Frankens Silvaner Weinreise entlang der Mainschleife

Frickenhausen · Entlang der Mainschleife profitieren alle Orte vom Weinbau. Zu bieder und zu sauer seien die meisten Frankenweine, hieß es früher. Doch das ist längst vorbei. Bei einem Besuch der jahrhundertealten Orte ist nicht nur der Silvaner neu zu entdecken.

Franken - Die Region des Silvaners
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"Mein Silvaner rockt" hat sich Christian Müller unübersehbar auf seinen Unterarm tätowieren lassen. Der junge Mann aus Volkach verkörpert eine selbstbewusste Winzergeneration in Franken. In rund 15 Jahren mutierte das früher als bieder kritisierte Anbaugebiet entlang der Mainschleife zwischen Würzburg und Volkach zum Vorzeigeobjekt deutscher Weinkultur.

"Franken ist ein gesegnetes Land", lässt Johann Wolfgang von Goethe die Marie in seinem "Götz von Berlichingen" sagen. Der Dichterfürst liebte die Region und ihren Rebensaft. Das war vor rund 200 Jahren.
Doch Goethe hat auf seinen Reisen nicht viel von Unterfranken gesehen und wäre wohl erstaunt über die schwindelerregend steilen Hänge gewesen, auf denen die Trauben seiner Lieblingsweine gedeihen.

Die Reise beginnt nahe Ochsenfurt in Frickenhausen, einem der ältesten Weinorte der Region. Es liegt eingebettet in das enge Maintal. Bereits im Jahre 903 kam die Siedlung in den Besitz des Hochstiftes Würzburg. Die Bischöfe förderten den Weinbau und erhoben Frickenhausen zum bischöflichen Tafelgut. Später erwarben adlige und geistliche Grundherren die Weinberge und errichteten Wohnhäuser mit großen Weinkellern, wie die Wappen in der Diele des Rathauses bezeugen.

"Der Ort war einst Villenvorort des Würzburger Adels", erzählt Jochen Meintzinger. Der Winzer muss es wissen, residiert doch sein Weingut im ehemaligen Sommersitz der Würzbürger Fürstbischöfe. Seine Weine lagern in einem Kellergewölbe aus dem 15. Jahrhundert.

Nur wenige Kilometer entfernt, macht Sulzfeld am Main seinem Ruf alle Ehre, schönster Ort Frankens zu sein. Wer mit Gästeführerin Claudia Borchard-Wagner entlang der alten Wehrmauer schlendert, windschiefe Fachwerkhäuser in verwinkelten Gassen und das Renaissance-Rathaus bestaunt, dabei allerorten Rosenduft schnuppert, möchte am liebsten gleich bleiben.

Auch das in der Papiusgasse ansässige Weingut Brennfleck blickt auf eine lange Historie zurück. Hugo und Susanne Brennfleck sind die 13. Generation in dem 1479 errichten Gutshof. Bei einer Weinprobe erfährt man, dass sie vor allem auf die seit rund 350 Jahren in Franken heimische Rebsorte Silvaner setzen und Tradition mit Moderne verbinden wollen. Sichtbarer Beweis ist das moderne Kelterhaus aus Muschelkalk, Glas und Beton, das bereits mehrere Architekturpreise gewonnen hat.

Schon aus dem Jahr 1561 ist überliefert, dass Fuhren mit 6000 Liter Wein aus Iphofen nach Salzburg gingen. Dieser Weintourismus hat die Stadt am Fuß des Schwanbergs reich gemacht. Weit über Franken hinaus berühmt ist die Steillage "Iphöfer Julius-Echter-Berg".

Wie ein Symbol des erstarkten Selbstbewusstseins der fränkischen Winzer wirkt die Vinothek inmitten der Altstadt zwischen dem barocken Rathaus und der spätgotischen Pfarrkirche St. Veit. Das Bau-Ensemble besteht aus einem denkmalgeschützten Anwesen aus dem 17. Jahrhundert, das mit einem transparenten Stahl-Glas-Anbau bestens harmoniert. Wer will, kann hier alle Weine der Umgebung probieren.

Wie Iphofen hat Goethe auch den romantisch in der Volkacher Mainschleife gelegenen Winzerort Escherndorf nie gesehen. Goethe ließ sich regelmäßig größere Mengen "Escherndorfer Bergwein" nach Weimar kommen. Bekannt war damals auch der Steilhang "Escherndorfer Lump". Aus vor über 200 Millionen Jahren entstandenem Muschelkalk hat der Main eine der besten Weinlagen Deutschlands modelliert. Wer hier arbeitet, muss bis zu 70 Prozent Hangneigung überwinden. Alpine Erfahrung ist von Vorteil.

Direkt hinter dem Weingut von Horst Sauer an der Bocksbeutelstraße geht es steil in den Berg hinauf. Mit Schlawinern hat der "Lump" nichts zu tun. Die Bezeichnung ist den ehemals winzigen Parzellen zu verdanken - die aussahen wie Lumpenfetzen. Mit seiner Tiefgründigkeit und seiner enormen Hitze ist der wie ein Hohlspiegel geformte Weinberg auch nach Jahren noch eine Herausforderung für den Winzer: "Ich dachte mal, ich würde ihn verstehen, aber er hat jedes Jahr eine neue Überraschung für mich."

Von der nahe gelegenen Vogelsburg - ehemals karolingisches Königsgut, dann Kloster und heute beliebtes Ausflugsziel - ist der Ausblick auf den sich windenden Altmain mit den im Tal liegenden Ortschaften bis hin zum Steigerwald grandios. Nach einem kurzen Fußweg erfahren Weininteressierte an einem speziellen Aussichtspunkt, warum der "Lump" die heißeste Lage Frankens ist. Wie stark hier die Sonne brennt, zeigt ein bewegliches Solarpanel. Auf den Stufen, die von den Reben hinauf führen, prangen Zitate zu besonderen Weinjahrgängen bis zurück ins Mittelalter. So ist zu lesen, dass das Jahr 1917 einen Jahrhundertwein brachte und 1296 ein Jahr mit viel zu viel Wein war.

Von Escherndorf bringt eine Fähre Wanderer, Radler und Autofahrer über den naturbelassenen Altmain nach Nordheim, wo es weiter nach Sommerach geht. Durch den Bau des Mainkanals liegen die beiden Weinorte wie auf einer Insel. Rund 900 Hektar Reben sind vom Fluss umgeben.

Bei Volkach, einem beschaulichen Städtchen mit mittelalterlichem Ambiente, vereint sich der Kanal wieder mit dem Fluss. In der Altstadt beim Weingut Max Müller I. verhilft nicht allein das Tattoo von Junior Christian dem Silvaner zu zeitgemäßem Charme. In der Vinothek des stattlichen Barockanwesens "rocken" auch etliche Tropfen. Nach einem Stadtrundgang endet die Reise im traditionsreichen Gasthof "Zur Schwane". Als 1413 der Bau der gegenüberliegenden Kirche St. Bartholomäus begann, konnten die Arbeiter bereits hier einkehren. Wie viel Wein sie dabei tranken, ist nicht überliefert.

(dpa)
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