet der Abel Tasman Nationalpark echte Abwechslung. An der nordwestlichen Spitze der Südinsel lässt es sich auf dem Coast Track zwar auch gut wandern, doch dank verschiedener Tourenanbieter gibt es für die einzelnen Streckenabschnitte abwechslungsreiche Alternativen per Kajak, Segelkatamaran oder Fähre. Traumhafte Lagunen, seichte Badestrände und faszinierende Granitbögen vermitteln ein Gefühl, als sei man von der Hölle im Himmel gelandet.

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