Kanaren Zu Besuch im Unterwassermuseum von Lanzarote

Arrecife · Die Kanarischen Inseln sind nicht gerade als Kultur-Reiseziel bekannt. Doch Lanzarote überrascht neben der bekannten César Manrique Route mit richtig originellen Museen - zum Beispiel Europas erstem Unterwassermuseum.

Das Museo Atlantico vor Lanzarote
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Das Museo Atlantico vor Lanzarote

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Foto: dpa, nau

Der Besuch des Museo Atlántico an der Südspitze der spanischen Kanaren-Insel Lanzarote ist schon etwas umständlicher als bei einem normalen Museum. Dafür aber auch viel abenteuerlicher: Zunächst muss man sich bis auf die Badehose ausziehen. Danach schlüpft man in einen Neoprenanzug, legt sich einen Gürtel mit Gewichten um, zieht sich Maske, Flossen und natürlich ein Tauchgerät an.

Carlos Campaña schmeißt den Motor des Schlauchboots an. Die Fahrt vom Jachthafen Marina Rubicón zum Museum in der Bucht vor dem Strand Las Coloradas dauert nur fünf Minuten. Bevor es runtergeht ins Museum, kontrolliert Carlos, ob auch genug Sauerstoff in den Tanks ist und die Geräte alle richtig funktionieren: "Ich möchte da unten keine bösen Überraschungen erleben."

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Foto: holbox / Shutterstock.com

240 Figuren wandern durch das Meer

Wie die meisten anderen Tauchschulen mit einer Lizenz für die wohl ungewöhnlichste Museumsführung der Welt, hat auch Carlos in seinem Tauchzentrum "Lanzarote Non Stop Divers" immer mehr Kunden, die Europas ersten Unterwasser-Skulpturenpark kennenlernen möchten. Dabei wurden die letzten der insgesamt 240 Skulpturen erst Ende Dezember versenkt.

Das Unterwasser-Museum wurde von Jason deCaires Taylor ins Leben gerufen. Schon seit Jahren macht der britische Bildhauer mit seiner einzigartigen Unterwasser-Kunst auf sich aufmerksam. 2015 gingen die Bilder seiner vier apokalyptischen Reiter am Ufer der Londoner Themse um die ganze Welt.

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Foto: HolidayCheck

Langsam gleitet Carlos mit seinen Gästen 15 Meter hinab in die Tiefe. Schon von weitem sieht man im weißen Sand auf dem Meeresgrund mehrere schwarze Punkte. Je näher man kommt, umso klarer werden die Konturen einer Figuren-Gruppe. Die Beton-Skulpturen stellen fünf Kinder dar, die in sogenannten Jolateros sitzen. Jolateros sind aus Ölfässern gebaute Boote, mit denen Kinder auf Lanzarote traditionelle Wettrennen austragen.

Ein paar Flossenschläge weiter steht eine andere Bootsskulptur. Auf dem "Floß von Lampedusa" sitzen dicht gedrängt Menschen. Kinder, Frauen, Männer. Obwohl man ihre Gesichter nicht erkennen kann, sieht man, wie sie leiden. "Mit diesem Werk möchte ich zum Nachdenken über das Flüchtlingsdrama in Europa anregen", stellt Jason deCaires Taylor klar.

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Foto: © PHB.cz - Fotolia.com

Flüchtlinge, Energiewende, Meereswelt

Wie die italienische Insel Lampedusa waren auch die Kanaren vor der Westküste Afrikas jahrelang Ziel Zigtausender afrikanischer Bootsflüchtlinge, erklärt der Künstler in seinem Atelier im Jachthafen Marina Rubicón. Gleich neben dem Atelier befindet sich ein Informationszentrum für die Besucher des Museo Atlántico.

In seinen Werken geht es aber auch um die Energiewende, Umweltschutz, den Klimawandel oder um uns selber. Er will die Menschen für den Schutz der Meere sensibilisieren, aber auch neue Lebensräume schaffen. Die ersten, vor knapp einem Jahr versenkten Beton-Skulpturen sind tatsächlich schon von Fischen, Algen und ersten Korallen bevölkert. "Die Strömungen, die Flora und Fauna verändern dabei stetig meine Kunst, machen sie lebendig", sagt Taylor.

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Carlos Campaña führt seine Gäste vorbei an Taylors Skulptur eines gesichtslosen Pärchens, das ein Selfie von sich macht. Wenige Meter weiter schweben die Taucher begleitetet von Dutzenden Barrakudas durch die Skulpturen-Gruppe "El Rubicón". Die 35 Figuren gehen alle in die selbe Richtung, ohne anscheinend zu wissen, wohin es geht. Die Szene einer immer orientierungsloser werdenden Gesellschaft wirkt gespenstig. Ganz normale Inselbewohner standen für die Figuren Modell. Die Taucher umrunden die Beine eines Mädchens, das auf ihrem Handy gerade Nachrichten checkt.

Die Schwerelosigkeit beim Tauchen erlaubt einem, die Kunstwerke von allen Winkeln zu betrachten. Ein einmaliges Kunsterlebnis. "Ich genieße aber vor allem die Ruhe unter Wasser, die ich in keinem anderen Museum der Welt in dieser Form habe", erklärt Carlos Campaña. Damit nicht nur Taucher Taylors Unterwasserkunst kennenlernen können, sollen demnächst auch Glasboote und sogenannte Tauchhelme zum Einsatz kommen.

Schon seit einigen Jahren setzt Lanzarote immer mehr auf originelle Kulturprojekte dieser Art, um Touristen anzulocken und neue Alternativen zu bieten. Zwar nicht ganz so abenteuerlich wie das Museo Atlántico, aber mindestens genau so originell ist beispielsweise das José Saramago Haus.

Auf den Spuren von Saramango

Der portugiesische Literaturnobelpreisträger verbrachte die letzten 18 Jahre seines Lebens auf Lanzarote. Mit seiner Frau Pilar lebte er in Tías, zentral auf der Insel gelegen. Sein Haus, in dem er 2010 starb, wurde vor fünf Jahren als Museum eröffnet. Doch ist es bei weitem kein normales Museum. Alles wurde genau so belassen wie zu Lebzeiten des Künstlers.

Auf dem Schreibtisch steht der alte Computer, auf dem Saramago Romane wie "Der Doppelgänger", "Die Stadt der Sehenden" oder "Die Reise des Elefanten" schrieb. Im Bücherregal stehen Familien-Fotos, in einer Glasvitrine seine Füllfeder-Sammlung. Seinen alten Kassetten nach zu urteilen, liebte er Bach. Tiefe Einblicke in sein ganz privates Leben.

Unweigerlich kommt das Gefühl auf, Saramago könnte gleich aus dem Nachbarzimmer hereinspazieren und einen persönlich begrüßen. Vor allem in der Küche. Hier saß Saramago früher mit vielen berühmten Freunden wie Susan Sonntag, Pedro Almodovar - aber auch mit Fans. Häufig klingelten sie einfach an der Tür. Doch sie bekamen nicht nur Autogramme. Immer wenn er Zeit hatte, lud Saramago sie auf eine Tasse portugiesischen Kaffee in die Küche ein. Diese Tradition pflegt man beim Museumsrundgang heute noch.

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Foto: web tenerife

Beeindruckende 15000 Bücher zählt seine Privat-Bibliothek im Nachbargebäude. Doch lebte Saramago nahezu bescheiden, vergleicht man sein Heim mit dem Haus-Museum des Schauspielers Omar-Sharif mit seinen Felsgärten, Höhlen und Tunneln oder dem extravaganten Wohnhaus des bekannten Insel-Künstlers César Manrique in Haría im Norden der Insel, das erst seit 2013 als Museum zugänglich ist.

(dpa)
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