Kuba Havannas Geschichte ist lebendig

Für Kuba könnten demnächst neue Zeiten anbrechen. 2018 will Präsident Raul Castro zurücktreten. Ein Besuch des alten Havannas - mit Chauffeur.

Havanna - Rhythmus, Zigarren und bunte Autos
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Havanna - Rhythmus, Zigarren und bunte Autos

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Foto: shutterstock/ Kamira6

Mit seinem Stiernacken und seinem kahlgeschorenen Schädel erinnert Alexis stark an den Schwergewichtsweltmeister George Foreman. Doch Alexis ist kein Boxer, sondern Taxifahrer in Kubas Hauptstadt Havanna. Weil Alexis auch das Lächeln des amerikanischen Faustkämpfers teilt, ist es nicht schwer, mit ihm einen anständigen Preis auszuhandeln. Für 40 Kubanische Peso (umgerechnet etwa 34 Euro) steht er mit seinem grünen amerikanischen Dodge Turbo aus den vorrevolutionären 40er Jahren einen halben Tag als Chauffeur zur Verfügung.

Zuerst geht es zur Finca Vigía, dem ehemaligen Domizil des Literaturnobelpreisträgers Ernest Hemingway. Das Anwesen liegt etwa zwölf Kilometer entfernt vom Stadtzentrum Havannas. Auch eine preisgünstige Fahrt mit dem Bus ist möglich, aber anstrengend und zeitraubend. Da ist es in Alexis' Dodge doch bequemer, auch wenn der Wagen einen ziemlichen Krach macht und es im Innenraum nach Benzinabgasen riecht. Die Einfahrt zu Hemingways Haus, in dem er bis kurz vor seinem Tod 1961 gelebt hat, wird bewacht von einem kubanischen Wachmann in Uniform, der uns freundlich begrüßt, anschließend fünf Peso (vier Euro) Eintritt kassiert und unser Nummernschild notiert.

Auf Castros Spuren durch Kuba
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Auf Castros Spuren durch Kuba

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Foto: dpa

Alexis fährt die schmale baumbewachsene Zufahrt hoch fast bis vor die Haustür. Ins Haus darf man nicht. Aber: Praktisch jeder Raum ist durch offene Türen oder Fenster gut einzusehen. Die Zimmer sind in so gutem Zustand, dass es nicht überraschen würde, wenn der Nobelpreisträger selbst mit Pfeife im Mund gleich auftauchen würde, um die lästigen Touristen zu verscheuchen. In seinem Arbeitszimmer steht die schwere, schwarze Corona-Schreibmaschine, auf der er hier Werke der Weltliteratur geschrieben hat, wie "Der alte Mann und das Meer".

Böse Zungen behaupten, dass Hemingway während seines Aufenthalts in Kuba ohnehin mehr Zeit in den Bars von Havanna verbracht hat als an seinem Schreibtisch. Seine beiden Lieblingskneipen waren das El Floridita und das Dos Hermanos. Zumindest das Dos Hermanos, das direkt am Hafen Havannas liegt, sieht auch heute noch aus wie eine Bar. Und mit etwas Phantasie und einem starken Drink vor sich, hat man sich schnell ausgemalt wie Hemingway hier trinkend und schweigend seine Tage verbracht hat. Heute wird die Bar hauptsächlich von Touristengruppen frequentiert. Der Barkeeper mixt, eine lange Reihe eisgefüllter Gläser vor sich, gleichzeitig dutzende Daiquiris oder Mojitos, lässt sich dabei geduldig fotografieren und scheucht auch mal seine Kellnerkollegen aus dem Weg, damit diese den knipsenden Touristen nicht im Bild stehen.

Oldie-Atmosphäre auf Havannas Straßen
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Oldie-Atmosphäre auf Havannas Straßen

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Foto: Shutterstock/Kamira

Nur ein paar Schritte vom Dos Hermanos ist die Anlegestelle für US-amerikanische Kreuzfahrtschiffe, die seit Mai 2016 wieder in Havanna ankern dürfen. Der nächste Halt im grünen Dodge ist der Friedhof Cementerio Cristóbal Colón, ein riesiger katholischer Friedhof in Havanna - ein vor allem in der blauen Stunde vor Sonnenuntergang magischer Ort. Jeder Besucher oder jede Gruppe bekommt am Eingang, nach Zahlung von fünf Peso, einen eigenen Führer. Denn schon mancher Tourist hat sich auf dem fast 60 Hektar großen Gelände des drittgrößten Friedhofs der Welt hoffnungslos verlaufen.

Auf keiner Havanna-Tour darf das Capitolio Nacional fehlen. Dort endet auch die Tour mit Alexis. Der weiße Kuppelbau aus Kalksandstein, dem Capitol in Washington nachempfunden, ist Wahrzeichen Havannas und Fotomotiv Nummer eins. Zudem bekommt man in seiner Nähe auch die bestrestauriertesten Oldtimer der Stadt zu sehen. Weil das Capitolio derzeit renoviert wird, ist um die Kuppel ein Gerüst gebaut. Chauffeur Alexis erzählt, dass Raul Castro, kubanischer Präsident und Bruder und Nachfolger des 2017 verstorbenen Fidel Castro den Wunsch geäußert hat, dass die Renovierung 2018 fertig sein soll. Denn dann will Raul Castro sich aus der Politik zurückziehen. Genau genommen bricht erst dann für Kuba die neue Zeit an.

(RP)
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