Franken Wandern durchs Bocksbeutelland

Mildes Klima, steile Weinhänge und sympathische Winzer – seit über 1200 Jahren prägt der Wein die Lebensart in Franken.

 Entlang der Mainschleife gelangen Wanderer zur Hallburg.

Entlang der Mainschleife gelangen Wanderer zur Hallburg.

Foto: Thomas Sbikowski

An diesem sonnigen Vormittag sitzen schon die ersten Ausflügler mit einem Brunnenschoppen in der Hand auf dem Marktplatz in Volkach. Schon vor Jahrhunderten war die Figur „Maria Immaculata“ ein beliebter Treffpunkt, heute genießen hier Einheimische und Urlauber im Sommer fränkische Weine zu fast jeder Tageszeit. Sie holen sich gut eingeschenkte Schoppen von Scheurebe oder Silvaner im benachbarten Weinbistro und lassen den Blick über das historische Rathaus und die große St.-Bartholomäus-Kirche schweifen. Wer jedoch eine Wanderung in Volkach beginnt, tut gut daran, mit dem ersten Gläschen noch ein wenig zu warten. Und so nimmt Bernhild Krause ihre Wanderstöcke fest in die Hand und begibt sich mit ihrer Tochter Lena auf den Mainwanderweg in Richtung Escherndorf.

Das Fränkische Weinland umfasst über 6000 Hektar Rebfläche zwischen Bamberg und Aschaffenburg, rund ein Drittel befindet sich an der Volkacher Mainschleife. Hier umschlingen der stark mäandernde Main und der Mainkanal die sogenannte Weininsel mit den Winzerdörfchen Nordheim und Sommerach. Die Weinberge sind größtenteils mit weißen Sorten bestockt. Die am häufigsten angebaute Rebe ist der Müller-Thurgau, als klassische „Franken-Traube“ gilt jedoch der Silvaner. Neben Riesling, Bacchus und Weißem Burgunder werden auch rote Trauben wie der Blaue Spätburgunder oder die Domina kultiviert. Als Erkennungszeichen des klassischen Frankenweins gilt die bauchige Flasche. „In den Bocksbeutel dürfen alle Frankenweine abgefüllt werden, die ein Mindestmostgewicht von 72° Oechsle und mindestens zwei von fünf Punkten bei der amtlichen Qualitätsweinprüfung haben“, erklärt Susanne Müller vom Fränkischen Weinland. Bezüglich der Flaschenfarbe gibt es keine Vorgaben. „Wünschenswert wäre eine Abfüllung der leichten, frischen Weine in den hellen Bocksbeutel. Je hochwertiger der Wein, desto dunkler sollte die Flasche sein.“

Mutter und Tochter Krause überqueren den Main und biegen in die Weinberge ab. Sie folgen einem Teilstück des insgesamt 490 Kilometer langen Mainwanderwegs, der mit einem blauen „M“ gekennzeichnet ist. Links und rechts des Weges wird fleißig gearbeitet, die Winzer haben bereits mit der Lese begonnen. Schon bald ist auch das erste Etappenziel zu sehen. Die Vogelsburg thront hoch über der Weinlage „Escherndorfer Lump“, sie gehört zum Würzburger Weingut Juliusspital. Nach einem Glas Silvaner auf der Sonnenterrasse machen die Krauses noch ein Selfie auf dem Skywalk an der Burgmauer mit Mainschleife im Hintergrund und spazieren zum nahe gelegenen „terroir f“. Überall in Franken bieten diese Aussichtspunkte weite Fernblicke und widmen sich jeweils einem Thema. Hier an den heißen Steilhängen dreht sich alles um den Klimawandel. Über die Treppen eines Rebsortenpfades mit heiteren Trinksprüchen geht es hinab nach Escherndorf und mit der Fähre auf die Weininsel nach Nordheim.

 Der Gewölbekeller von Waldemar Braun kann bei einer Weinverkostung besichtigt werden.

Der Gewölbekeller von Waldemar Braun kann bei einer Weinverkostung besichtigt werden.

Foto: Thomas Sbikowski

Jetzt ist es Zeit für die erste Verkostung, doch bei der großen Anzahl der Winzer an der Mainschleife fällt die Wahl schwer. Einen Abstecher lohnt die moderne Vinothek der
DIVINO Winzergenossenschaft in Nordheim, besonders familiär geht es bei Waldemar Braun in der Langgasse zu. „Nehmt Platz, ich bringe Euch erst mal frisches Brot und einen Secco“, begrüßt Heidi Braun die Familie im angenehm kühlen Gewölbekeller. Dann erklärt sie die verschiedenen Rebsorten und Qualitätsstufen, holt mehrere Bocksbeutel und lässt Mutter und Tochter auch große Weine wie die Quintessenzen von Silvaner und Riesling verkosten. „Zum Abschluss müsst ihr den edelsüßen Vagabund probieren“, rät die sympathische Weinexpertin. „Das ist unsere fränkische Antwort auf den Portwein.“ Nach dem letzten Probierschluck machen sich die Wanderinnen auf den Heimweg. Die Strecke führt über die Höhen der Weininsel zur Hallburg und von dort hinab zur Altstadt nach Volkach. Mittlerweile ist es früher Abend und bei sommerlichen Temperaturen ist der Marktplatz voller Menschen. Auch die Krauses gönnen sich noch einen Brunnenschoppen und lassen den Wandertag bei einem typisch fränkischen Silvaner ausklingen.

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