Besondere Hotels Wohnen im Gesamtkunstwerk

Ein paar Bilder aufhängen – das kann jeder. Doch wie man in Hotels gerne mit Kunststücken wohnt, das wissen nur wenige. Eine Auswahl besonderer Häuser

Eine Tapete von Thomas Demand ziert eins der Zimmer im Berliner Château Royal.

Eine Tapete von Thomas Demand ziert eins der Zimmer im Berliner Château Royal.

Foto: Château Royal/Felix Brüggemann

Ein Bild überm Bett macht noch lange kein Kunsthotel. Zu viele Häuser rühmen sich damit und werben so um kulturaffine Gäste. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich nicht selten das Ausgestellte in der Wohn-Galerie eher als geschmacklose Raumdekoration und die Bilder als Drucke. Die Künstler? Gänzlich unbekannt. Das muss nicht falsch sein, aber vor allem fehlt oft die Einheit zwischen Kunst und Wohnkomfort. Die wirkliche Gabe ist es nämlich, ein Hotel so zu gestalten, dass der Gast sich willkommen fühlt, ohne dass ihm der Gestaltungswille des Gastgebers, Inneneinrichters oder Kurators übergestülpt wird. Wie so etwas wirklich gelingt, zeigen die folgenden europäischen Häuser:

Otto E. Wiesenthal sammelte schon mit 20 Jahren gerne. Am liebsten österreichische Künstler. Auch seine Töchter wuchsen damit auf. Irgendwann wurde es für die schöne Kunst im heimischen Ambiente zu eng. Wiesenthal erfüllte sich mit 40 einen Traum: In einem Patrizierhaus im Künstlerviertel Spittelberg ließ er nach und nach lauter Wohnungen von Künstlern oder über Künstler gestalten und verwandelte sie in Gästezimmer und Suiten. Ein Langzeitfreund mit der richtigen Erfahrung für das Wohlfühlen im fremden Raum brachte die familieneigene Kunstsammlung und die Möbel perfekt in Stellung. Jetzt ist das Hotel Altstadt Vienna ein ganz einzigartiger Ort: voller Art Pieces, mit Räumen wie lauter Guckkästen. Jeder Besuch führt in eine andere kreative Welt. Man geht durch die Flure und spürt noch das Flair der Jahrhundertwende. Drinnen warten die Wiener Moderne mit floralen Anklängen, afrikanisches Handwerk im modernen Stil, barocke Erotik oder farbenprächtige Streetart wie an der Giebelfront oben auf der Dachterrasse. Das Haus mit seinen 62 Zimmern auf fünf Etagen gleicht einer Galerie. Die Gästezimmer sind künstlerische Visitenkarten. Einen Salon gibt es auch. Am besten, man nimmt sich bei jedem Wien-Besuch ein anderes Zimmer. Das sorgt für Stimmung.

Hotel Altstadt Vienna Wien, Doppelzimmer ab 179 Euro, www.altstadt.at

So möchte man wohnen: Ein wenig verschwiegen gelegen und dennoch im Zentrum. An einem Ort, der so aussieht, als hätte er die gute und feine alte Zeit bewahrt und ist dabei dennoch ganz im Jetzt. Zwei ineinander übergehende Gebäude der Jahrhundertwende wurden von den Architekten Chipperfields sanft verbunden. Alles neue Handwerk knüpft an die Qualität des Vorgefundenen an. Ein Haus ohne Chichi, aber mit jeder Menge Kunst. Mehr als 100 Malereien, Skulpturen oder Installationen von Künstlern wie Rosa Barba, Damien Hirst oder Jonathan Meese sorgen für Spannung in allen Räumen. Nie drängen sie sich auf, auch nicht in den schönen Gästezimmern, über deren Tür mit Kreide geschrieben steht, welcher Künstler dort „wohnt“.

Ist das Kunst oder kann das weg? Fotoshooting mit Servicedamen des Hotels Altstadt Vienna in Schürzen der Modedesignerin und Künstlerin Mari Otberg

Ist das Kunst oder kann das weg? Fotoshooting mit Servicedamen des Hotels Altstadt Vienna in Schürzen der Modedesignerin und Künstlerin Mari Otberg

Foto: Judith Stehlik

Chateau Royal Berlin, Doppelzimmer ab 195 Euro,
www.chateauroyalberlin.com

Dass der Himmel in Italien blau ist, das wollen wir gerne glauben, aber dieses Prachtstück von einem Hotel hoch über dem Golf von Sorrent ist ein Gesamtkunstwerk des legendären Architekten und Designers Gio Ponti. Wer die Tür öffnet, hat das Gefühl, das Meer fließt herein. Die Zimmer werden von Blau geflutet. Blau-weiße Kacheln von 1962, von Ponti in Vietri sul Mare in Auftrag gab. Dazu seine originalen etwas zickigen, blau bezogenen Sitzmöbel. Auch die metallenen Lampen aus seiner Feder sind blaue Originale. Fliesen im ganzen Haus. Die Bar muss man gesehen haben. Man geht am liebsten barfuß auf den kühlen Fliesen, schlüpft in die Schläppchen, nur um durch den Garten zu spazieren und dreht anschließend eine Runde im original Gio-Ponti-Schwimmbad.

Parco die Pricipi. Sorrent/Italien, Doppelzimmer ab 300 Euro, www.royalgroup.it/
parcodeiprincipi

Das historische Haus, in orientalischem Barock gehalten, spiegelt museumsreif die lebenslange Sammellust der Inhaberfamilie Beggiato wider. Es birgt eine unfassbar große Sammlung antiker Fächer und anderer kostbarer Kinkerlitzchen, während vieler Weltreisen auf Flohmärkten ergattert oder in Auktionen ersteigert. Korkenzieher, mit Bären und Pinguinen besetzte Buchstützen, jede Menge Nussknacker, noble Handspiegel und eine verlockende Kollektion kleiner Belle-Époque-Abendtaschen. Das Haus und die Zimmer sind ein Traum, und die Nachbarschaft Wand an Wand ist auch nicht zu verachten. Die Kirche Santa Maria della Pietà birgt ein herrliches Deckengemälde von Giovanni Battista Tiepolo, das spannt sich über den Kirchenraum.

Hotel Metropole Venedig/Italien, Doppelzimmeri ab 320 Euro, www.hotelmetropole.com

Wer einmal am Fuße der Highlands im schottischen Braemar war, der kann erleben, wie Kunst und Wohnen meisterhaft zelebriert werden. Das Haus aus dem 19. Jahrhundert nebst Pub hatten die Schweizer Kunstsammler und Galeristen Manuela und Iwan Wirth gekauft, fein restauriert und mit 16.000 Antiquitäten und jeder Menge museumsreifer Kunstwerke bestückt. Über den Sofas hängt schon mal ein Picasso, und im Restaurant schmückt Pieter Brueghel d. J. die kubistische Wandbemalung eines Argentiniers. Die Kunst der Taxidermie zeigt sich als eigener Tierpark in den Korridoren des Hauses. Sogar die Zimmer selbst sind wie Schmuckkästen: Sie sind verschiedenen Dichtern, Malern, der Vegetation und dem schottischem Hochadel gewidmet. Immerhin ist Schloss Balmoral gleich ums Eck, und da kann man schon mal den Nachfahren begegnen. Wer ins Five Arms fährt, braucht keine Gemäldegalerie und auch keine Führung durch ein stilles Herrenhaus im schottischen Stil.

Hotel Fife Arms Braemar/Schottland, Doppelzimer ab 601 Pfund, www.thefivearms.com

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