Eine königliche Bootstour

Zweimal in der Woche macht sich die luxuriöse Reisbarke Anantara Song auf den Weg von Bangkok nach Ayutthaya und zurück – individuelle Stopps inklusive.

Dolly beugt sich lächelnd über den Tisch auf dem teakhölzernen Bootsdeck der Anantara Song. Sieben kleine Schälchen mit frischen Zwiebelstückchen, getrockneten Shrimps, Erdnüssen, Ingwer, Limone, Kokosnuss und Chili stehen hübsch drapiert darauf und entfalten einen verführerischen Duft. In der Mitte ein Bündel leuchtend grüner Chaplu-Blätter.

Der 25-jährige Butler der traditionellen thailändischen Reisbarke faltet eines der Blätter, füllt es mit den Zutaten und taucht es in die Soße aus Zuckerrohr, Kokosnuss und Shrimps. "Mieng Kham ist eine typisch siamesische Vorspeise, schmeckt köstlich und hilft sogar gegen Zahnschmerzen", schwärmt er.

Für drei Tage sorgen Dolly und sein Kollege, Koch Jumlong, auf dem 20 Meter langen fünf Sterne Luxus-Schiff, einem ehemaligen Reis-Transporter, für das Wohl der maximal acht Gäste. Inmitten von thailändischen Skulpturen, handgefertigten Möbeln und hundert Jahre altem Teakholz wird die Fahrt auf dem Chao Phraya von der Metropole Bangkok zur alten Königsstadt Ayutthaya zu einem einzigen Verwöhnprogramm und kulinarischem Fest – eine noble Art, Thailand zu erkunden. Fast hundert Kilometer gleitet die 50 Jahre alte, zu neuem Glanz restaurierte Barke über das stille Wasser des Chao Phraya. Vorbei an den auf Stelzen gebauten Holzhäusern vor unendlichem Palmenwald. Dazwischen immer wieder eine turmhohe Buddha-Statue oder ein geschwungenes Pagoden-Dach. Eine beruhigende Atmosphäre.

Der Chao Phraya durchfließt Thailand auf 370 Kilometern von Nord nach Süd – ein Viertel davon auf der Strecke zwischen Bangkok und Ayutthaya. Eine der Inseln, die er passiert, ist die vier Quadratkilometer große Koh Kret. Am Morgen sind bereits dutzende Handwerker in ihrem Element. Köche, Bäcker, Tischler und vor allem Töpfer – sie alle bieten ihre Handarbeiten an kleinen, bunt dekorierten Tischen an. Ruhig ist es hier. Autos sind auf der Insel verpönt, Mopeds erst ab fünf Uhr nachmittags erlaubt. Die Töpferkunst ist eines der wenigen Überbleibsel der hier lebenden, knapp 6000 Personen zählenden Mon-Minderheit. Im 18. Jahrhundert durch Kriege aus Birma vertrieben, brachte sie ihre Kunst mit nach Thailand und nach Koh Kret.

Einige Kilometer weiter schmiegt sich eine gotische Kirche an das Ufer, der Wat Niwet Thammaprawat. König Rama V. ließ ihn aus Liebe zu Europa errichten – ein ungewöhnliches Bauwerk für Thailand. Eine kleine, von Mönchen handbetriebene Seilbahn über den Chao Phraya ebnet den Bootsreisenden den Weg zu diesem buddhistischen Tempel. Auch auf der anderen Flussseite war Rama V. tätig. Hier erstreckt sich Bang Pa In, das Versailles von Siam. Viele Jahre diente der Palastkomplex den Königsfamilien als Sommerresidenz, lag er doch nahe der einstigen Hauptstadt. Als Ayutthaya 1767 der Zerstörung durch die Birmanen zum Opfer fiel, wurde Bangkok neue Hauptstadt und Bang Pa In geriet in Vergessenheit – über hundert Jahre lang. Erst König Rama V ließ die Anlage Ende des 19. Jahrhunderts im bunten Stilmix aus europäischen, chinesischen und thailändischen Prachtbauten vollständig restaurieren.

Am Zielpunkt der Bootsreise bietet sich die wohl reizvollste Aussicht an Land. Die zahlreichen Türme des Wat Chai Wattanaram, die sich wie riesige Maulwurfshügel aus dem Boden erheben, gehören zur alten Königsstadt Ayutthaya. 1991 nahm die Unesco die Ruinen der einst 400 Paläste, die vom Zerstörungsfeldzug Birmas übrig blieben, in das Weltkulturerbe auf. 400 Jahre lang war Ayutthaya eine der schillerndsten Handelsstädte in Indochina. Über 30 thailändische Könige regierten von hier aus. Zur Blütezeit lebten mehr als eine Million Einwohner in der Stadt, die strategisch äußerst günstig lag: drei Flüsse, ein Kanal, 20 Meter hohe und fünf Meter dicke Befestigungsmauern. Doch unzufriedene Adlige öffneten den Birmanen die Stadttore und läuteten damit 1767 den Untergang dieser glorreichen Zeit ein. Von dem unendlichen Reichtum der mit echtem Gold überzogenen Pagoden ist zwar wenig übrig geblieben, dafür aber die beeindruckende Weite der Ruinen-anlagen.

Als die Anantara Song am dritten Tag wieder in Bangkok einläuft, sind auf dem teakhölzernen Bootsdeck Tee und eine bunte Vielfalt an Kuchenköstlichkeiten angerichtet. Thailands höchstes religiöses Bauwerk, der Wat Arun, zieht mit seinen glitzernden Chedis an der Reisbarke vorbei. Auf dem Chao Phraya wetteifern dicke Schlepper um den meisten Lärm, am Ufer haben Wolkenkratzer die bunten Holzhäuser verdrängt. Dolly lächelt. Schon übermorgen beginnt für ihn und seine Gäste eine neue königliche Bootstour.

(RP)
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