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Österreich Nur Fahren ist schöner

Das 20. Internationale Kaiserwinkl Alpin Ballooning sollte eigentlich Ende Januar 2021, dann Ende Januar 2022 stattfinden, wurde jedoch Opfer der Corona-Pandemie. Nun wird die Jubiläumsveranstaltung vom 21. bis zum 28. Januar 2023 ausgerichtet.

Friedlich schweben über der weißen Winterlandschaft im Tiroler Kaiserwinkl: Beim Ballonfestival geht es hoch hinaus.

Friedlich schweben über der weißen Winterlandschaft im Tiroler Kaiserwinkl: Beim Ballonfestival geht es hoch hinaus.

Foto: Udo Haafke

„Wir schaun erstmal!“ Jörg Freese blickt aufmerksam in die Höhe, wo trotz gutem Wetterbericht noch immer eine recht dichte Dunstschicht hängt. „Eigentlich ist Sonnenschein angesagt, aber hier im Kaiserwinkl herrscht gern ein etwas eigenwilliges Mikroklima.“ Der Pinneberger Ballonfahrer ist mit seiner Crew schon zum vierten Mal beim winterlichen Ballonfestival dabei, dem größten seiner Art in Europa. Das internationale Teilnehmerfeld besteht aus gut 50 Ballonpiloten und -pilotinnen, die seit 2001 für eine Woche Ende Januar zum fairen Wettstreit im Osten Tirols zusammentreffen.

Nur mühsam bewegt sich die Wolkendecke hinter der man die Sonne kaum erahnen kann. Dennoch präparieren die ersten Ballonfahrer ihre Luftfahrzeuge und wagen den Aufstieg durch den Dunst hindurch. Schon bald sind sie nur noch schemenhaft, schließlich gar nicht mehr erkennbar. Der geduldige Norddeutsche, der sich selbst als waschechter Flachlandtiroler bezeichnet und in erster Linie Touren in Schleswig-Holstein von seiner Schenefelder Basis aus unternimmt, sondiert in aller Ruhe die Lage, beobachtet genau, mit welchen Winden die Kollegen zu tun haben. „Bei uns im Norden ist das ein klein wenig einfacher. Da stören keine Berge und Täler, da weht es meist aus nur einer einzigen Richtung.“

Jörg Freeses Gelassenheit macht sich schließlich bezahlt, und auch der Sonne gelingt es, vollends die letzten Dunstfetzen zu vertreiben und für freundlichstes Himmelsblau zu sorgen. In aller Ruhe geht das Team nun die Startvorbereitungen an: Die knallgelbe Ballonhülle wird auf dem nun strahlend weißen Schnee ausgerollt. Mittels gigantischem Ventilator wird der Ballon etwa zur Hälfte mit Luft gefüllt und anschließend mittels Gasbrenner angewärmt, bis sich das Luftfahrzeug allmählich aufrichtet. Die Mannschaft klettert in den Korb, Pilot Jörg gibt Gas mittels kurzen Betätigens des Brenners und der Ballon beginnt wie von Geisterhand gesteuert zu schweben. Mit ungeahnter Sanftheit geht es aufwärts, ohne ein einziges Geräusch entfernt sich das Fahrzeug vom Boden. Weil das Fluggerät leichter ist als Luft, sagt man „fahren“ statt „fliegen“, auch weil die Brüder Montgolfiere 1783 sich mit ihrem ersten Ballon antriebslos im Luftmeer bewegten, quasi als eine Schifffahrt in der Luft, hat sich der Begriff „Ballon fahren“ im allgemeinen Sprachgebrauch etabliert. Dies allerdings ausschließlich in der deutschen Sprache. Und jeder, der einmal das Privileg genießen durfte, eine solche Ballonfahrt zu machen, achtet peinlichst genau darauf nicht den Begriffs-Fauxpas zu begehen und vom „Fliegen“ zu sprechen.

 Spektakulär leuchten die Ballone beim abendlichen Ballonglühen.

Spektakulär leuchten die Ballone beim abendlichen Ballonglühen.

Foto: Udo Haafke

Moderne Technik hat mittlerweile auch an Bord eines Heißluftballons Einzug gehalten, die Navigation ist dadurch weitaus weniger umständlich. „Dennoch haben wir immer auch Kartenmaterial dabei, denn das GPS könnte ja mal ausfallen.“ Lediglich hinsichtlich des Windes, der einzig und allein für die Fortbewegung verantwortlich ist, bleibt das besondere Gespür des Piloten das weitaus wichtigste Hilfsmittel. Und Jörg Freese beweist eindrucksvoll wie gut er den passiven Antrieb einzusetzen weiß. Nachdem der Ballon nämlich für einige Minuten scheinbar unschlüssig an der mehr oder weniger gleichen Stelle in der Luft hängt, bewegt er sich nun tatsächlich in die gewünschte Richtung über den zugefrorenen Walchsee nach Kössen.

 Rund 50 Ballonfahrer-Teams aus fünf Ländern werden zum diesjährigen Festival erwartet.

Rund 50 Ballonfahrer-Teams aus fünf Ländern werden zum diesjährigen Festival erwartet.

Foto: Udo Haafke

Die Mitfahrer sind beeindruckt von der Finesse mit der Freese sein Gefährt zu steuern versteht, nur eine leichte Höhenveränderung und der Wind trägt den Ballon weiter. Nicht wirklich schnell, aber immerhin zuverlässig. Doch das Fahrgefühl selbst, das Erlebnis im Himmel zu schweben, überflügelt noch die für den Laien erstaunliche Navigationsexpertise des versierten Piloten. Ohne das regelmäßige Geräusch des Gasbrenners wäre das einzigartige Erlebnis kaum fassbar. Nun versteht man, warum die Vögel in der Luft so herrlich zwitschern und singen, denn das unglaubliche Gefühl einer Mischung aus Freiheit und Unbeschwertheit ist schlicht überwältigend. Das alles über einer Bilderbuch-Winterlandschaft und mit fantastischem Ausblick in die Bergwelt der Alpen.

Weiter im Tal schweben noch mehr bunte Ballone, ein jeder nutzt den Wind auf seine ganz individuelle Weise, während andere bereits den Landevorgang eingeleitet haben. Ihr Schatten wächst über den hier oft noch unberührten Schneeflächen stetig und sinkt letztlich als unförmiger Farbtupfer auf das unendliche Weiß. Dabei erweist sich die Landung noch einmal als echte Herausforderung. Schließlich muss ja neben einem möglichst weichen Aufsetzen ein vernünftiger Abtransport von Ballon und Korb gewährleistet sein. Jörg Freese manövriert sein Gefährt auf ein kleines, von Baumbestand umgebenes Feld unmittelbar neben einem Bauernhof. Der Korb plumpst etwas unsanft in den Schnee, hüpft noch einmal hoch, um dann seine Fahrt mit einem neuerlichen Plumpser zu beenden. Hier macht sich die anfängliche Sicherheitseinweisung für die Passagiere in das aviatische Unterfangen bezahlt, denn es wurde eindringlich darauf hingewiesen, sich für die Landung entsprechend zu positionieren und festzuhalten.

In erstaunlich kurzer Zeit ist die gelbe Ballonhülle wieder zusammengefaltet und mit dem Korb im kastenförmigen Anhänger verstaut. Es war ein Leichtes für den Verfolger am Boden den Landeplatz ausfindig zu machen und das Begleitfahrzeug in die unmittelbare Nähe zu steuern. Nur wenig überrascht zeigen sich indes die Bewohner des Bauernhofes. Für ein schnelles Erinnerungsfoto kommen sie kurz vor die Tür, nehmen die Stippvisite des Pinneberger Heißluftballons ansonsten eher gelassen zur Kenntnis, schließlich hat man sich schon an die bunten Luftfahrzeuge gewöhnt, die Ende Januar rund um den Wilden Kaiser im Tal unterwegs sind. Lediglich der Hofhund wedelt freudig erregt um die vom Himmel gefallenen Besucher herum.

Am Abend, längst ist die Dämmerung über dem Tiroler Städtchen Kössen hereingebrochen, nur einige beleuchtete Skipisten sind in den Höhen noch auszumachen, haben sich die Ballonfahrer auf dem schneebedeckten Dorf­anger zum großen Ballonglühen versammelt. In einem weiten Halb­rund reihen sich die zu ihrer vollen, erhabenen Größe gefüllten Ballone aneinander. Nach einstudierter Choreografie bei recht geräuschintensiver Musikbegleitung erleuchten sie abwechselnd zum Gaudium des zahlreich erschienenen Publikums und bieten ein höchst stimmungsvolles Szenario, das mit einem fulminanten Feuerwerk abschließt. In glühweingeschwängerter Luft wird anschließend noch lange über das soeben erlebte spektakuläre Ereignis philosophiert.

Die Recherche wurde vom Tourismusverband Kaiserwinkl unterstützt.

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