Housekeeping in Top-Hotels Vergessener Schmuck und Sonderwünsche

Beim Gedanken an elegantes Wohnen und himmlisches Schlafen kommen einem gleich Luxus-Domizile in den Sinn. Aber wie funktioniert da eigentlich der Betrieb, das sogenannte Housekeeping? Die RP hat sich in feinen Adressen umgesehen.

Eine Angestellte vom Baglioni Hotel Luna in Venedig bereitet das Bett für den nächsten Gast vor.

Eine Angestellte vom Baglioni Hotel Luna in Venedig bereitet das Bett für den nächsten Gast vor.

Foto: Thomas Flügge

8.45 Uhr. Manche Gäste drehen sich noch mal wohlig in der Damast-Bettwäsche um, andere lassen sich beim Frühstück den ersten Cappuccino servieren. Die 16 Damen vom Housekeeping im „Hyatt Centric Murano Venice“ sind schon etwas länger auf den Beinen. Muntere Betriebsamkeit herrscht in den Hauswirtschaftsräumen jeder Etage des 118-Zimmer-Hotels, das hinter den Fassaden einer historischen Glas-Fabrik entstanden ist. Frische Badetücher und Bettbezüge werden auf die Servicewagen gestapelt, Reinigungsmittel aufgefüllt und Kosmetikprodukte wie Shampoo und Bodylotion dazu gepackt. Alice Peris, die Housekeeping-Managerin, sichtet die Liste der An- und Abreisen und bespricht mit den Kollegen an der Rezeption spezielle Wünsche von Gästen, etwa ein Babybett oder extra Kopfkissen. Einmal war ein Waschlappen in einer ganz speziellen Größe erbeten. Kurzerhand nähte Alice Peris das benötigte Format selbst aus einem zurechtgeschnittenen Handtuch.

Weniger bescheidene Anliegen kennt man 20 Bootsminuten entfernt in Venedigs Traditionshaus „Baglioni Hotel Luna“: „Ein amerikanischer Geschäftsmann hat uns mal vorab vier Seiten geschickt, wo detailliert stand, was er erwartet“, erinnert sich General Manager Gianmatteo Zampieri. „Zum Beispiel Ess-Restriktio­nen aller Art, technische Ausrüstung, acht Handys für sich und seine Frau, spezielle Computer, Streaming-TV, drei Sorten Mineralwasser, sieben Sorten Kaffee, als Obst nur Waldbeeren. Dafür haben wir eine extra Konferenz mit allen Abteilungsleitern gehalten und eine Woche gebraucht, bis alles beschafft und organisiert war.“ Das solche Extravaganzen gesondert in Rechnung gestellt werden, versteht sich. Zusätzlich zu den 8000 Euro pro Tag in der 125 Quadratmeter großen Suite St. Giorgio, mit Terrasse und Traumblick auf Canal Grande und die Lagune von Venedig.

Für das Herrichten der Zimmer hat jedes Top-Hotel seine genauen Abläufe definiert. Im Architektur-Wunder von London, dem legendären 310 Meter hohen „The Shard“, residiert das „Shangri-La“ auf den Etagen 34 bis 52 in der spitzen Pyramide aus Glas und Stahl. Hausdame Agnes Koteles listet 20 Arbeitsschritte für die Zimmermädchen auf. Neben der peniblen Reinigung wirklich jeden Winkels werden die Betten täglich frisch bezogen, die gesamte Zimmer-Elektronik von den Lampen bis zur Fensterverdunkelung überprüft sowie frische Gläser, Tassen, Teebeutel und Kaffeekapseln platziert. Zum Schluss kommt der UV-Licht-Check im Dunkeln, ob auch wirklich die kleinste Staubflocke entfernt ist. Im Schnitt dauert das etwa 50 Minuten, bei großen Suiten entsprechend länger. Wie etwa im „The Fontenay“ an der Hamburger Außenalster, die spektakulärste Hotel-Neueröffnung der vergangenen Jahre in der Stadt. In dem weißen, rundum geschwungenen modernistischen Gebäude misst die Fontenay-Suite 200 Qua­dratmeter. „Dafür nehmen wir uns fast vier Stunden Zeit“, verrät Housekeeping-Direktor Thorsten Garbade. Er legt Wert darauf, dass möglichst wenig Chemikalien fürs Reinigen verwendet werden. „Wir schätzen hier simple Haushaltstricks. Neutralen Weichspüler für Teppiche, Sprudelwasser zum Anlösen von eingetrockneten Flecken, Salz auf Rotwein, bei Gerüchen ungemahlene Kaffeebohnen, Dampf bei Vorhängen.“ Zu Hause putzt Thorsten Garbade übrigens selbst. Während er die Fenster wischt, sind die Gardinen in der Waschmaschine und werden später nebelfeucht aufgehängt. Zur Weißwäsche kommt eine Dosis Backpulver, beim Aufhängen wird alles sorgfältig glattgezogen, das spart viel Bügelarbeit. Und wer hätte gedacht, dass man an der Farbe des Staubes das Alter erkennen kann? „Weiß ist frisch, grau liegt schon länger.“ Was ihm nie ins Haus käme, sind Microfaser-Tücher: „Die können Oberflächen zerkratzen und Beschichtungen nach und nach abtragen. Am besten sind Leinen- oder Baumwolltücher.“

 Für Zimmermädchen Vaida Jakutonyte vom Shangri-La The Shard in London ist ein gut gemachtes Bett das Wichtigste im Zimmer.

Für Zimmermädchen Vaida Jakutonyte vom Shangri-La The Shard in London ist ein gut gemachtes Bett das Wichtigste im Zimmer.

Foto: Thomas Flügge

Womit kann man eigentlich einer Wohnung gleichzeitig Glamour und ein bisschen Gemütlichkeit verleihen? Für Alice Peris sind das vor allem edle Bodenbeläge wie Marmor und Parkett, außerdem Leinenbettwäsche. Thorsten Garbade empfiehlt Accessoires: „Kissen, Kerzen, Vasen und Wolldecken können eine große Wirkung haben. Auch sorgsam eingesetzte Lichtquellen, warme Stoffe und weiche Farbtöne erzeugen gleich Behaglichkeit.“

Beim Housekeeping geht es nicht allein um Reinigung und Wohnlichkeit. Auch andere Aufgaben wollen mit Fingerspitzengefühl gemeistert werden. Etwa, wie mit Fundstücken zu verfahren ist. Im „Baglioni Hotel Luna“ findet sich oft Designer-Kleidung unter den Hinterlassenschaften der Gäste. Gianmatteo Zampieri weiß: „Manche kommen zum Shopping nach Venedig. Die lassen ihre Garderobe der vorigen Saison einfach im Schrank hängen.“ Nach Rücksprache mit den Gästen gehen diese guten Stücke dann in Sammlungen für Wohltätigkeitsveranstaltungen. Im „Hyatt Centric Murano Venice“ blieben schon ein Gebiss, eine lebensgroße Plastikpuppe und ein 30.000-Euro-Diamantring liegen – alles ging zurück an die Besitzer.

Umgekehrt landet auch schon mal etwas im Reisegepäck, was eigentlich dem Hotel gehört. Im „The Fontenay“ ist der Housekeeping-Direktor auch nach 30 Jahren im Geschäft noch verwundert, was so alles entwendet wird: „Da war zum Beispiel eine speziell für eine Suite angefertigte wertvolle Tagesdecke, die verschwand. Manchmal sind es auch Flaschenwärmer, Kinderbademäntel und sogar Bett-Topper oder Mülleimer“. Sind die Gäste noch im Hotel, werden sie diskret darauf angesprochen, wenn etwas fehlt. Nach der Abreise ist es schwieriger, solche Fälle zu klären. Dann bleibt das Hotel auf den Kosten für den Ersatz sitzen.

Kommt die Sprache auf die Marotten von prominenten Gästen, geben sich die Hotels recht zugeknöpft. Verständlich. Man möchte die wichtige Klientel ja nicht verschrecken und gern wieder begrüßen. Eine Ausnahme macht da „Baglioni Hotel Luna“-General Manager Zampieri bei Elton John. Der besitzt ein unscheinbares gelbes Haus auf der Insel Giu­decca, direkt an der Fondamenta San Giovanni, schräg gegenüber vom Markusplatz. „Er nutzt mit seinem Boot gern unseren Anleger, um unauffälliger ins Zentrum zu kommen“, plaudert Zampieri. „An unserer Bar nimmt er dann oft einen Drink. Derweil pieseln seine Hunde ungerührt auf den Marmorboden und verrichten auch schon mal ein größeres Geschäft.“ Der Star ignoriert es. Das Personal dagegen ist nicht nur bestens geschult – sondern auch nachsichtig. Und macht’s einfach weg.

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