Urlaub in Finnland Übernachten im "Mökki"-Sommerhaus am See

Savonlinna · Wer typisch finnische Ferien erleben möchte, findet auf der Seenplatte im Osten des Landes beste Bedingungen. Ruhe und Erholung bietet dort das "Mökki", das landestypische Sommerhaus am See, egal ob einfaches Blockhaus oder Luxushütte.

Urlaub machen wie die Finnen
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Foto: dpa, jah

Als der Schweiß vom Kinn auf die Sitzbank tropft, ist es draußen schon dunkel. Nur noch das Flackern im Ofen der Sauna spendet Licht. Es gibt keinen Strom, nur Kerzen. Nach dem letzten Aufguss tritt der Besucher nackt aus dem Blockhaus, das hier in völliger Einsamkeit am Ufer eines der tausend finnischen Seen steht. Der Körper dampft. Im klaren Wasser unten am Steg wartet die Abkühlung. "Mökki" nennen die Finnen ihr traditionelles Sommerhaus am See - das Herzstück ihrer Ferienkultur. Es ermöglicht eine Verbindung mit der Natur, die der Alltag für gewöhnlich abgerissen hat.

In jedes "Mökki" gehört eine Sauna

Helsinki - Die Perle an der Ostsee
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Foto: shutterstock/Oleksiy Mark

Die heimischen Rückzugsorte der Deutschen sind der Campingplatz und der Kleingarten. Die Finnen haben ihr "Mökki", ein Refugium zwischen Wald und Wasser, den beiden bestimmenden Elementen der finnischen Seenlandschaft. Sie saunieren und schwimmen, fischen und grillen. Sie fahren mit dem Boot hinaus oder gehen in den Wald und sammeln Pilze und Beeren. In Finnland ist eine Hütte am See kein Prestigeobjekt für die Oberschicht. Viele Blockhäuser sind seit Generationen in Familienbesitz. Komfort muss nicht sein - aber in jedes echte "Mökki" gehört eine Sauna.

Wer typisch finnische Ferien und damit Ruhe und Abgeschiedenheit in der Natur erleben möchte, findet auf der Seenplatte im Osten des Landes beste Bedingungen. Rund 7000 Gewässer und 13 000 Inseln bilden ein grün-blaues Mosaik auf der Landkarte. Etwa 43 000 Ferienhäuser stehen im Saimaa-Seengebiet. Es gibt Hütten ohne Strom, aber auch 5-Sterne-Häuser mit 250 Quadratmetern Wohnfläche, drei Schlafzimmern, Bootsanleger, Grillplatz und eigenem "kalanperkauspaikka"; auf dem Werktisch im Freien wird der gefangene Fisch gereinigt. Für eine einfache Hütte zahlt der Urlauber pro Woche ungefähr 400 Euro.

Barbara Bernhardt ist klar, warum Touristen die einsamen Seen und Inseln schätzen: "Immer mehr haben Burn-out, die wollen alle ihre Ruhe." Die 69-jährige Deutsche wohnt seit mehr als 13 Jahren dauerhaft in ihrem "Mökki" am Linnansaari-Nationalpark. "Ich habe es nie bereut, so intensiv mit der Natur zu leben." Besonders schön seien die Felsen hier - im Gegensatz dazu wirkten die flachen Ufer im Süden Finnlands geradezu langweilig. "Der Nationalpark ist wirklich der beste Ort in dem ganzen Gebiet. Das sage ich nicht nur, weil ich hier wohne."

Wem der Müßiggang im Haus am See zu langweilig wird, der sollte die Bewegung auf dem Wasser mit der an Land verbinden. Im Linnansaari-Nationalpark kann der Urlauber mit dem Kanu von Insel zu Insel paddeln und dort auf Wanderwegen durch die Wälder streifen. Es gibt 20 Campingplätze im Park, ausgestattet mit Feuerstellen und Brennholz. Kleine Hütten lassen sich auch hier mieten. Mit sehr viel Glück beobachtet man eine seltene Saimaa-Ringelrobbe, die vom Aussterben bedroht ist, oder einen Fischadler auf der Jagd.

Auf der Suche nach Elchen

Auf der Hauptinsel des Parks macht sich Jari Kankkunen auf die Suche nach ganz anderen Tieren: Elchen. "Sie sind so groß wie Pferde, aber sie bewegen sich völlig geräuschlos", erzählt der Touristenführer.
Die Elche kämen oft herüber geschwommen und legten sich dann ganz oben auf der Insel ins Gras. Der Wanderweg dorthin ist ziemlich zugewachsen. Zwischen Fichten und Espen liegen bemooste Felsen, es sieht aus wie in einem Fabelwald. An diesem Tag findet Kankkunen nur die Ausscheidungen der stillen Waldbewohner.

Von der Spitze der Insel verliert sich der Blick im Dunst über dem See und den fernen Inseln. Unten paddeln Kanufahrer, man sieht die orangen Boote hinter den Ästen der Bäume. Ein neun Kilometer langer Rundweg führt am Ufer entlang. Beim Steg, an dem die Fähre anlegt, ziehen Familien ihre Boote an Land und schlagen Zelte auf.

Man folgt von hier einem Pfad zu einer restaurierten Bauernkate, die an die Lebensweise der Bewohner bis in die 1920er-Jahre erinnern soll. Damals wurden Teile der Wälder mit Feuer geschwendet, also von Bewuchs befreit. Die Asche nutzten die Menschen als Dünger, auf den Schwendflächen graste das Vieh. Irgendwann wuchsen dort wieder Bäume. Diese Kulturlandschaft wird auf Linnansari in Teilen erhalten.

Nur eine knappe halbe Stunde braucht die Fähre von der Insel zum kleinen Ort Oravi. Menschen in Outdoor-Kleidung sitzen auf der Terrasse am Hafen. Wer Ausrüstung vergessen hat oder nicht alles selbst mitnehmen möchte, findet ein breites Sortiment: Es gibt alles von Angeln und Köchern über Zelte, Isomatten und Schwimmwesten bis zu Brennern und Gas. Auch Fischerboote lassen sich in Oravi mieten.

Der Natur beim Fischen nahe sein

"Es kommen immer mehr Leute, die fischen wollen, vor allem Russen", berichtet der Ladenbesitzer Jukka Laitinen. In seinem Geschäft hängen einige Trophäenfotos, auf denen lächelnde Männer stolz ihre Beute in die Kamera halten. Manche Russen, erzählt eine Frau, machten die Fische am Computer noch ein bisschen größer. Laitinen selbst posiert mit einem prächtigen Zander auf einer Werbebroschüre. Er vermietet natürlich auch mehrere Ferienhäuser - im oberen Preissegment.

Wer an die Finnische Seenplatte reist, möchte keine herausragenden Sehenswürdigkeiten besichtigen. Es geht in erster Linie darum, in der Natur zu sein, und zweitens um den Versuch, die Zerfahrenheit des Alltags zu ordnen. In und um die größte Stadt Savonlinna finden sich aber einige Ausflugsziele, die Abwechslung zu der Entspannung im Ferienhaus bieten. Eines davon ist die Burg Olavinlinna, die als besterhaltene mittelalterliche Festung Nordeuropas gilt.

Die Bauarbeiten begannen 1475, damals gehörte Finnland noch zu Schweden, und die Burg sollte das Reich an seiner östlichen Grenze vor Russland schützen. Die Festung lag ideal: Die Wasserwege waren leicht zu kontrollieren, und sie froren im Winter wegen der starken Strömung fast nie zu. Im Großen Nordischen Krieg fiel Olavinlinna allerdings vorübergehend an die Russen. Heute ist die Burg komplett renoviert. Manche Räume sind im Winter sogar beheizt, oft finden in der Königshalle Hochzeiten statt.

Der Prachtbau ist das Erkennungszeichen Savonlinnas. Die größte Stadt des Saimaa-Seengebiets wirkt wie eine putzige Ansammlung von kleinen Häusern. Der Hafen ist überschaubar, es gibt Fischbuden und einige Restaurants. Überall kann man "kalakukko" essen, Maränen im Brot, oder - deutlich hochpreisiger - frischen Zander. Das Elchfleisch wird mit frischen Preiselbeeren aus der Gegend serviert.

Mit dem Schiffsdampfer auf Entdeckungstour

Auch die Gegend um Savonlinna lässt sich am besten vom Wasser aus erkunden: Am Hafen startet ein 108 Jahre alter Dampfer und pustet Rauch aus dem Schlot. Alle Originalteile sind noch an Bord, aber auch ein Laptop mit GPS. Möwen und Seeschwalben verfolgen das alte Schiff.
An den Ufern der umliegenden Inseln steht oft ein "Mökki": mit Rot gestrichener Fassade oder in Gelb und Rosa. Manche der kleinen Ferienhäuschen sind sogar zweistöckig.

Die Bedeutung des Waldes vermittelt das Finnische Forstmuseum Lusto östlich von Savonlinna. Der Bau ist der Form eines Baumstumpfs nachempfunden, viel Holz, die Fassade aus Fichte, alles sieht extrem modern und natürlich zugleich aus. "Wir wollen hier auch die Bezüge zwischen Wald und Menschen zeigen, nicht nur die industrielle Nutzung ist wichtig", sagt die Museumsführerin Anna-Maria Räisänen. "In vorchristlicher Zeit waren die Wälder unsere Kirche."

Schautafeln erzählen vom "Geist des Waldes", einer unsichtbaren Kraft, die gemäß des alten Volksglaubens in verschiedenen Formen in Erscheinung tritt - meistens als mächtiger Bär. Der Wald, heißt es, hat magische Kräfte, mit denen er Krankheiten heilen, aber den Menschen auch in den Wahnsinn treiben könne. In einer Sonderausstellung gibt es dann die Wunder der modernen Technik zu bestaunen: zum Beispiel die Forstmaschine "Timberjack" von John Deere, die wie ein Insekt auf sechs Beinen über den Waldboden krabbelt.

Beim Bau der größten Holzkirche half die gesamte Gemeinde

Die größte christliche Holzkirche der Welt in Kerimäki findet sich ebenfalls unweit von Savonlinna. Die Höhe bis zum Kreuz am Dachfirst beträgt stolze 37 Meter. Emporen, Rundbögen, Kuppeln und Dachlaternen schmücken das Gotteshaus. Es soll deshalb so groß sein, weil man allen Mitgliedern der Gemeinde gleichzeitig die Teilnahme an der Messe ermöglichen wollte. Dafür musste allerdings jeder bei den Bauarbeiten mithelfen. Pfingsten 1848 wurde die Kirche eingeweiht.

Abends geht es mit dem Boot zurück zum Haus am See. Das Tageslicht schwindet schon. Die Sauna wird angeworfen, ein paar Holzscheite wandern in den Ofen. Weit und breit wohnen keine anderen Menschen, zur Hauptstraße führt eine unbefestigte Straße durch den Wald. Es ist eine warme Sommernacht. Nach dem Bad im See setzt man sich in den Lehnstuhl, schaut über das Wasser und fühlt sich wie ein echter Finne. Doch der gestresste Urlauber merkt schnell: Die Einsamkeit muss man erst einmal aushalten können, um sie zu genießen.

(dpa)
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