Brasilien Brasilia - in 1000 Tagen aus dem Nichts erschaffen

Düsseldorf · Zuckerhut, Christusfigur, Strände - Brasilien und Rio de Janeiro, das ist eins. Doch was viele nicht wissen: Nicht Rio, sondern Brasilia ist die Hauptstadt des Landes; ein Kunstprodukt das in 1000 Tagen aus dem Nichts entstand.

Brasilia - Die Hauptstadt Brasiliens
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Vor etwa 57 Jahren ordnete Juscelino Kubitschek, der damalige Präsident Brasiliens, die Erschaffung der Stadt Brasilia inmitten des Nirgendwo an. Der Zweck des Projekts: die neue Stadt sollte Rio de Janeiro als Hauptstadt ablösen - die seit 1763 Hauptstadt des Landes gewesen war. Grund für die Neuorientierung waren die Einwohner. Die Lage Rios an der Küste, machte auf sie den Eindruck, als würde die Hauptstadt die Bewohner im Landesinneren ausgrenzen.

Das ungewöhnliche an dem Bauvorhaben war vor allem: An der Stelle, an der heute die neue Hauptstadt aus dem Boden ragt, gab es 1956 nur zwei sich kreuzende Feldwege. Die nächstgelegene Stadt, Sao Paulo, liegt 872 Kilometer entfernt, Rio de Janeiro ganze 930 Kilometer. Die nächste befestigte Straße war ebenfalls erst nach 640 Kilometern zu finden. Das Baumaterial musste aus 1.000 Kilometern Entfernung geholt werden. Trotz der gewaltigen Dimensionen war der Zeitplan knapp: 1000 Tage, also vier Jahre sollte es bis zur Fertigstellung dauern.

Korruptionsskandale in der Vergangenheit

Die Stadt wurde in Form eines Flugzeugs aufgebaut, umringt von künstlichen Seen und Wolkenkratzern. Dabei fällt vor allem der sowjetische Einfluss in der Architektur auf. Sogar Polens früherer Präsident, Lech Walesa, soll gesagt haben, Brasilia sähe aus wie Warschau. Finanziert wurde der Bau jedoch mit einer überbordenden Inflation, die den Haushalt auf Jahre belastete. Auch die Stadt Rio wurde in Mitleidenschaft gezogen, denn mit dem Titel verschwanden auch Abgeordnete, Angestellte und viele Unternehmen.

Trotz diverser Korruptions- und Drogenskandalen, hat sich Brasilia über die Jahre zu einer Touristenstadt gemausert. Viele der Bauten sind architektonische Prunkstücke und Touristenmagneten. Die JK-Brücke zum Beispiel wurde nach dem gleichnamigen Präsidenten benannt, unter dessen Auftrag Brasilia angelegt wurde. Sie verläuft unter drei zueinander versetzt angeordneten asymmetrischen Stahlbögen und über den künstlich angelegten Paranoa-See.

Eine Kathedrale wie die Dornkrone

Aber auch die Kathedrale der Hauptstadt sieht atemberaubend aus. Sie ist halb in die Erde versenkt und wird durch ihre gezackte Außenfassade mit der Dornkrone Christi verglichen. In die Wände der Krypta sind Schubladen eingelassen, in die die Särge der künftigen Bischöfe nach ihrem Tod hineingeschoben werden sollen. Die vier überdimensionalen Figuren vor der Kathedrale stellen die vier Evangelisten dar.

Und auch das Kongress-Gebäude ist eine Sehenswürdigkeit für Touristen. Es be­steht aus einem fla­chen So­ckel­bau, auf dem zwei zen­trale Schei­ben­hoch­häu­ser mit den Bü­ros der Ab­ge­ord­ne­ten ste­hen. Vor dem Ge­bäude ist eine gro­ße Ra­sen­flä­che, auf der De­mons­tra­tio­nen statt­fin­den kön­nen. Zu dem riesigen Gebäudekomplex ge­hö­ren noch wei­tere Bauwerke in der Um­ge­bung. Die sind zum Teil durch un­ter­ir­di­sche Tun­nel mit­ein­an­der ver­bun­den. Brasilia und der Na­tio­nal­kon­gress wurden 1987 als zen­tra­les Bau­werk zum Weltkulturerbe er­klärt.

In diesem Sinne ist Brasilia unbedingt einen Besuch wert. Wer etwa auf dem Weg nach Rio ist, kann hier einen Zwischenstopp einlegen, und diesen Teil der brasilianischen Geschichte erforschen. Doch Vorsicht: Trotz des Touristentrubels können einige Kellner und Taxifahrer kein Englisch.

(ham)
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