Fernreise mit Kind Ein Baby entdeckt die USA

San Francisco · Eine Fernreise mit Baby – geht das? Ja, sagt die Autorin nach einer fünfwöchigen Reise durch den Westen der USA. Treffen mit Buckelwalen, Wanderungen durch die Wüste und ein Besuch in Las Vegas: ein etwas anderer Familienurlaub.

Eine Fernreise mit Baby — geht das? Ja, sagt die Autorin nach einer fünfwöchigen Reise durch den Westen der USA. Treffen mit Buckelwalen, Wanderungen durch die Wüste und ein Besuch in Las Vegas: ein etwas anderer Familienurlaub.

Als ich bemerke, dass sogar unser Kapitän unruhig wird, mache ich mir Sorgen. Meine ganze Familie befindet sich auf diesem kleinen Boot im Pazifik. Vor mir in ihrer Babytrage schläft Mila, fünf Monate alt. Ihr Vater steht neben uns und macht Fotos. Seit etwa 20 Minuten beobachten wir von dieser Nussschale aus eine Herde Buckelwale, die gerade wieder einmal an die Oberfläche gekommen sind. Und zwar ganz schön nah an unserem Boot. Einer der großen scheint direkt auf uns zuzuhalten.

Unser Kapitän schlägt mit seinem Kaffeebecher auf die Planken. In letzter Sekunde taucht der Wal direkt vor uns unter und dreht ab. Er passiert unser Boot so nah, dass wir ihn fast berühren können. Als er wieder weg ist, sehen wir uns an. Mit einem ziemlich schnellen Herzschlag und der Gewissheit, dass wir dieses Erlebnis niemals vergessen werden.

Natürlich waren wir nicht wirklich in Gefahr — zumindest behauptet das später der Kapitän. Auf sein Boot gestiegen sind wir im Hafen von Morro Bay. Die Stadt liegt an einem der schönsten Küstenabschnitte der Welt: der Strecke zwischen San Francisco und Los Angeles im US-Bundesstaat Kalifornien. Gemeinsam mit unserer gerade erst geborenen Tochter Mila haben wir uns auf eine Rundreise durch den Westen der USA gemacht.

Eine Fernreise mit Baby — geht das? Diese Frage haben wir uns vorher nicht nur einmal gestellt. Würde das Baby mit der Zeitumstellung, den extremen Klimazonen, einem Leben in Hotels zurechtkommen? Wie übersteht Mila einen zehnstündigen Flug, und können die Eltern ihre Reise eigentlich genießen, wenn sie stets auch das Wohl des Kindes im Auge behalten müssen? Wir haben das Experiment gewagt — und, um es vorab zu sagen: Wir haben es keine Sekunde bereut. Die Zeitumstellung war unser kleinstes Problem. In den ersten Tagen, die wir in Los Angeles verbrachten, wachte das Baby, das in Deutschland bereits erste Nächte durchgeschlafen hatte, gegen 4 Uhr auf.

Wir nutzten die morgendliche Stunde, um den Hollywood Boulevard noch vor allen anderen Touristen zu besichtigen. Überraschend war, dass Mila sich beinahe schneller an die neue Zeitzone gewöhnte als wir. Auch der Flug in die Ferne war einfacher, als wir es erwartet hatten. Zwei der großen Fluglinien, die Los Angeles von Deutschland aus ansteuern, bieten für reisende Babys eine Art Bettchen an, das vor den Eltern an die Wand montiert wird. Darin verschlief Mila den größten Teil beider Flüge.

Deutlich mehr Sorgen machten uns die Klimazonen. Denn unsere Reiseroute führte von Los Angeles nach San Diego und dann direkt in die Mojave-Wüste zum Joshua Tree National Park. Der Kinderarzt hatte nur einige Tipps mit auf den Weg gegeben: Das Kind muss ausreichend Wasser trinken, außerdem braucht es einen Sonnenschutz. UV-Schutzkleidung und ein Sonnenhut gehörten daher ebenso ins Reisegepäck wie ein Baby-Trinkbecher, den zu benutzen wir mit der Kleinen vorher schon ein wenig geübt hatten. Wie auf den meisten Wanderungen unserer Reise trugen wir das Kind auch durch die Mojave-Wüste in der Babytrage. Ob es es ihr zu viel wurde, konnten wir auf diese Weise schnell bemerken und reagieren.

Natürlich war die Reise mit Baby anders als frühere, unabhängige Urlaube. Da war zum Beispiel diese Fahrt nach Las Vegas. Wir hatten davon geträumt: Nach einer langen Fahrt durch die Wüste kommen wir am Abend in der Glitzerstadt an, die Neonreklamen leuchten, während wir einen Bummel über den Las Vegas Strip und durch die Casinos machen. Doch Mila hatte andere Pläne und signalisierte dies sehr deutlich. Nach anderthalb Wochen auf Achse brauchte sie Ruhe. Während das Baby also im Hotelzimmer relaxte und abwechselnd von einem Elternteil bespielt wurde, durfte der andere die Spieleroase unsicher machen — allein.

Auch auf der weiteren Tour durch Sacramento, San Francisco und auf dem Highway 1, der legendären Küstenstraße zwischen San Francisco und Los Angeles, legten wir immer mal wieder einen Tag im Hotel ein, wenn wir merkten, dass es Mila zu viel wurde. Wenn wir dadurch auf das ein oder andere Erlebnis verzichten mussten, wurde dies wieder wettgemacht. Durch die Milchpause mitten im Studentenviertel der University of California zum Beispiel, oder durch den Spaziergang an dem kleinen Strand, an dem lauter mexikanische Großfamilien picknickten. Eigentlich hatten wir unbedingt noch Malibu sehen wollen, aber Mila hatte keine Lust mehr aufs Auto und verlangte lauthals diese Pause.

Am Ende der Reise waren wir am Rand des Grand Canyons entlang gewandert, durch einen Wald aus gigantischen Mammutbäumen spaziert, hatten die Schönheit des Yosemite-Tals bewundert, die Golden Gate Bridge gesehen und die weltberühmten Route 66 befahren. Wir hatten neben den Buckelwalen auch Seelöwen und Seeelefanten in freier Wildbahn gesichtet und im Lieblingsrestaurant von Henry Miller zu Abend gegessen.

Die kleine Mila lernte nicht in Deutschland, sondern in San Francisco das Krabbeln und schien es ansonsten zu genießen, rund um die Uhr mit Mama und Papa zusammen zu sein. Ob eine Fernreise mit Baby möglich ist? Nach unserer Erfahrung ist sie sogar unbedingt zu empfehlen.

(RP)
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