Kenia Ron Woods einsames Afrika

Der Tana River mündet in den Indischen Ozean. Sein Delta ist eines der unbekanntesten Schutzgebiete Kenias, wo ein umso bekannterer Rolling Stone regelmäßig seine Auftritte hat - nicht auf der Bühne, sondern als Umweltschützer und Tourist.

 Früher zog das halbnomadische Hirtenvolk der Orma mit seinen Rindern über die Flussauen im nördlichen Kenia. Heute sind die Orma sesshafter geworden.

Früher zog das halbnomadische Hirtenvolk der Orma mit seinen Rindern über die Flussauen im nördlichen Kenia. Heute sind die Orma sesshafter geworden.

Foto: Martina Katz

"Ron Wood kommt regelmäßig hierher. Die letzten Male sogar mit ein und derselben Frau", sagt Richard Corcoran und lacht. Ob der Gitarrist der Rolling Stones dann barfuß durch die einsame Dünenlandschaft des kenianischen Lower Tana River Deltas spaziert, in einem der Sandsegler über den Strand saust oder gleich alle sechs offenen First-Class-Treibholzbungalows mietet und den 360-Grad-Blick auf die Flusslandschaft und das Meer genießt, verrät der Chef des Delta Dunes Camp nicht. "Wir wollen die Privatsphäre respektieren."

Das Lower Tana River Delta liegt in der nördlichen Küstenregion Kenias, vier Autostunden von der Hafenstadt Mombasa entfernt. Rund 50.000 Hektar misst das Schutzgebiet an der Formosa Bucht. Ein kommunales Land, das noch immer Eigentum der ansässigen Volksgruppen der Orma und Pokomo ist. Die Landschaft aus Dünen, Mangroven, Mangohainen, Palmen-Savannen, Sumpfwiesen und Lagunen passt sich den Flutungen des Tana Flusses und dem Gewirr seiner Arme an. Flusspferde schnaufen im Wasser, Manchmal stampfen afrikanische Elefanten oder Büffel durch den Busch. Wer Glück hat, sieht Tana-Stummelaffen in den Bäumen turnen.

Im Dorf Mbelezoni, mit fast 300 Menschen aus 50 Familien eines der größeren von zwei Dutzend Dörfern im Schutzgebiet, verlässt Dhahabu am nächsten Morgen erstmals seit gut einem Monat ihre Lehmhütte. Die Pokomo-Frau trägt ihre schönste Kanga, ein Wickeltuch mit großen gelben Blumen bedruckt. Im schwarzen Haar stecken neonfarbene Spangen. An den Ohren hängen goldene Ringe. Schwarze Linien aus Lampenruß zieren ihr Gesicht. Die Schar Frauen, die Dhahabu umringt, klatscht ausgelassen in die Hände. Sie singen lauthals das traditionelle Lied einer jungen Mutter. "Damit feiern wir meine Rückkehr in die Gemeinschaft", ruft Dhahabu lachend. Wie es die Tradition verlangt, blieb die 19-Jährige nach der Geburt ihres Babys 40 Tage lang allein in ihrer Hütte und versorgte das Kind.

Seit dem 17. Jahrhundert leben die Pokomo an den fruchtbaren Ufern des Tana River. Die Bauern und Fischer nutzen dessen Flutungszyklen und bewässern so ihre Maisfelder und Mangobäume, fischen Wels und Lungenfisch. Zum Delta Dunes Camp, der einzigen Lodge in der Region, pflegen sie eine freundschaftliche Beziehung. Kein Wunder, trägt sie doch zu deren Lebensunterhalt bei: als Arbeitgeber für den einen oder anderen Dorfbewohner, als Abnehmer lokaler Produkte wie Honig oder Mangos und als Partner im Lower Tana Delta Conservation Trust, über den die Dörfer einen 20-Prozent-Anteil an der Lodge halten. Zudem überwacht man gemeinsam mit zwölf Rangern die Tierbestände, bekämpft Wilderei und sorgt für den Erhalt des wertvollen Ökosystems. Eine Herzenssache, die auch der Rolling Stone Ron Wood unterstützt. Seit über 25 Jahren setzt sich der Brite für den Tierschutz in Kenia ein. Im vergangenen Jahr machte er gemeinsam mit dem Staatspräsidenten auf die Wildereiproblematik aufmerksam, als die Stoßzähne von mehr als 6000 illegal getöteten Elefanten verbrannt wurden.

Auf Luxussafari durch Afrika
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Foto: dpa, may

In Dhahabus Dorf gehen die Frauen langsam wieder zur Tagesordnung über. Sie hocken sich auf den Sandboden, stampfen Mais und kochen daraus Ugali, einen Brei - Kenias Nationalgericht. Im Nachbardorf Marafa, nicht einmal einen Kilometer entfernt, tanzt die Orma derweil den Hole-Tanz, bei dem jeweils eine Frau unter dem Jubel der anderen möglichst hoch in die Luft springt. Früher zog das halbnomadische Hirtenvolk mit seinen bienenkorbförmigen Stohhütten über die Flussauen, um seine Rinder zu weiden. Inzwischen sind die Moslems sesshafter geworden. Die Hütten sind aus Lehm, neben der Rinderzucht baut man Mais, Bohnen und Tomaten an.

Doch das friedliche Nebeneinander der Volksgruppen war nicht immer so. Vor sechs Jahren stritten sich die Dörfer dermaßen heftig, dass Menschen zu Tode kamen. Wahrscheinlich waren Wasser- und Weiderechte ein Grund. Denn seit der Tana den ständig wachsenden Wasser- und Strombedarf in Kenias Städten stillt und gigantische Plantagen im Oberlauf zunehmend Wasser abzapfen, wird das kostbare Gut im Delta knapp. Heute aber wissen die Dörfer, dass sie an einem Strang ziehen müssen, wenn sie weiterhin in ihrer Heimatregion leben wollen. Das Delta Dunes Camp hilft ihnen dabei.

Die Redaktion wurde vom Kenya Tourism Board zu der Reise eingeladen.

(RP)
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