Die Kühe von Koh Libong

Sein Trecker ist ein Boot und seine Wiesen die Trang Sea im Süden Thailands: Bauer Chay Dan kümmert sich um rund 140 Seekühe. Die seltenen Unterwasser-säuger sind die heimlichen Stars der Insel Koh Libong.

Bauer Chay Dan (rechts) hat ein Auge auf die Dugongs: So heißt die Art der Gabelschwanzseekühe, um die er sich kümmert.

Bauer Chay Dan (rechts) hat ein Auge auf die Dugongs: So heißt die Art der Gabelschwanzseekühe, um die er sich kümmert.

Foto: Andrej Viehoever/scubapics.de

Das Wasser ist ruhig, leichte Wolken ziehen vorüber, immer mal wieder blitzt ein Sonnenstrahl hervor. Chay Dan steht breitbeinig in der Mitte seines Boots, eine Hand über den Augen und blickt konzentriert aufs Wasser. Dabei singt er ein Lied - sein Koh-Libong-Lied. Das handelt von der Schönheit der Insel und von den Dugongs. So heißt diese Art der Gabelschwanzseekühe, wie es sie in der Trang Sea vor Koh Libong gibt.

Plötzlich deutet Chay Dan nach vorne: "Dort ist eine Gruppe." Kurz darauf taucht tatsächlich die dicke graue Nase eines Dugongs auf, begleitet von einem lauten Prusten. Etwa alle drei bis vier Minuten tauchen die Tiere kurz nach oben, um Luft zu holen. Während es langsam wieder abtaucht, wird der ganze große Körper des Tieres sichtbar. Bis zu vier Meter lang werden die Dugongs und bis zu 800 Kilo schwer. "Vor ein paar Jahren gab es hier nur noch 40 bis 50 Tiere, inzwischen ist die Herde wieder auf 140 angewachsen", sagt der 40-Jährige.

Die selten gewordenen Seekühe sind das Markenzeichen von Koh Libong, überall trifft man auf sie: Auf Werbeschildern, auf Wandertouren zum Dugong Viewpoint an der Ostküste und natürlich in den Hotelprospekten. Rund 6000 Menschen leben auf der Insel, die meisten verdienen ihren Lebensunterhalt durch die Kautschuk-Gewinnung. Daneben spielt auch der Fischfang eine große Rolle.

Wer die Dugongs von Koh Libong sehen will, braucht viel Geduld und am besten einen Guide wie Bauer Chay Dan. Er weiß, wo die Tiere am liebsten grasen, denn die "Wiesen" vor Koh Libong sind ein wesentlicher Grund, warum die Tiere sich hier so wohl führen. "Bei uns gibt es allein zwölf verschiede Sorten Gras am Meeresgrund, das ist sehr viel", sagt er. Das Areal, das sie vor Koh Libong bevölkern, misst ungefähr 160 Hektar.

Touristen, vor allem ausländische, verirren sich bislang kaum hierher. Einen Flughafen gibt es auf Koh Libong nicht. Per Flugzeug verläuft die Anreise von Bangkok zur Regionalhauptstadt Trang und von dort in gut einer Stunde mit dem Shuttle-Bus an den Hafenanleger Hat Yao. Hier legt etwa alle 30 Minuten ein Longtail-Boot nach Koh Libong ab, die Überfahrt dauert 20 Minuten. Viele Besucher kommen auch auf einer Insel-Rundtour über Koh Muk oder Koh Kradan vorbei.

Wer Koh Libong kennenlernen will, quartiert sich am besten in einem der vier Strandhotels an der Südwestküste am Haad Lang Kao Beach ein. Die Hotel-Bandbreite reicht von einem bis vier Sterne - ein beeindruckender Sonnenuntergang an dem schönen langen Sandstrand ist immer inklusive. Von hier aus lässt sich die Insel gut erkunden. Koh Libong verfügt seit einiger Zeit über eine gut ausgebaute Inselstraße, die vom Bootsanleger Ban Prao Harbor im Norden bis zum kleinen Dorf Baan Lang Kao im Südwesten reicht. Fortbewegungsmittel Nummer eins ist der Motorroller, der für rund acht Euro pro Tag gemietet werden kann.

"Autos gibt es auf der gesamten Insel vielleicht fünf", sagt Inselarzt Jittapon Tananusorn, der ebenfalls meist mit dem Roller unterwegs ist. "Ein Auto brauchen nur die Leute, die einen größeren Laden haben und natürlich haben wir auch einen Krankenwagen", sagt er stolz. Selbstverständlich ist das nicht, denn bis vor wenigen Jahren war Koh Libong auch in Sachen medizinischer Versorgung vom Festland abhängig. Seit dem Tsunami 2004 jedoch habe sich einiges getan, sagt der Inselarzt.

Mit dem Roller gelangt man auch am besten zu Bauer Chay Dans Farm, die etwas versteckt an dem Fluss Ban Phrao liegt. Ein klassischer Bauer ist Chay Dan nicht, wohl aber ein Insulaner mit Leib und Seele, der Koh Libong und die Dugongs schützen will - auch vor zu viel Tourismus. "Es gibt genügend schlechte Beispiele in Thailand, wir wollen das nicht", sagt er in Anspielung auf laute Urlauberzentren wie Pattaya. Wenn er "wir" sagt, meint er eine Initiative auf der Insel, die auf Nachhaltigkeit und den Schutz der Natur setzt. Auch der Inselarzt gehört dazu. Die Zahl der Plastiktüten einzudämmen etwa, die es für jeden noch so kleinen Einkauf gibt, ist nur eines von vielen Projekten.

So klein Koh Libong sein mag, so fortschrittlich ist die Insel. Ungebremster Tourismus ist hier nicht zu befürchten. Das meiste Leben spielt sich in dem Fischerdorf Batu Bute im Südosten ab. In kleinen Suppenküchen wie "Neeny's" in der Dorfmitte gibt es eine frische Suppe mit Huhn für 30 Baht, umgerechnet etwa 80 Cent. Direkt am langen Steg zu dem über zehn Meter hohen Aussichtsturm entstehen gerade die ersten "Home Restaurants": Gegen Vorbestellung können Gäste hier frischen Fisch mit Beilagen für wenige Euro bekommen. Souvenirläden hingegen hat Koh Libong ebenso wenig zu bieten wie große Supermärkte oder laute Bars. Dinge des täglichen Gebrauchs wie Wasser, Gemüse, Sprit für den Roller oder auch Süßigkeiten dagegen gibt es in vielen kleinen Läden auf der gesamten Insel.

Koh Libong ist eine Oase der Ruhe, eine unaufgeregte Insel, so wie die Dugongs, die in der Trang Sea grasen.

(RP)
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