Gibt es das Ungeheuer wirklich? Das Geheimnis von Loch Ness

Um keine andere Region im Vereinigten Königreich ranken sich so viele Mythen und Legenden wie um das schottische Hochland. Jedes Jahr zieht sie viele Touristen an. Einige davon wollen einer besonderen Geschichte auf den Grund gehen: Sie wollen das Seeungeheuer von Loch Ness sehen. Was hat es damit auf sich?

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Foto: dpa-tmn/Christian Röwekamp

Wie sieht das Ungeheuer von Loch Ness aus?

Offiziell bestätigt ist es nicht, dass es das Ungeheuer von Loch Ness tatsächlich gibt. Gleichwohl gibt es über 1000 Berichte von Besuchern, die das Ungeheuer am Loch Ness gesehen haben wollen. Sie beschreiben das Monster, das auch liebevoll Nessie genannt wird, als eine lange und grüne Kreatur mit einem langen Hals und einem reptilienartigen Kopf. Für manche sieht es aus wie ein Drache, andere bezeichnen es als einen gigantischen Aal. Das Monster soll in den Tiefen des Gewässers leben, wo viele Höhlen einen Unterschlupf bieten. Dort soll das Tier auf die Jagd gehen. Hin und wieder soll es seinen Kopf aus dem Wasser strecken.

Wann wurde Nessie das erste Mal gesehen?

Die Legende vom Ungeheuer von Loch Ness ist weltweit bekannt. Dafür sorgte das erste Foto von dem Monster, das 1933 aufgenommen wurde. Hugh Gray, ein Arbeiter einer lokalen Aluminiumfabrik Nahe Inverness, machte den Schnappschuss zufällig, als er vom Gottesdienst nach Hause ging. Ganz Großbritannien war in Aufruhr, und das Nessie-Fieber brach aus - bis sich herausstellte, dass es eine ganz banale Erklärung für die komische Struktur auf der Wasseroberfläche gab: Statt eines Monsters hatte Hugh Gray nur einen Labrador fotografiert, der mit einem Stöckchen im Mund durch den See schwamm. Ab 1933, dem Jahr, als der Film „King Kong“ in den Kinos lief, häuften sich die Sichtungen. Die Schaulustigen waren heiß darauf, ein echtes Monster zu sehen.

Der Mythos war geboren. So traf Oberstleutnant Robert Wilson mit seiner Aufnahme vom 19. April 1934 einen Nerv. Die Schwarz-Weiß-Aufnahme zeigt einen großen Fisch, in etwa so wie ein großer Aal mit langem Hals, der aus dem Wasser schaut. Das Foto ist die berühmteste Aufnahme im Zusammenhang mit dem Ness-Monster. 60 Jahre lang galt es als der Beweis schlechthin für die Existenz Nessies, bis es sich doch als großer Schwindel herausstellte. Wie in den Neunziger Jahren herauskam, hat Robert Wilson ein Spielzeug-U-Boot als Monster verkleidet und fürs Foto auf dem Wasser schwimmen lassen.

Es gibt darüberhinaus unzählige Fotos, die sich als Fälschung herausstellten. Das angeblich abgelichtete Monster entpuppte sich auf anderen Bildern als Kamerafehler oder als ein einfach zu erklärendes, natürliches Phänomen. Und trotzdem: Seit den ersten Sichtungen starren etliche Fans des geheimnisvollen Wesens auf das Wasser und hoffen, dass Nessie auftaucht.

Wer bei einer Wanderung rund um den schottischen See einen Blick auf das Monster erhascht, kann seine Eindrücke mit Nessie-Fans weltweit teilen. Es gibt für diesen Zweck ein offizielles Register, in dem Sichtungen des Monsters eingetragen werden. So wird die Faszination wachgehalten.

Sollte wissenschaftlich bestätigt werden, dass es Nessie tatsächlich gibt, hat die Politik des Vereinigten Königreiches schon vor Jahrzehnten vorgesorgt. Um das Ungeheuer vor Wilderei zu schützen, wurde es 1934 vorsorglich unter Naturschutz gestellt. Die Anfänge der Mythen rund um das Ungeheuer Nessie gehen übrigens ganz weit in die Vergangenheit zurück. Der erste Mensch, der das Monster überhaupt gesehen haben will, ist ein Mönch aus dem sechsten Jahrhundert. Er wollte im Loch Ness baden und wurde von Nessie attackiert. Dem Heiligen Columban soll der Mönch es zu verdanken haben, dass er den Badeausflug überlebte. Dieser soll das große Tier in die Flucht geschlagen haben.

Gibt es Nessie wirklich?

Kryptozoologen suchen schon lange nach Beweisen für eine Existenz der Kreatur. Sie gehen davon aus, dass Nessie ein Plesiosaurier ist, also ein fleischfressender Meeresbewohner der Urzeit. Sie vermuten, dass die prähistorische Lebensform dort überlebt haben könnte. Des Weiteren suchen Kryptozoologen nach Yetis und Werwölfen. Die meisten Wissenschaftler aber gehen davon aus, dass es weder Big Foots, Werwölfe noch Nessie gibt.

Der schottische See wurde in der Vergangenheit mehrfach mit wissenschaftlichem Gerät untersucht. So fuhren Schiffe übers Wasser, die das Gewässer durchleuchteten. Auch das sogenannte Echolot wurde eingesetzt, das Hinweise auf große Lebewesen in der Tiefe liefern sollte. Alles blieb ohne Erfolg. Was im geheimnisvollen Loch Ness gefunden wurde, waren Wracks eines Fischerbootes und eines Schnellbootes sowie ein abgestürztes Kampfflugzeug aus dem zweiten Weltkrieg.

So geht Urlaub am schottischen Loch Ness
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2019 wurde ein neuer Versuch gestartet, Loch Ness nach riesigen und unbekannten Lebewesen zu durchsuchen. Ein internationales Forscherteam nahm mehr als 250 Proben aus dem Wasser. Die Forscher suchten darin nach Haut, Schuppen, Fell, Kot und Urin. Die Wasserbestandteile unterzogen sie einer DNA-Analyse. Die DNA-Analyse sollte Hinweise auf eine Nessie-DNA liefern. Die Forscher kamen zu dem Schluss: Für die Existenz eines wie auch immer gearteten Monsters oder eines Plesiosauriers gibt es keine Beweise. Ebenso wurde keine DNA von Haien, Stören, Welsen oder anderen großen Fischen gefunden. Die Vermutung des Forscherteams: Bei Nessie könnte es sich schlicht und ergreifend um einen oder mehrere große Aale handeln. Von dieser Fischart wurde nämlich viel Genmaterial gefunden.

Ob Nessie wirklich existiert oder nicht: Das Seeungeheuer ist immens wichtig für den Tourismus in Schottland. Viele Touristen machen nur wegen des Ungeheuers einen Abstecher in die sehr ländliche Region. Das Zentrum des Nessie-Tourismus liegt im Dorf Drumnadrochit. Dort locken unter anderem zwei Loch-Ness-Monsterausstellungen die Besucher an. Es handelt sich dabei um moderne, aufwendige und multimediale Touren, die die spannende Geschichte der schottischen Attraktion zum Thema haben. Erzählt werden Theorien, Hintergründe und natürlich auch Informationen rund um die Sichtungen. Damit möglichst viele Touristen die Ausstellungen besuchen, wurden die Präsentationen in 17 Sprachen übersetzt. Etwas zum Mitnehmen gibt es natürlich auch: Bilder des Loch Ness Monsters zieren Souvenirs aller Art. Mehrere Millionen Euro macht die Region jedes Jahr an Umsatz mit Tourismus.

Wo befindet sich Loch Ness?

Das faszinierende und geheimnisvolle Gewässer liegt in den schottischen Highlands. Loch Ness zieht sich von Süden der Stadt Inverness bis zur Stadt Fort Augustus. Es hat eine Wasseroberfläche von 56,4 Quadratkilometern und ist damit nach Loch Lomond der zweitgrößte See in Schottland.

Was den Mythos um Nessie antreibt, ist die unglaubliche Tiefe des Gewässers, in dem sich auch ein prähistorisches Wesen theoretisch gut verstecken könnte. Loch Ness ist rund 230 Meter tief. Wegen seiner Tiefe hat Loch Ness das größte Wasservolumen aller Seen in Schottland.

Wie ist Loch Ness entstanden?

Die Wissenschaft geht davon aus, dass die Anfänge von Loch Ness in der Eiszeit liegen. Loch Ness könnte durch einen Gletscher entstanden sein, was seine längliche Form erklären würde. Loch Ness ist Teil einer natürlichen Erdspalte. In prähistorischen Zeiten gehörte das heutige Schottland zu Kanada und war dort auf dem Globus zu finden, wo Australien heute ist. Als sich der ganze Kontinent bewegte, prallte er gegen Europa. Schottland trennte sich vom kanadischen Festland, das wiederum zum heutigen Standort wegdriftete. Loch Ness war dann zunächst eine Meeresbucht, bis das Land rund um Inverness angehoben wurde und den Zugang zum Meer abschnitt.

Wie wird Loch Ness genutzt?

Loch Ness ist ein Süßwassersee und bietet somit vielen Wasserlebewesen ideale Bedingungen. Der berühmte See gehört zu den fischreichsten Gewässern Großbritanniens. Lachse, Aale, Forellen und Hechte leben beispielsweise dort. Zudem dient Loch Ness Lachsen als Laichgrund. Der Fluss Ness und der See als solches sind daher bei Angelsportlern sehr beliebt.

Auch der Mensch hat die Vorzüge des Loch Ness schnell erkannt. Seit 1822 ist das Gewässer an den Kaledonischen Kanal angeschlossen. Dadurch ergeben sich kürzere Transportwege. Durch den Kanal werden Atlantikküste und Nordseeküste miteinander verbunden. Vorher musste der Schiffsverkehr weite Umwege fahren und hatte mit Unwettern zu kämpfen, die auf den Alternativrouten des Öfteren vorkommen. Der Kaledonische Kanal ist insgesamt 100 Kilometer lang und umfasst 29 Schleusen, mit denen die Höhenunterschiede überwunden werden.

Nicht nur dem Ungeheuer Nessie wird am Loch Ness gedacht. Auf einer Tafel am Ufer steht der Name John Cobb. Er hatte 1952 sein Leben im Loch Ness verloren. Festentschlossen, den damaligen Geschwindigkeitsrekord mit dem Motorboot zu knacken, raste er mit 320 Kilometern pro Stunde über den See. Das Boot hob ab und zerschellte mit voller Wucht beim Aufprall. John Cobb hatte keine Chance, diesen Unfall zu überleben. Gerüchte besagen, dass Nessie für diese Tragödie verantwortlich ist. Aufgescheucht von den lauten Geräuschen soll das Wesen eine so große Welle geschlagen haben, dass das Motorboot außer Kontrolle geriet.

Was kann man am Loch Ness machen?

Die eindrucksvolle Landschaft ist vor allem für Wanderer reizvoll. Bei einem Spaziergang lässt sich die Natur optimal genießen. Wer mehr Action braucht, kann ab Inverness, Fort Augustus oder Drumnadrochit an Bootstouren teilnehmen. Natürlich erfährt man auf dem Wasser auch etwas über das Ungeheuer Nessie. Einmal im Jahr, im Herbst, findet der Loch Ness Marathon statt. Die Rennstrecke führt unter anderem einmal am Ufer entlang.

Im See zu schwimmen, ist weniger empfehlenswert und nur etwas für Hartgesottene. Auch im Sommer ist das Wasser des Loch Ness mit maximal sechs Grad recht kalt. Die Sonne schafft es einfach nicht, auch die tieferen Wasserschichten zu erwärmen.

Da ist ein Besuch im Urquhart Castle, direkt am Ufer des schottischen Sees, bedeutend lohnenswerter. In der Ruine ist die Geschichte deutlich spürbar. Hier trugen englische Könige und edle Herren des Nordens ihre Machtkämpfe aus, bis das Schloss dann schließlich aufgegeben wurde und nach und nach verfiel. Urquhart Castle ist die größte Burgruine der Highlands. Vom Innenhof aus bietet sich dem Besucher ein atemberaubendes Panorama über Loch Ness und die sanften Hügel der umliegenden Landschaft. Und vielleicht streckt auch das Monster seinen Kopf aus dem Wasser hervor.

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