Ungewöhnlicher Urlaub Live-Stream aus dem New Yorker Knast-Zimmer

New York · In New York bietet ein Künstler eine Schlafmöglichkeit für einen Dollar die Nacht an. Der Haken: Die Besucher schlafen in einer Zelle - und eine Webcam überträgt per Live-Stream was sie tun. Drei Stunden des Tages müssen sie in der kleinen Box verbringen, ohne Ablenkungsmöglichkeit. Aber was tun sie dann?

 Das ist die Zelle für Gäste in der Wohnung des New Yorker Künstlers Miao Jiaxin.

Das ist die Zelle für Gäste in der Wohnung des New Yorker Künstlers Miao Jiaxin.

Foto: Miao Jiaxin

Eine Toilette, eine Pritsche, ein Waschbecken und 2,40 Meter in die Länge mal 1,80 in die Breite, das ist alles, was Urlauber bei Miao Jiaxin zur Verfügung haben. Die kleine Zelle steht auf dem Dachboden des chinesischen Künstlers in New York. Wer hier übernachten will, der zahlt nur einen Dollar und bucht ganz modern über Miaos Facebook-Seite. Die Regeln allerdings, die mit dem Projekt "Zelle sucht Gefangenen" einhergehen, sind ebenso modern, eigen - oder auch retro - das kommt auf die Perspektive an.

Denn jeder Gefängsnisinsasse wird gefilmt und das 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Spannend wird das vor allem zwischen 9 Uhr morgens und 12 Uhr mittags Ortszeit. Dann dürfen die Bewohner weder den Käfig verlassen, noch ihr Handy benutzen, lesen oder schlafen. Auch Musikinstrumente, sprechen oder Sport sind verboten. Wer gegen diese Regeln verstößt, muss 100 Dollar Strafe zahlen.

Was die Urlauber dann tun, hält Miao auf seiner Webseite zusätzlich zum Live-Stream fest. Manche stehen einfach nur da. Wechseln hin und wieder die Position. Sie betrachten sich im Spiegel. Ziehen sich um. Hängen sich an die Gitterstäbe. Warten. Drei Stunden lang. Einfach auf das Ende. Nur wenige trauen sich in dieser Zeit die Toilette zu benutzen. Kein Wunder. Die gesamte Internet-Gemeinde kann zu sehen. Andere, versuchen Entertainment auf niedrigstem Niveau:

Mindestens zwei, maximal fünf Tage dürfen die Freizeit-Insassen in der ungewöhnlichen Unterkunft nächtigen. Eine zusätzliche Toilette mit abschließbarer Tür gibt es natürlich auch.

Die Gefängniszelle für einen Dollar ist nicht Miaos erstes aufsehenerregendes Projekt. Der Künstler schockt sein Publikum gerne auf die ein oder andere Art. Dafür ging er auch schon nackt durch die New Yorker Straßen, und ließ sich in einem Koffer von seiner Mutter durch die Stadt rollen. Sein Thema, wie er selbst auf seiner Internetseite schreibt ist die "urban angst" - diese Unsicherheit in den schnellen und großen Metropolen wie New York, in denen die Menschen oftmals nur noch nebeneinanderher leben. Eingespannt in einen festen Takt, dominiert von ihren elektronischen Geräten.

In Miaos Zelle allerdings gibt es kein Entrinnen vor dem eigenen Ich. Zumindest für drei Stunden.

(ham )
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