Himmel unter Tage Hang Son Doong - zu Besuch in der größten Höhle der Welt

Erst seit 2009 ist die größte Höhle der Welt, die Hang Son Doong, überhaupt bekannt. Seit Februar dürfen Touristen in den gigantischen natürlichen Steintunnel unter Zentralvietnam. Ein Ausflug, der an Grenzen führt.

Hang Son Doong - in der größten Höhle der Welt
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Rund 300 Meter unter der Erde liegt der Strand. Feinster goldener Sand. Die Wolken hängen tief. Beim Zähneputzen am felsigen Abgrund kann man den Dschungel durch die weißen Schwaden kaum erkennen, obwohl er nur wenige hundert Meter entfernt ist.

Dorthin will die Gruppe nach dem Frühstück aufbrechen und dann weiter bis zur "Vietnamesischen Mauer" - am Ende der größten Höhle der Welt. Die Hang Son Doong, die Höhle von Fluss und Berg, liegt im Phong Nha-Ke Bang Nationalpark in Zentralvietnam nahe der Grenze zu Laos. In ihrem Innern fließt ein Fluss, der an einigen Stellen reißend, an anderen zahm und manchmal nicht zu sehen ist.

Nach jeder Regenzeit bahnt er sich einen neuen Weg durch den steinernen Tunnel. Wo er floss, bleibt Sand zurück. Die Hang Son Doong hat deshalb viele Strände. Und sie ist so groß, dass sie ihre eigenen Wolken bildet. "Viele richtig große Höhlen haben ihr eigenes Wolkensystem", erklärt Howard Limbert, den man als Vater von Son Doong bezeichnen kann, wenn man es pathetisch mag.

Howard ist ein Caver, ein Höhlenwanderer. Immer wieder flog der Brite in den vergangenen Jahrzehnten für sein Hobby nach Phong Nha. Die Bewohner kannten irgendwann den Weißen, der ihre Höhlen so mochte. Ein Mann namens Ho Khanh vertraute sich Howard eines Tages an: Vor einigen Jahren, um 1990, habe er im Dschungel eine neue Höhle gefunden. Ziemlich groß dürfte die sein. Sicher sei er aber nicht. Erst 2009 fanden die Männer den Eingang wieder.

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"Etwas ganz Besonderes sind bei Son Doong auch die beiden Dschungel", erklärt der 57-Jährige am Abend in einem Hotel am Nationalpark. Vor wenigen Millionen Jahren, als sich das Wasser des Flusses immer weiter durch den Kalkstein fraß und die Höhle wuchs und wuchs, konnte irgendwann das Dach über dem gewaltigen Hohlraum sein eigenes Gewicht nicht mehr tragen und brach zusammen.

Unter dem Durchbruch wuchs dank einer ungewöhnlichen Mischung aus hoher Luftfeuchtigkeit, Licht von oben, Dunkelheit von unten und einer extrem großen Menge uralten Fledermaus-Guanos ein Dschungel.

14 Träger haben die Lebensmittel, Zelte, Schlafsäcke und das Reisegepäck der Touristen auf dem Rücken. Und zwei Köche sind dabei. Nach neuesten Messungen ist die Hang Son Doong 8,9 Kilometer lang, der tiefste Punkt liegt 490 Meter unter der Erde. Der höchste Hohlraum mit Dach ist 200 Meter hoch. Der Kölner Dom hätte darin locker Platz.

Die Höhle ist ein fast komplett gerade verlaufender Tunnel. "Es gibt viel, viel längere Höhlen", gibt Howard abends am Lagerfeuer zu. "Aber die sind dann stellenweise eben nur ganz, ganz schmal. Son Doong ist einfach an jeder Stelle gigantisch. Jede andere Höhle der Welt würde in sie reinpassen!"

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Foto: Shutterstock/John Bill

Im Eingang muss man sich ducken. Wirklich tief hineinschauen kann man nicht, aber Howard erklärt, was die Unsicheren im Team schon befürchteten: "Hier wird es jetzt ein bisschen kniffelig. Es geht etwa 100 Meter in die Tiefe." Unten ist es nicht mehr weit bis zum Camp. Zu sehen ist es, weil direkt gegenüber die erste Doline liegt, der Trichter, der beim Dach-Durchbruch entstand - und unter ihm ein grüner Dschungel mit niedrigen Pflanzen.

Noch spektakulärer ist der zweite Dschungel, der etwa einen halben Tagesmarsch vom ersten entfernt ist: Hier brach mehr Decke weg. Das bedeutet mehr Licht und mehr Vegetation. Ungefähr bei Kilometer acht ragt die "Vietnamesische Mauer" aus einem grünblauen, unterirdischen See steil empor.

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Mit Schlauchbooten paddelt die Gruppe direkt vor das 80 Meter hohe Gebilde aus weichem Tropfstein. Sie ist im größten Hohlraum der Höhle herangewachsen. 200 Meter hoch ist die Decke - auch mit starken Stirnlampen nicht zu sehen. Die "Vietnamesische Mauer" zu erklimmen, gelingt nur Profis. Für die Touristen ist der Aufstieg nichts. Sie kehren um und brauchen noch einmal zwei Nächte und knapp zwei Tage bis zurück zum Ausgangspunkt.

(RP)
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