Städtetrip Glasgow Von Schlägern und Säcken

Einmal im Jahr treten in Glasgow die besten Dudelsackbands der Welt gegeneinander an. Eine ernste und würdevolle Angelegenheit für die Teilnehmer, ein faszinierender Spaß für das Publikum.

 So sehen Sieger aus: Im vergangenen Jahr gewann die Field Marshal Montgomery Pipe Band, eine Gruppe aus Nordirland, den Weltmeistertitel.

So sehen Sieger aus: Im vergangenen Jahr gewann die Field Marshal Montgomery Pipe Band, eine Gruppe aus Nordirland, den Weltmeistertitel.

Foto: SNS Group/Ross Parker (1), Craig Foy (2)

Wenn es August wird in Glasgow, dann haben die besten Piping Bands der Welt ihren großen Auftritt, denn dann wird der neue Weltmeister im Dudelsackspielen gekürt. Und wo ginge das besser als in Glasgow, der musikalischsten Stadt Schottlands. Allerdings geht es bei den World Pipe Band Championships vornehmlich um Tradition - und den Dudelsack.

Tagelang ist die größte Parkanlage der Stadt, das Glasgow Green am Fluss Clyde, komplett gesperrt. Schließlich brauchen die mehr als 200 Bands, die jährlich zu den Meisterschaften kommen, ausreichend Platz. Vom Fluss hinauf ziehen den ganzen Tag über die Klänge der Dudelsäcke durch die Straßen, sind die dumpfen Trommelschläge immer und überall zu hören. Und nicht zuletzt ziehen die Spielzüge ins Herz der Stadt, um Einwohner und Touristen auf das Spektakel hinzuweisen.

 Dudelsackspieler müssen vor allem eine gute Lunge haben, um einen Ton herauszubekommen.

Dudelsackspieler müssen vor allem eine gute Lunge haben, um einen Ton herauszubekommen.

Foto: SNS Group Craig Foy

Trevor, Iain, Connor und Siobhan lieben diese Tage im August. Sie sind Teil einer der erfolgreichsten Pipe Bands überhaupt, den Shotts and Dykehead Caledonia unter Leitung von Pipe Major Ryan Canning, und tragen stolz die Farben des MacLean-Clans auf ihren Kilts. "Früher waren wir immer als Besucher hier, als wir noch nicht so gut spielen konnten. Aber jetzt sind wir Teil der Band", erklären die vier sichtlich stolz.

"Dudelsack, Trommel oder Flöte spielen zu können, wird praktisch jedem schottischen Kind in die Wiege gelegt, das gehört einfach zu uns", fügt Iain hinzu. Dafür wird natürlich regelmäßig geprobt, dreimal die Woche ist Pflicht. Dazu kommen diverse Wochenend-Workshops und Auftritte. Die Band ist gefragt. Kein Wunder, wenn man die Weltmeisterschaften schon 16 Mal gewonnen hat.

 Der Sporran, eine Art Geldbeutel, gehört zum traditionellen Kilt dazu.

Der Sporran, eine Art Geldbeutel, gehört zum traditionellen Kilt dazu.

Foto: SNS Group Craig Foy

Am Wochenende selbst ist höchste Konzentration gefragt. Denn was für die Zuschauer einfach nur ein Spektakel ist, erfordert eine gründliche Vorbereitung und Liebe zum Detail. Jede Band hat ein mehr oder weniger komfortables Zelt mitgebracht, Betreuer kümmern sich mit den Musikern um die wertvollen Instrumente und traditionelle Kleidung. Eine Stunde vor dem Auftritt in einer der drei Wettkampfarenen nimmt die Band ihre Formation ein und marschiert zu einem vorgewiesenen Platz in Nähe der Arena, um sich einzuspielen. Denn wer glaubt, einen Dudelsack könne man einfach schultern und drauflos spielen, irrt gewaltig. Zuerst teilt sich die Band in Drummer und Piper. Der Drum Major gibt den Takt vor, im Laufe der nächsten 30 Minuten werden immer wieder verschiedene Rhythmen getrommelt, bis alle Spieler wirklich vollkommen synchron spielen. Ähnlich sieht es bei den Dudelsackspielern aus. Bei ihnen ist vor allem eine gute Lunge gefragt, denn bevor sie auch nur einen vernünftigen Ton spielen können, muss der Sack mit Luft gefüllt werden. Daraus entsteht dann der unverkennbare, sonore Grundton.

Für das Publikum, das im Park völlig frei zwischen den Bands und Richtern herumlaufen kann, ist diese Vorbereitung genauso faszinierend wie der eigentliche Auftritt in der Arena. Denn der Unterschied zwischen den ersten Tönen der Vorbereitung und dem Ende ist selbst für Laien deutlich zu hören. Nach etwa 30 Minuten kommt dann zusammen, was zusammen gehört. Noch eine Viertelstunde haben Piper und Drummer Zeit, sich gemeinsam einzuspielen.

Danach heißt es: Haltung annehmen! Und das ist wörtlich zu verstehen. Die Bands marschieren in kerzengerader Formation in die Arena ein, vor ihnen der Hauptrichter, dahinter ein Richter mit einem Stab in der Hand. Damit misst er, ob einer der Spieler aus der Reihe tanzt und ob alle Musiker im Takt laufen. Nachdem die Bands im Kreis Aufstellung genommen haben, legt sich eine andächtige Stille über den Platz. Dann spielen die Musiker in etwa zehn Minuten mehrere Märsche und Lieder mit Titeln wie "The Irish Washerwoman", "John MacDonald Of Glencoe" oder "Miss Girdle Waltz". Im vergangenen Jahr setzte sich die Field Marshal Montgomery Pipe Band aus Nordirland gegen die starke Konkurrenz durch und war anschließend beim Feiern, wie es sich für Iren gehört, kaum zu bändigen.

Wer ihr Nachfolger wird, zeigt sich am 11. und 12. August bei den 71. World Pipe Band Championships. Dort präsentieren sich aber nicht nur die besten Pipe Bands der Welt, es gibt auch noch einige andere Wettbewerbe, für die Schottland in der ganzen Welt berühmt ist. So werden im Einzelwettbewerb auch die besten Drum Majors sowie die besten Highland-Tanzgruppen gesucht. Und natürlich dürfen auch die klassischen schottischen Highland Games nicht fehlen, bei denen starke Männer und Frauen Baumstämme, Steine und anderes um die Wette durch die Gegend werfen. Schottischer als hier können Touristen das Land nicht erleben. Oder wie Siobhan sagt: "Auch wenn es erstmal merkwürdig wirkt, es ist einfach ein unglaublicher Spaß."

Die Redaktion wurde von Visit Glasgow zu der Reise eingeladen.

(RP)
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