200-Jahr-Jubiläum Seebad Wyk auf Föhr „Das unvergesslichste Wasser, in dem ich je gewesen bin“

Wyk · Wyk auf Föhr feiert ein Jubiläum: Seit 200 Jahren ist der Ort nun Seebad. Und mit Beginn der Saison startet auch das Jubiläumsprogramm auf Deutschlands größter und bevölkerungsreichster Insel ohne Landverbindung.

 Menschen stehen am Hafen von Wyk auf Föhr und blicken auf die Halligen in der Nordsee.

Menschen stehen am Hafen von Wyk auf Föhr und blicken auf die Halligen in der Nordsee.

Foto: dpa/Carsten Rehder

Ein Bad vor der Insel Föhr muss damals etwas ganz Besonderes gewesen sein: Der Märchendichter Hans-Christian Andersen sprach bei einem Besuch 1844 von dem „unvergesslichsten Wasser, in dem ich je gewesen bin“. Auch der dänische König Christian VIII. liebte Föhr. Vor 200 Jahren wurde die Inselhauptstadt „Wieck“, wie sie damals geschrieben wurde, anerkanntes Seebad. Damit hatte Föhr das erste Seebad an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste.

Das Museum „Kunst der Westküste“ eröffnet am 2. März die Ausstellung „200 x Badesaison. Seebad Wyk auf Föhr 1819-2019“. Mitte Juli wird eine ganze Woche lang gefeiert: Geplant sind ein Festumzug der Vereine, Trachtentanz und Schiffsfahrten mit Polonaise auf der Sandbank. Am 18. Juli wird die Oper „Die Fledermaus“ von Johann Strauß aufgeführt. Strauß hatte 1879 in Wyk seinen Walzer „Nordseebilder“ komponiert.

Die goldenen Jahre des Walfangs waren für die Föhrer längst vorüber und der Seehandel durch Napoleons Seeblockade geschwächt, als der Husumer Landvogt von Colditz Anfang des 19. Jahrhunderts die Gründung des Seebades vorantrieb. Ein Haus am Oststrand von „Wieck“ sorgte für warme Bäder, übernachtet wurde in Privathäusern. 61 Gäste wurden im ersten Jahr gezählt, vier Jahre später waren es schon 170.

Deutschlands erstes Seebad war bereits 1793 in Heiligendamm an der mecklenburgischen Ostseeküste gegründet worden. An der Nordsee waren die ostfriesischen Inseln mit Norderney (1797) und Wangerooge (1804) bereits als Seebäder anerkannt.

Die Anfahrt nach Föhr war allerdings recht mühsam. Wer das Schiff wählte, schipperte von Hamburg über Cuxhaven nach Helgoland. Von dort ging es über Sylt weiter nach Föhr. Um 1850 konnte auch die Zugfahrt nach Rendsburg gewählt werden. Von dort ging es auf der Eider per Schiff bis Husum und dann nach Föhr. Dafür waren die nordfriesischen Inseln zunächst autofrei: Erst in den 1930er Jahren fuhren hier die ersten Pkw.

Gebadet wurde damals nach Geschlechtern getrennt - allerdings nackt. „Mit einem Badehemde, mit Beinkleidern oder sonst einer Bedeckung ins Bad zu gehen, ist in der Regel zu widerrathen“, schrieb der Schriftsteller und spätere Kammerherr Friedrich von Warnstedt 1824. An FKK war dennoch nicht zu denken. Mit Hilfe von Pferden wurden Badekarren ins Meer gezogen. Dort konnte man dann unter einem aufgeklappten Badeschirm ins Meer tauchen.

Voraussetzung für ein gelungenes Bad sei leichte Nahrung am Vortag und ausreichend Schlaf, so Warnstedt. Er warnte auch vor Ausgelassenheit. Das Spiel stehe „mit dem Baden in widrigstem Verhältnisse“. Sogar das Lesen von Büchern und Zeitungen galt seinerzeit als wenig schicklich: „Das Lesen behindert die Atmung und hält das Auge von der Schönheit der Umgebung zurück“, heißt es an anderer Stelle.

Föhr war damals noch dänisch. König Christian VIII. bescherte der Nordseeinsel denn auch den ersten Touristenboom. 1842 machte er erstmals mit seiner Familie und seinem 80-köpfigen Hofstaat Urlaub auf Föhr. In Wyk entstanden ein Königshaus mit Garten, und an der Promenade wurden 1.000 Ulmen gepflanzt. Auf seine Einladung hin kam auch Märchendichter Hans Christian Andersen 1844 nach Föhr.

Der Gästestrom versiegte allerdings, als Christian VIII. 1848 starb. Der preußisch-dänische Krieg beendete die Dänenzeit, und am 12. Januar 1867 wurde Föhr preußisch. Die Besuche des damaligen Kronprinzen Friedrich konnten den herrschaftlichen Glanz nicht wiederbeleben. 1857 zerstörte zudem ein Großfeuer die Hälfte von Wyk.

Die Nordseeinsel besann sich in der Folge auf ihre Stärken und setzte auf das Heilklima. Um die Jahrhundertwende wurden zahlreiche Kinderheime und Sanatorien gebaut. Neue Bahnlinien und Straßen auf dem Festland sorgten dafür, dass die Insel besser erreichbar war und mehr Sommertouristen kamen. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg wurden auf Föhr in einem Jahr immerhin 10.000 Badegäste gezählt.

Für die Sommerfrischler begann der Ferientag meist um 9 Uhr mit dem Kurkonzert, und gegen 10 Uhr strömten die Badefreunde zum Strand, heißt es in einem Bericht um die Jahrhundertwende. Die Kinder suchten Muscheln und Seesterne, die Väter bauten Sandburgen. Nach 22 Uhr waren Kneipen und Cafés weitgehend leer. Angeboten wurden Wattwanderungen und Rundfahrten um die Insel - viel hat sich auf Föhr in den vergangenen 100 Jahren offenbar nicht geändert. Nur die gemeinsame Jagd auf Robben, Wildenten und Tümmler wird heute nicht mehr angeboten.

(felt/epd)
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