In dieser nord-irischen Grafschaft tagen die Staatschefs beim G8-Gipfel Die Geheimnisse von Fermanagh

Fermanagh · Die stillen Seen der nordirischen Grafschaft Fermanagh ziehen mit ihrer romantischen Schönheit Besucher in den Bann. Mitte Juni werden sich hier die Mächtigsten der Welt zum G8-Gipfel treffen. So aber lernen sie das schöne Land nicht kennen.

Fermanagh – Grafschaft der Inseln
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Fermanagh – Grafschaft der Inseln

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Wenn die Staatschefs aus der Luft einschwärmen, nähern sie sich diesem Flecken Erde gerade nicht so, wie man es eigentlich hier gerne tut: mit dem Boot. Denn Fermanagh besteht zu einem Drittel aus einer Wasserlandschaft, gebildet durch die beiden Zwillingsseen Upper und Lower Lough Erne. Nichts ist schöner als die satte grüne Landschaft vom Hausboot aus zu erobern, relaxt durch das Gewirr aus Inseln zu schippern und an lauschigen Ufern anzulegen.

So taten es schon in frühchristlicher Zeit die Kelten, als sie an den Ufern rings um die Seen siedelten und dort Klöster gründeten, die Zeit, Wasser und Wind zu weiten Teilen davon getragen haben. Übrig geblieben sind Ruinen, die von der bewegten Geschichte des Landes zeugen — ebenso wie zahlreiche Schlösser.

Gut gehütete Gemeinsamkeit mit dem Buckingham Palace

Eines davon ist Crom Castle im Süden der Grafschaft. Es liegt seit über 350 Jahren in einer hügeligen Parklandschaft inmitten eines Archipels von bewaldeten Inseln an den Ufern des Upper Lough Erne. Auch ohne blaues Blut in den Adern ist man hier willkommen und kann sich im Schloss einmieten und königlich fühlen. Denn erbaut wurde es in den 1830er Jahren von Edward Blore, der nichts Geringeres als Teile des Buckingham Palaces entworfen hat. Weit über die großzügige Parklandschaft hinaus ragen die Ruinen des alten Crom Castle.

Um Park, See und Schlossruinen ranken sich zahlreiche Mythen, die sich Mutige am Abend nach dem Sonnenuntergang erfragen können. Denn wie andernorts ist auch in dieser einen der insgesamt sechs historischen Grafschaften Nordirlands der Glaube an Spuk und mystische Erscheinungen verbreitet. Von der Fantasie beflügelt werden die unheimlichen Geschichten, wenn man selbst die urwüchsigen Wald- und Sumpfflächen vorbei am Ufer erwandert hat.

600 Jahre Geschichte erzählt auch die Stadt Enniskillen, die genau zwischen dem Upper und Lower Lough Erne liegt. Früher war sie ein strategisch bedeutsamer Wach- und Militärposten, heute ist sie Verwaltungssitz des County Fermanagh. Über 16 Schleusen stellt Enniskillen die Verbindung zum wasserreichsten Fluss Irlands, dem Shannon her, der 1993 wieder eröffnet wurde.

Die unbekannte Verbindung in die USA

Eine besondere Verbindung nach Deutschland besteht durch eine langjährige Städtepartnerschaft zu Bielefeld. Und auch in die USA hat man einen speziellen Draht. Bevor sich nämlich in diesen Tagen der amtierende US-Präsident Obama auf den Weg dorthin begibt, war auch Bill Clinton schon einige Male zu Besuch in der Grafschaft. Ein Gemeindezentrum in Enniskillen ist sogar nach ihm benannt. Was aber wäre eine lange Geschichte ohne Schloss? Das hat auch die 13.000-Einwohner-Stadt zu bieten. Es beherbergt zwei Museen, eines zur Heimatgeschichte der Stadt und eines zur Geschichte der Grafschaft. Zur Vergangenheit der Stadt zählt auch, dass der Schriftsteller Oskar Wilde hier seine Jugend verbrachte. In Enniskillen leiht er heute vielen Bars- und Restaurants seinen Namen.

Einmal zu Besuch in der Hauptstadt der Grafschaft, sollte man seinen Weg in nördliche Richtung fortsetzen. Dort liegt Devenish Island, einem der schönsten klösterlichen Standorte in Nordirland. Viele historische Überreste keltischer Zeit ermöglichen eine Reise durch Jahrtausende irischer Kulturgeschichte, die zum Teil überlagert wird von christlichen Monumenten. Keltische Hochkreuze stehen einträchtig in direkter Nachbarschaft zu drei Kirchen — von denen die Klosterruine St. Molaise die größte ist. Friedlich liegen diese Zeitzeugnisse beisammen und wer sie in Ruhe für sich erobern möchte, der sollte bei gutem Wetter den Picknickkorb nicht vergessen.

Mystische Unterwasserwelten

Von dieser Oberwelt aus, ist es nicht weit zur Unterwelt, die die Grafschaft zu bieten hat. Im UNESCO Global Geopark wartet ein Wasserspektakel in den Tropfsteinhöhlen der Marble Arch Caves. Diese unterirdische Inselwelt aus Kavernen, Kammern, Säulen und Teichen zählt zu den schönsten Schauhöhlen Europas und lässt sich im Overall gewandet vom leise surrenden Elektroboot aus erkunden. Das letzte Geheimnis ist auch dieser Unterwelt noch nicht entlockt. Selbst bleiben einem 75 Minuten, um das geheimnisvolle Labyrinth zu entschlüsseln.

Diese Zeit mag den Staatsobersten beim G8-Gipfel nicht vergönnt sein. Vielleicht aber findet Barack Obama vom Lough Erne Golf Resort, dem Luxusflaggschiff der Golfhotels aus, ein Viertelstündchen für einen gekonnten Abschlag auf dem Golfplatz.

(wat)
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