Projekt von 40 Organisationen Expedition in die Tiefen des Indischen Ozeans

Bremerhaven · Rund 2,5 Milliarden Menschen leben zwischen Ostafrika und Südostasien in den Ländern am oder im Indischen Ozean. Trotzdem weiß die Wissenschaft noch sehr wenig darüber. Eine auf drei Jahre angelegte Expedition soll das nun ändern.

Traumziel Indischer Ozean
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Foto: dpa, pla

Die Aktion ist beispiellos, sie wird mehrere Jahre dauern, und sie startet dieser Tage von Bremerhaven an der Nordseeküste. Von dort nimmt die ehrgeizige Expedition ihren Anfang, die die Veränderungen unter der Wasseroberfläche des Indischen Ozeans dokumentieren soll und von denen rund 2,5 Milliarden Menschen in der Region in den kommenden Jahrzehnten betroffen sein könnten.

Dabei werden die Forscher in eines der letzten großen und unerforschten Gebiete auf diesem Planeten eintauchen, eine riesige Menge Wasser, in der sich bereits jetzt die Effekte der Erderwärmung zeigen. Das Verständnis des Ökosystems Indischer Ozean ist nicht nur für die Lebewesen darin wichtig, sondern auch für die Menschen von Ostafrika über die Arabische Halbinsel bis nach Süd- und Südostasien, deren Länder an diesen Ozean angrenzen.

Die Expedition „Nekton“ wird von mehr als 40 Organisationen unterstützt. Sie umfasst zahlreiche Tauchgänge im Indischen Ozean über einen Zeitraum von rund drei Jahren. Die Ergebnisse sollen die Basis für ein Gipfeltreffen der Anrainerstaaten bilden, das für Ende 2021 geplant ist.

Das Forschungsschiff „Ocean Zephyr“ verlässt Bremerhaven zunächst mit dem Ziel Seychellen. Auf dem ersten Teil der Reise werden die Wissenschaftler sieben Wochen lang das Leben unter Wasser untersuchen, den Meeresgrund kartieren und Sensoren bis in eine Tiefe von 2000 Meter hinablassen.

Das andere Gesicht der Malediven
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Foto: dpa-tmn/Brian Knutsen

Bislang weiß man wenig über das Leben dort unterhalb einer Tiefe von 30 Metern. Den Wissenschaftlern aus Großbritannien und von den Seychellen stehen für ihre Expedition im März und April zwei bemannte U-Boote sowie ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug zur Verfügung.

Ronny Jumeau, Botschafter der Seychellen bei den Vereinten Nationen, sagt, solche Forschungen seien lebensnotwendig, um seinem Inselstaat beim Verstehen seines riesigen Meeresgebietes zu helfen. Die Landfläche der 115 Inseln umfasst nur rund 455 Quadratkilometer, das entspricht rund einem Fünftel der Fläche des Saarlands. Die gesamte Wirtschaftszone der Seychellen mit allen Meeresflächen beträgt dagegen 1,4 Millionen Quadratkilometer - eine Fläche von der Größe Alaskas.

Jumeau sagt, sein Land wolle Vorreiter bei der Entwicklung einer „Blue Economy“ werden, also einer blauen Wirtschaft, die auf die Ressourcen des Ozeans zurückgreift. Bislang lebt die Inselgruppe vor allem vom Fischfang und vom Tourismus. Doch inzwischen erforscht man dort auch die Möglichkeit, Öl und Gas aus dem Meeresboden zu gewinnen.

„Der Schlüssel dazu ist, dass man nicht nur weiß, was es im Ozean um einen herum gibt, sondern auch wo sich etwas befindet und was es wert ist“, sagt Jumeau. „Nur wenn man das weiß, kann man sauber entscheiden, was man ausnutzt und was man schützt und unangetastet lässt.“ Forschungsexpeditionen wie die „Nekton“-Mission trügen dazu bei, Wissenslücken zu schließen und vernünftige Entscheidungen bei künftigen Planungen für die „Blue Economy“ zu treffen.

Weniger als 100 000 Menschen leben in dem Inselstaat. Doch die Veränderungen des Klimawandels wie das Ansteigen der Wassertemperatur oder das Ausbleichen der Korallenriffe bekommen sie bereits zu spüren.

„Unser Ozean erfährt durch menschliche Aktivitäten eine schnelle ökologische Veränderung“, sagt Callum Roberts, Meeresbiologe von der Universität York in England, der an der Expedition beteiligt ist. „Die Seychellen sind ein kritischer Signalpunkt und Indikator für die Erhaltung des Meereslebens im Indischen Ozean und weltweit“, sagt er.

Die wissenschaftliche Leiterin der Mission, Lucy Woodall von der Oxford University, geht noch darüber hinaus. Sie erwartet, dass die Forscher zusätzlich Dutzende neue Spezies entdecken werden. Das Spektrum reiche von Korallen über Schwämme bis hin zu größeren Lebewesen wie verschiedenen Typen von Dornhaien.

(ham/dpa)
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